Supermarkt jetzt beim Sportplatz geplant

Der umstrittene Standort mitten im Wald am Ortseingang von Althütte ist vom Tisch. Nun will man prüfen, ob der geplante Lebensmittelmarkt zwischen Kunstrasenplatz und Festwiese gebaut werden kann. Das hat der Gemeinderat am Dienstagabend einstimmig beschlossen.

Supermarkt jetzt beim Sportplatz geplant

In den Hang zum Kunstrasenplatz hinein könnte der Supermarkt gebaut werden. Zusätzliche Wohneinheiten obendrauf, wie ursprünglich geplant, soll es nicht geben. Animation: Reinhard Pfeil

Von Florian Muhl

Althütte. „Ich weiß, wie sehr das Thema in der Bevölkerung rumort“, sagte Bürgermeister Reinhold Sczuka am Dienstagabend in der Festhalle. Deswegen habe er den Punkt Bebauungsplan Sondergebiet Lebensmittelmarkt um einen Monat vorgezogen und nicht erst im April im Gemeinderat behandelt wie ursprünglich geplant. „Die Schlagzeile war ja nicht zu übersehen in der Backnanger Kreiszeitung, die dann auch entsprechend viele auf den Plan gerufen hat“, begann der Vorsitzende mit einer Powerpoint-Präsentation. „Am 26. Januar stand zu lesen: Wald oder Supermarkt – was ist wichtiger? Eine sehr provokante Frage.“ Und weiter: „Wir kommen heute, denke ich, in dieser Gemeinderatssitzung zu dem Entschluss: Wald UND Supermarkt – beides ist wichtig.“ Recht sollte er behalten. Einstimmig beschloss das Gremium, die ursprüngliche Planung nicht weiterzuverfolgen. Damit ist der umstrittene Standort mitten im Wald am Ortseingang von Althütte (wir berichteten) vom Tisch.

Jetzt setzen Gemeindeverwaltung und Gemeinderat auf den Platz gegenüber der Ortsdurchfahrt (Backnanger Straße/L1120): Der geplante Lebensmittelmarkt soll zwischen Kunstrasenplatz und Festwiese gebaut werden. Alle Beteiligten hoffen, dass dieser Standort möglich und finanzierbar ist, denn es ist wohl die letzte Chance, ein solches Projekt in Althütte umzusetzen, wie es scheint. Eine weitere Alternative ist jedenfalls nicht in Sicht. Die Verwaltung wird diesen Standort nun erneut untersuchen und bewerten.

Ein wesentliches Kriterium, warum dieses nun gewählte Areal in den letzten Jahren bislang nicht infrage kam, ist die Altlast „Am Brunnen“ auf beziehungsweise unter der Festwiese. Ein Fachbüro soll deshalb überprüfen, welcher Handlungsbedarf und welches Vorgehen bei einer Nutzungsänderung dieser Fläche bestehen. Zudem wird das Einzelhandelsgutachten im Hinblick auf die aktuelle Einzelhandelssituation vor Ort überarbeitet und an den neuen Standort angepasst. Letztlich werden die Planungs-, Erschließungs- und Herstellungskosten ermittelt. Die einzelnen Beschlüsse wurden jeweils einstimmig gefasst.

„Der Festplatz soll weiterhin als Gemeinschaftsplatz genutzt werden können“, war es Sczuka wichtig zu sagen. Lucca Volkmer vom Forum Althütte 2000 merkte kritisch an, dass der Lebensmittelmarkt „ja schon sehr nahe an den Kunstrasenplatz heranrückt“. So stehe wohl außer Frage, dass die Open-Air-Veranstaltung, die für den Sportverein die Haupteinnahmequelle darstelle und bereits seit zwei Jahren wegen der Pandemie nicht mehr habe stattfinden können, auch nicht mehr auf dem seitherigen Platz umsetzbar wäre. Ob man sich da seitens der Verwaltung schon Gedanken über Alternativen gemacht habe, wollte Volkmer wissen. „Auf der Festwiese, warum soll man’s nicht dort machen? Einmal im Jahr ist das aus meiner Sicht zumutbar“, so die spontane Antwort des Bürgermeisters.

Volkmer meinte auch, dass das Open Air nur ein Punkt ist, da würde sicher noch „das ein oder andere kommen, was in Richtung Kompromisse geht“. Aber mit der Aussage, dass der Festplatz zur Verfügung stünde, sei schon ein großer Schritt getan. Sczuka wies in dem Zusammenhang noch darauf hin, „dass nicht gleich morgen die Bagger anrücken werden“. Man gehe jetzt in eine neue Beteiligungsphase, das Verfahren werde sich noch länger hinziehen. Rudi Beck von der Freien Wählervereinigung brachte einen neuen Gedanken ins Spiel angesichts der Tatsache, dass wieder ein Stück vom Aktionsplatz zugunsten des Supermarkts beziehungsweise von Parkplätzen geopfert werden würde. Die Gemeinde dürfe auf einen Platz für Veranstaltungen wie Open Airs nicht verzichten. Er sieht dafür eine Möglichkeit oben bei den Sportplätzen hinter dem Rasenplatz in Richtung Wald. Innerhalb der Grenzen des Flächennutzungsplans sieht der Rathauschef diesbezüglich keine Probleme, „aber sobald wir ins Landschaftsschutzgebiet kommen, wirds problematisch“.

Sczuka nannte weitere Vorteile, die der jetzt vorgeschlagene Standort für den Lebensmittelmarkt habe: „Wir befinden uns an dieser Stelle nicht mehr im Landschaftsschutzgebiet wie auf der anderen Straßenseite.“ Zudem sei das Areal im jetzigen Flächennutzungsplan bereits als Fläche für Sonderbedarf vorgesehen.

Zu Beginn der Sitzung war der Bürgermeister in seiner Präsentation auch auf die Chronologie der Planungen eingegangen. Demnach beschäftigt sich der Gemeinderat „seit 2012 intensiv mit der Nahversorgung“. Als Glücksfall bezeichnete er die Übernahme des bestehenden Markts durch die Familie Raimund („Nah und gut“, Edeka-Konzern). Parallel habe man nach einem Standort für einen Supermarkt gesucht, fand den am Ortseingang neben der Feuerwehr im Wald und war damit im Juli 2018 an die Öffentlichkeit gegangen. Die Eheleute Raimund hätten dann leider, trotz Bestandsschutz seitens der Gemeinde, ihren Laden im Januar 2020 geschlossen. Ein weiterer Glücksfall sei ein halbes Jahr später die Eröffung von Danica’s Dorflädle gewesen. Trotzdem sei immer Konsens im Gemeinderat gewesen, dass die Gemeinde zu Sicherung der Nahversorgung nicht auf einen Lebensmittelmarkt verzichten könne.

Supermarkt jetzt beim Sportplatz geplant

Kommentar
Nicht die beste, aber die machbare Lösung

Von Florian Muhl

Sehr emotional verlief die Infoveranstaltung der Gemeinde zum Thema Lebensmittelmarkt. Das war am 29. Januar 2019 mit rund 200 Personen in der Festhalle. Damals ermunterte Sczuka die Bürger, ihm und anderen Verantwortlichen auf die Finger zu schauen. Der Bürgermeister verabschiedete sich mit den Worten: „Bleiben Sie kritisch. Es ist nicht immer alles gut, was wir machen.“ Er sollte recht behalten.

Dass der seit fünf Jahren im Wald geplante Supermarkt letztlich keine Chance hat, deutete sich an. Jetzt bezifferte Sczuka allein die mit dem Bau des Markts verbundenen Kosten, ohne Baukosten, auf über 1,5 Millionen Euro. Die Höhe des Gebäudes gab er mit 20 bis 22 Metern an. Fazit: Der Standort im Wald war gestorben.

Über zehn Jahre lang Diskussionen und kein gutes Ergebnis – hat die Gemeinde die Entwicklung verschlafen? Fehler wurden gemacht, man hätte beispielsweise die Kosten frühzeitig berechnen müssen. Zu lang hat man auch Rücksicht auf ortsansässige Einzelhändler genommen und das Thema Lebensmittelmarkt nur mit angezogener Handbremse vorangetrieben. Inzwischen wurden alternative Standorte bebaut und die Gemeinde von anderen Märkten umzingelt, die in Rudersberg und Unterweissach sowie in Lippoldsweiler und Welzheim eröffneten. Wie ist der jetzt gefundene Standort einzuordnen? Gemeinderat Rudi Beck brachte es auf den Punkt: „Das ist nicht die beste Lösung, aber die machbare.“

f.muhl@bkz.de