Streitfall Flüchtlingskosten

Noch keine Einigung mit dem Land – Für geduldete Flüchtlinge muss immer noch der Landkreis in Vorleistung gehen

Die Flüchtlingszahlen sind stark zurückgegangen. Zu den Spitzenzeiten sind bis zu 200 Personen pro Woche im Rems-Murr-Kreis angekommen, jetzt sind es noch 30 bis 40 pro Monat. Doch wer für die Unterbringung von geduldeten Flüchtlingen aufkommen muss, ist zwischen Land und Kreisen umstritten.

Streitfall Flüchtlingskosten

Während der Flüchtlingskrise ließ der Landkreis mehrere provisorische Unterkünfte errichten, unter anderem in Kirchberg. Archivfoto: A. Becher

Von Armin Fechter

WAIBLINGEN. Frank Schneider, der Leiter des Ausländeramts im Landratsamt, erwartet, dass die Flüchtlingszahlen vorerst wohl auf dem stark gesunkenen Niveau bleiben werden. Im Sozialausschuss des Kreistags sagte er jüngst: „Die Kurve flacht sich immer mehr ab.“

Dementsprechend wurden auch die Kapazitäten in den Unterkünften des Landkreises abgebaut. Derzeit werden noch 14 Standorte betrieben – es waren einmal 62. Und von den 814 Plätzen in der Gemeinschaftsunterbringung sind derzeit 667 belegt. Der Höchststand im Jahr 2016 betrug demgegenüber 5301 Personen. Parallel ist auch ein Personalabbau in der Betreuung vonstattengegangen – von rund 90 auf inzwischen 40. Vor diesem Hintergrund gibt der Landkreis jetzt auch die Sozialbetreuung an die freien Träger ab. Caritas und Kreisdiakonieverband könnten rasch auf schwankende Belegungszahlen reagieren, verfügten über ein gewachsenes Netzwerk an ehrenamtlichen Helfern und Unterstützungssystemen und seien überdies vielerorts fürs Integrationsmanagement zuständig, erläuterte Schneider.

Nach 24 Monaten sind viele Verfahren noch nicht abgeschlossen

Aber was die Kostenübernahme durch das Land betrifft, sind noch nicht alle offenen Fragen geklärt. Zwar hatte sich Stuttgart in den Verhandlungen bereitgefunden, statt einer pauschalen Abrechnung die tatsächlich entstandenen Aufwendungen im Rahmen einer sogenannten Spitzabrechnung zu erstatten. Doch diese Finanzierung endet im jeweiligen Einzelfall mit dem rechtlichen Ende der vorläufigen Unterbringung: nach 24 Monaten. Viele Verfahren sind dann aber noch nicht abgeschlossen oder enden mit einer Ablehnung, der jedoch keine Abschiebung folgt – dementsprechend wird der betreffende Personenkreis mit der Zeit immer größer. Für sie muss bislang der Landkreis aufkommen. Dieser fordert deshalb schon seit Jahren gemeinsam mit den anderen Landkreisen, dass das Land auch diese Kosten übernehmen soll. Zur Begründung heißt es, dass die Landkreise keinen Einfluss auf die Dauer der Verfahren und damit auf die Kosten haben. Verantwortlich seien dafür ausschließlich Landes- und Bundesbehörden.

2018 gab es einen ersten Durchbruch: Da erklärte sich das Land nach zähen Verhandlungen bereit, einen Teil der 2017 und 2018 entstandenen Kosten zu zahlen. Der Landkreis erhielt in der Folge jeweils rund sechs Millionen Euro. Doch für 2019 gibt es noch keine Klarheit. Die Landkreise fordern daher in den Gesprächen zweierlei: Erstens soll das Land die Finanzierung grundsätzlich weiter fortführen und zweitens 85 Prozent der Kosten übernehmen. Landrat Richard Sigel gab zu bedenken, dass der Landkreis mit hohen zweistelligen Beträgen in Vorleistung gegangen sei.

Für Ärger bei den Kreisen sorgt zudem, dass das Land offenbar die Spitzabrechnung für die Gemeinschaftsunterbringung nur noch für das nächste Jahr beibehalten und 2021 zur Pauschalabrechnung zurückkehren will.

Im Fall der Kirchberger Unterkunft, auf die im Oktober ein Brandanschlag verübt wurde, geht Ausländeramtsleiter Schneider davon aus, dass die betroffenen Räume im Januar oder Februar bezogen werden können. Derzeit sei es sehr schwierig, Handwerker zu bekommen, sagte er zur Begründung, warum die Arbeiten nicht zügiger vonstattengehen. Einige Bewohner konnten aber bereits in Bereichen, die vom Feuer und vom Rauch nicht betroffen waren, einziehen.