Tesat-Spacecom hebt wieder ab

Beschäftigungssicherung in Backnang endet vorzeitig zum 1. August – Unternehmen setzt große Hoffnungen in die Lasertechnik

Während die meisten Firmen in der Region boomen, hat Backnangs größter Arbeitgeber, Tesat-Spacecom, schwere Zeiten hinter sich. Weltweit werden immer weniger neue Satelliten gebaut.Tesat reagierte darauf mit Kurzarbeit und einer Beschäftigungssicherung. Doch jetzt scheint das Schlimmste überstanden: „Wir spüren, dass der Markt wieder anzieht“, sagt Geschäftsführer Andreas Hammer.

Tesat-Spacecom hebt wieder ab

Tesat-Geschäftsführer Andreas Hammer blickt wieder optimistisch in die Zukunft: Der Markt für Satellitenkommunikation legt zu und die Nachfrage nach neuer Technologie steigt. Foto: A. Becher

Von Kornelius Fritz

BACKNANG. Zum 1. September 2017 hatte die Unternehmensleitung mit dem Betriebsrat eine Beschäftigungssicherung vereinbart: Die Wochenarbeitszeit wurde um fünf Stunden reduziert, die Löhne und Gehälter um 15 Prozent gekürzt. Ursprünglich galt die Vereinbarung bis Ende 2018. Doch jetzt hat das Unternehmen den Krisenmodus vorzeitig verlassen: Seit 1. August arbeiten die mehr als 1000 Tesat-Mitarbeiter in Backnang wieder voll. Das sei nötig, um alle Aufträge abzuarbeiten, sagt Andreas Hammer.

Von einer Wende will der Geschäftsführer zwar noch nicht sprechen, aber die Entwicklung des Marktes stimmt ihn optimistisch: „Im ersten Halbjahr wurden schon mehr Satelliten in Auftrag gegeben als im letzten Jahr insgesamt.“ Tesats wichtigstes Produkt sind die sogenannten Röhrenverstärker, mit denen beispielsweise Fernsehsignale so verstärkt werden, dass sie auf der Erde mit kleinen Antennen empfangbar sind. Früher produzierte Tesat davon jedes Jahr 1300 Stück, 2017 waren es nur noch 700.

Ob die Nachfrage noch einmal das alte Niveau erreichen wird, bezweifelt Hammer. Denn Fernsehsignale werden heute zunehmend übers Internet und nicht mehr via Satellit übertragen. Tesats Hoffnungen ruhen deshalb auch auf neuen Produkten, vor allem auf der Lasertechnik. Wobei „neu“ in diesem Fall relativ ist, denn das Backnanger Unternehmen feiert dieses Jahr zehn Jahre Laserkommunikation. Der große Durchbruch ließ bisher aber auf sich warten.

Dies hänge mit der konservativen Grundeinstellung in der Branche zusammen, erklärt der Tesat-Chef. Wegen der enormen Kosten setzten Satellitenbetreiber gerne auf Technik, die sich schon lange bewährt habe. Denn natürlich will niemand zig Millionen in einen Satelliten investieren, der dann im Weltall nicht zuverlässig funktioniert.

2019 schießt Tesat einen

Mini-Satelliten ins All

Seit die Laserkommunikation ihre Alltagstauglichkeit beim europäischen Copernicus-Programm (siehe Infobox) unter Beweis gestellt hat, steht dem Erfolg aber eigentlich nichts mehr im Weg: „Es ist klar, dass sich diese Technologie durchsetzen wird. Wir merken, dass der Markt jetzt abhebt“, sagt Andreas Hammer. Vom Technologieführer will Tesat nun auch zum Marktführer werden.

Die Chancen stehen aus Sicht der Unternehmensleitung gut, denn mit der Laserkommunikation ließe sich auch das Problem der noch lückenhaften Versorgung mit schnellem Internet lösen. Selbst wenn in Deutschland mittlerweile Milliarden in den Ausbau des Glasfasernetzes gesteckt werden, werde es immer Regionen geben, in denen sich das wirtschaftlich nicht lohne, erklärt Matthias Motzigemba, Bereichsleiter für die Kommunikationssysteme. Genau diese Lücken könne man mithilfe der Lasertechnik im Weltall schließen. „Wir verlegen sozusagen die Glasfaser im All“, erklärt Motzigemba. Dadurch könne man auch in abgelegenen Regionen eine Datenübertragung mit bis zu 100 Mbit pro Sekunde erreichen. Und das deutlich günstiger als mit einer terrestrischen Lösung: „Allein in Deutschland werden 14 Milliarden Euro für das Glasfasernetz ausgegeben. Ein weltumspannendes Netz im All kostet drei Milliarden.“

Daneben gebe es auch noch viele andere Anwendungsmöglichkeiten für die Lasertechnik, sagt Tesat-Chef Hammer. Um der Technik noch ein wenig auf die Sprünge zu helfen, will die Airbus-Tochter 2019 erstmals einen eigenen Mini-Satelliten ins All schießen. Mit der kleinen Box, die nur 30 Zentimeter lang und zehn Zentimeter breit ist, möchte Tesat den Beweis antreten, dass Lasertechnik auch in kleinem Maßstab funktioniert. „Wir wollen zeigen, dass wir es auch klein und fein können. Wir haben den Truck im Angebot, aber wir haben auch den Kleinwagen“, so Andreas Hammer.

Seine Sorgenfalten sind langsam einem Lächeln gewichen. Der Umsatz, der seit 2015 von 350 auf 280 Millionen Euro eingebrochen war, soll sich dieses Jahr wieder den 300 Millionen nähern. Er sei froh und dankbar, dass es zusammen mit dem Betriebsrat gelungen sei, das Personal auch in der Krise zu halten, sagt Hammer. „Das war ein Paradebeispiel dafür, wie man schwierige Gewässer erfolgreich durchschiffen kann.“

Tesat-Spacecom hebt wieder ab

Mit 1,8 Gigabit pro Sekunde werden die Daten per Laser von einem Satelliten zum nächsten gesendet. Visualisierung: Tesat-Spacecom