Fahrzeuge von Togg

Starthilfe von Bosch: Erste türkische E-Autos kommen nach Deutschland

Die Marke Togg wird vom ehemalige Bosch-Manager Gürcan Karakas gelenkt. Als Europa-Zentrale hat er sich Stuttgart ausgesucht. Aus gutem Grund

Starthilfe von Bosch: Erste türkische  E-Autos kommen nach Deutschland

Zwei Togg-SUV T10X vor dem türkischen Präsidentenkomplex: Prestigeobjekte für Recep Tayyip Erdogan und seine Frau Emine Erdogan.

Von Peter Stolterfoht

Die zwei Autos fallen auf. Was auch damit zu tun hat, dass sie in der Nürtinger Fußgängerzone geparkt sind, direkt vor dem Eingang der Stadthalle. Es sind die ersten Elektro-Fahrzeuge der Marke Togg, die in Deutschland angekommen sind: eine Limousine mit der Typenbezeichnung T10F und das SUV T10X.

In der Stadthalle stellt gerade Gürcan Karakas als CEO des Unternehmens beim Automobil-Kongress des Instituts für Automobilwirtschaft dem Fachpublikum die Marke Togg vor – in perfektem Deutsch. Ein Umstand, der einen zur Entstehungsgeschichte des Unternehmens führt. Deutschland ist das erste Land außerhalb der Türkei, in dem Togg (Türkiye’nin Otomobili Girsim Grubu) auf den Markt kommt. Die Zentrale ist ein Büro in Stuttgart-Fasanenhof. Diese Wahl hat Gürcan Karakas getroffen, der lange Zeit als Ingenieur und später als Manager bei Bosch tätig war, zeitweise auch in der Gerlinger Konzernzentrale auf der Schillerhöhe.

Heute ist Bosch in Deutschland der wichtigste Partner von Togg. Weil die Autos bisher einzig und allein über die Firmen-App namens Truemore konfiguriert und bestellt werden können, braucht es vor Ort eine Service-Alternative. Diese wird der Togg-Kundschaft in Deutschland durch den Bosch-Konzern in Form von dessen etwa 1000 Car-Service-Werkstätten und den 40 mobilen Notfalldiensten angeboten. Dabei hat Togg als Käufer und Käuferinnen besonders jene rund drei Millionen in Deutschland lebende Menschen auf dem Schirm, die ihre Wurzeln in der Türkei haben.

„Wir bauen einen mobilen Lebensraum für die Zukunft“, sagt Gürcan Karakas. Begonnen wurde damit 2018 mit der Gründung von Togg als Joint Venture. Mit dabei sind seitdem einige türkische Großkonzerne wie etwas der Telekommunikationsriese Turkcell. Außerdem gibt es auch eine direkte Verbindung zum Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, für den die türkische Produktion von vollelektrischen Autos eine Prestigeangelegenheit ist und die deshalb auch über staatliche Beteiligung unterstützt wird.

Bisher wurden 75 000 Fahrzeuge in der Türkei verkauft

2019 wurde die ersten Prototypen von Togg vorgestellt, unter Mitwirkung des legendären italienischen Designstudios Pininfarina. Die Serienherstellung findet im westtürkischen Gemlik statt, in der Region Bursa, rund 100 Kilometer südlich von Istanbul. Auch die Batterien werden in der Türkei gefertigt. Bisher wurden seit Ende 2022 in der Türkei 75 000 Fahrzeuge verkauft. Nach dem SUV kam 2024 die Fließhecklimousine auf den Markt.

Die Entwicklung in der Autoindustrie, ihre Transformation, lässt sich sehr gut an der Karriere von Togg-Chef Gürcan Karakas aufzeigen. Der wird 1965 in Antalya geboren, zieht mit seinen Eltern nach Deutschland, wo er sein Abitur macht. Es folgt ein Maschinenbaustudium an der Middle East Technical University in Ankara. Danach fängt Gürcan Karakas 1988 als Konstrukteur beim türkischen Rüstungskonzern Aselsan an.

Erst Dieseleinspitzsysteme jetzt Batteriebetrieb

1991 kehrt Karakas zurück nach Deutschland, um bei Bosch zu arbeiten. Der heute große Elektro-Auto-Verfechter fängt im Werk Feuerbach zunächst als Produktentwicklungsingenieur für Dieseleinspritzsysteme an. Für Bosch geht es dann zurück in die Türkei, wo er 1995 Projektleiter für technische Anwendungen in Bursa wird. Seine nächste Station in Bühlertal und der dortige Kundenbereich Energiesysteme. 2007 dann der Wechsel in die Bosch-Zentrale. Und jetzt ist Karakas Chef des E-Auto-Herstellers Togg, der seinen Sitz vor den Toren Istanbuls in Gebze hat.

Steuererklärung lässt sich im Auto abgeben

„Wir fangen klein an und hören groß auf“, sagt Gürcan Karakas anlässlich der Markteinführung seiner beiden Modelle in Deutschland. Wobei sich der Preis seines Erstlingswerks sehen lässt. Der beginnt beim T10X bei rund 42 000 Euro. Zu haben ist das SUV mit zwei verschiedenen Batteriegrößen, die es auf Reichweiten von 320 beziehungsweise 520 Kilometer bringen. Eine Besonderheit stellt in Togg-Fahrzeugen ein integriertes Bezahlsystem dar – bei dem sogar eine eigene Währung zur Verfügung steht. Nebenbei lässt sich sogar die Steuererklärung vom Auto aus abgeben.