Strobl: Streit um kommunale Amtsblätter beilegen

dpa/lsw Bad Mergentheim. Amtsblätter dürfen Zeitungen keine Konkurrenz machen. Der Bundesgerichtshof hat den kostenlos verteilten Publikationen der Kommunen im vergangenen Dezember klare Grenzen gesetzt. Doch der Streit wurde damit nicht beendet. Jetzt gibt es einen neuen Versuch.

Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) hat sich in den Streit zwischen Städten und Zeitungsverlagen um kommunale Amtsblätter eingeschaltet. Er will Vertreter beider Seiten ins Innenministerium einladen, um eine Lösung zu finden. „Aus meiner Sicht müsste das eigentlich möglich sein“, sagte Strobl am Freitag bei der Jahrestagung des Verbands Südwestdeutscher Zeitungsverleger (VSZV) in Bad Mergentheim (Main-Tauber-Kreis).

„Wir müssen nicht unbedingt das jetzt noch bis nach Karlsruhe zum Bundesverfassungsgericht treiben“, ergänzte Strobl. Ihm gehe es um eine „pragmatische und vernünftige Lösung unter Beachtung des Grundsatzes der Staatsferne der Presse“.

Die „Südwest Presse“ hatte erfolgreich gegen die Stadt Crailsheim geklagt, die in ihrem kostenlos verteilten „Stadtblatt“ über Geschehnisse in der Stadt berichtete und damit der Lokalzeitung Konkurrenz machte. Doch auch nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom vergangenen Dezember ging der Streit weiter. Ende Mai wird dazu eine weitere Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart erwartet.

Der BGH hatte den kostenlos verteilten Publikationen der Kommunen Grenzen, gesetzt. Sie dürfen zwar amtliche Mitteilungen veröffentlichen und über Vorhaben der Kommunalverwaltung und des Gemeinderats unterrichten. Aber, so betonte der BGH: „Unzulässig ist eine pressemäßige Berichterstattung über das gesellschaftliche Leben in der Gemeinde; dieser Bereich ist originäre Aufgabe der lokalen Presse und nicht des Staates.“ (Az. I ZR 112/17)

„Crailsheim ist kein Ausnahmefall“, sagte der Geschäftsführer der „Südwest Presse“, Thomas Brackvogel. Auch in manch anderen Stadtverwaltungen gebe es eine Grundhaltung der Respektlosigkeit und des Misstrauens gegenüber unabhängigen Medien. Es gehe nicht nur um gedruckte Amtsblätter, sondern auch um städtische Informationsportale im Netz. „Die Staatsferne der Presse ist nicht an Papier gebunden“, sagte Brackvogel.

Der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Wolfgang Reinhart, zeigte Verständnis für den Unmut der Verleger: „Der Staat und auch die Kommunen dürfen die Aufgaben der staatsfernen und freien Presse auch im lokalen Bereich nicht einfach an sich ziehen.“

Auch Gudrun Heute-Bluhm vom Vorstand des baden-württembergischen Städtetags sprach sich dafür aus, den Streit um Amtsblätter beizulegen. „Es ist jetzt genug gestritten worden“, sagte sie.

Strobl würdigte die Rolle der Zeitungen für die Demokratie: „Wenn ich mir einmal vorstelle, es gäbe nur noch Twitter, YouTube, Instagram und Facebook, dann bin ich ganz sicher, dass in einer unwahrscheinlich kurzen Zeit unsere Demokratie am Ende wäre.“

Strobl gratulierte dem VSZV-Vorsitzenden Valdo Lehari jr. zu dessen Wiederwahl und erklärte: „Ich habe gehört, er hat eine Gegenstimme bekommen. Ich wär ganz froh, wenn ich solche Wahlergebnisse hätte.“ Beim Parteitag der baden-württembergischen CDU war Strobl Anfang Mai mit 83,3 Prozent als Parteivorsitzender im Amt bestätigt worden.

Lehari kritisierte in seiner Rede ARD und ZDF, in deren TV-Talkshows zum Teil Zuschauerfragen aus anonymen Tweets zugelassen würden: „Das ist für mich unerträglich. Bei uns gibt es keine Leserbriefe ohne Namen und Absender.“

Die Tageszeitungen in Baden-Württemberg haben im vergangenen Jahr mit ihren Online-Angeboten mehr junge Leser erreicht. Die verkaufte Auflage der Printausgaben ging dagegen weiter zurück: um 2,7 Prozent auf 1,7 Millionen Exemplare. Laut VSZV-Jahresbericht erreichen die Zeitungen im Südwesten mit Print und Online zusammen 81 Prozent der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahren. Allein in der jungen Altersgruppe von 14 bis 29 Jahren kamen im vergangenen Jahr 1,1 Millionen Leser hinzu.