Starkes Signal

Papst Franziskus demonstriert Härte – doch er muss mehr tun

Von Michael Trauthig

Es ist kein Zufall, dass der Vatikan die Entlassung des früheren Kardinals und Erzbischofs von Washington Theodore McCarrick aus dem Klerikerstand gerade jetzt bekannt gibt. Offenbar will Rom kurz vor dem Treffen der Bischöfe zum Missbrauch Entschlossenheit demonstrieren, den Problemfall McCarrick loswerden und so in der Öffentlichkeit punkten.

Die Entscheidung ist aber mehr als ein PR-Coup. Sicher, die praktischen Folgen sind gering, weil McCarrick ohnehin zurückgezogen im Kloster lebt und keine Gottesdienste mehr feiern darf. Doch die harte Strafe gegen den einstigen Star-Theologen sendet ein starkes Signal: Kein Täter soll geschont werden – ganz gleich, welchen Rang er hat oder wie lange seine Tat zurückliegt. Die Bestrafung zeigt auch, dass die römisch-katholische Kirche die Perspektive der Opfer stärker berücksichtigen will als bisher.

Gleichwohl ist damit nur ein weiterer Schritt in die richtige Richtung getan. Der Prüfstein auf den Erneuerungswillen von Franziskus steht noch bevor. Nun muss es darum gehen, die Strukturen aufzubrechen, die Missbrauch oder dessen Vertuschung erleichtern. Dabei geht es um die Macht der Kleriker, die Exklusivität des Weiheamtes für Männer oder um mehr Demokratie und Kontrolle in der Kirche. Und es geht um den Aufklärungswillen. Längst sind nicht alle Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen, die in der Vergangenheit es an der nötigen Konsequenz im Umgang mit Tätern fehlen ließen.

michael.trauthig@stzn.de