Südwest-SPD hadert mit GroKo: Aber kein sofortiger Ausstieg

dpa/lsw Pforzheim. Gehen oder bleiben? Die SPD stellt sich diese Frage mit Blick auf die schwarz-rote Bundesregierung. Die Parteimitglieder in Baden-Württemberg geben dem ungeliebten Bündnis noch eine Schonfrist.

Südwest-SPD hadert mit GroKo: Aber kein sofortiger Ausstieg

Andreas Stoch, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg. Foto: Marijan Murat/Archivbild

Trotz großer Bauchschmerzen mit der großen Koalition in Berlin will die Südwest-SPD keinen sofortigen Ausstieg aus dem Bündnis. Beim Parteitag in Pforzheim sprachen sich die Genossen am Samstag dafür aus, anhand von Inhalten über den Fortbestand der GroKo zu entscheiden. Zudem stimmten die Delegierte nach kontroverser Debatte für eine Wahlfreiheit zwischen dem acht- und dem neunjährigen Gymnasium (G8/G9). Bislang wird das Abitur an den Gymnasien im Südwesten grundsätzlich nach acht Jahren gemacht.

Zur GroKo heißt es in dem mit zwei Enthaltungen beschlossenen Antrag des Landesvorstandes, im Herbst werde sich zeigen, ob wichtige Vorhaben wie etwa die Grundrente und das Klimaschutzgesetz mit der Union realisierbar seien. Die Entscheidung, ob die SPD Teil der Bundesregierung bleibt oder nicht, soll beim Bundesparteitag im Dezember dieses Jahres fallen. Damit bewegt sich die Landes-SPD auf der Linie des Bundesvorstandes. Die Südwest-Jusos konnten sich mit ihrer Formulierung, dass die GroKo zügig überprüft werden müsse, nicht durchsetzen. Sie sind der Meinung: Die GroKo hat keine Zukunft.

Zuvor hatte SPD-Landeschef Andreas Stoch erklärt, egal, ob die GroKo fortgesetzt werden könne oder scheitere: Der Grund dafür müssten politische Inhalte sein. In der anschließenden Debatte zeigte sich, dass einige Delegierte die GroKo sehr kritisch sehen. So sprach die SPD-Stadträtin aus Bad Dürrheim (Schwarzwald-Baar-Kreis), Derya Türk-Nachbaur, von einem „Brei aus Kompromissen“ in Berlin, für den die SPD bei der Kommunal- und Europawahl im Mai die Klatsche bekommen habe. Juso-Landeschef Pavlos Wacker meinte, dass die SPD öffentlich nicht erkennbar sei, hänge auch mit der GroKo zusammen. Die SPD gehe Kompromisse ein, mit denen sie SPD-Leitplanken verlasse.

Dieses Problem sieht auch SPD-Landeschef Stoch. Was die Partei wolle, sei vielen Wählern nicht mehr klar - und auch vielen SPD-Mitgliedern nicht. Die SPD wirke nur noch wie ein „Mitmacher“, nicht wie ein „Macher“. Stoch forderte die SPD auf, mehr Mut zur Vision zu haben. Zudem müsse sich der Umgang mit dem eigenen Spitzenpersonal ändern. „100 Prozent Schulz haben nicht einmal für ein Jahr gereicht“, sagte er mit Blick auf den früheren SPD-Bundeschef Martin Schulz. „Wenn wir so mit unseren eigenen Leuten umgehen, dann sind wir nicht mehr die sozialdemokratische Partei, sondern ein Hühnerhaufen. Die Menschen erwarten von uns aber Verantwortung und keinen Hühnerhaufen.“

Ähnlich sieht das der früher Porsche-Betriebsratschef und heutige Pforzheimer SPD-Gemeinderatsmitglied Uwe Hück. „Wir sind deshalb im Moment keine Volkspartei, nicht, weil wir nicht gute Ideen hätten, sondern weil wir keine Einheit sind“, rief er den Delegierten entgegen. „Wir müssen wieder eine Einheit werden.“

Breiten Raum nahm in Pforzheim eine Debatte über das acht- und neunjährige Gymnasium ein - letztlich gewannen die Befürworter einer Wahlfreiheit. Die Gegner hatten argumentiert, dass eine Wahlfreiheit zulasten der Gemeinschaftsschule gehen könnte. Dort ist - wenn sie eine Oberstufe haben - ein Abitur nach neun Jahren möglich. G8 war noch unter der früheren CDU-geführten Regierung eingeführt worden. Heute ist das neunjährige Abitur noch an Gemeinschaftsschulen, an beruflichen Gymnasien und an 44 Gymnasien möglich, die im Rahmen eines zeitlich befristeten Modellprojektes G9 anbieten.

Die SPD war von 2011 bis 2016 Teil der grün-roten Landesregierung unter Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), wo sie auch das Kultusministerium innehatte. Heute ist sie in der Opposition.