Preise für Fahrschule explodieren

Teuer, teurer, Führerschein – wie kann er günstiger werden?

Im Schnitt knapp 3500 Euro kostet ein Führerschein in Baden-Württemberg. Die schwarz-rote Bundesregierung will die Ausbildung günstiger machen. Doch wie könnte das gelingen?

Teuer, teurer, Führerschein – wie kann er günstiger werden?

Im Schnitt 37 Praxisstunden benötigen die Fahrschüler, um für die Prüfung gerüstet zu sein.

Von Alexander Müller

Bei seinen täglichen Fahrten durchs Stuttgarter Stadtgebiet kann Jochen Klima oft einfach nur noch mit dem Kopf schütteln: „Viele junge Menschen haben kein Verständnis mehr für das richtige Verhalten im Straßenverkehr.“ Einen entscheidenden Grund sieht der Vorsitzende des Fahrlehrerverbands Baden-Württemberg in dem geänderten Sozialverhalten in der Gesellschaft. „Während frühere Generationen verschiedene Situationen bewusst wahrgenommen haben, ist das heute durch den fast ständigen Blick aufs Handy nicht mehr der Fall.“

Dies ist aber aus seiner Sicht nicht die einzige Begründung für die explodierenden Kosten beim Erwerb der Fahrerlaubnis. Die Preissteigerungen sind enorm, und inzwischen auch der Politik zu hoch.

Die schwarz-rote Bundesregierung will nun die Notbremse ziehen. CDU/CSU und SPD haben im neuen Koalitionsvertrag der Bundesregierung eine Reform der Fahrausbildung angekündigt. Das Ziel: Den Führerscheinerwerb unter Beibehaltung der hohen Standards deutlich günstiger zu gestalten. Die Kosten für den Führerschein übersteigen bei weitem die Inflationsrate. Inzwischen liegen die Preise der Fahrschulen laut ADAC im bundesweiten Durchschnitt bei 3070 Euro, in Baden-Württemberg sogar bei 3403 Euro. Wie ließe sich der Preis senken? Da gehen die Meinungen von TÜV, Automobilclubs und Fahrlehrerverband auseinander.

Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) kündigte einen Runden Tisch an, um mit anderen Ministerien, Ländern und Verbänden Lösungen zu entwickeln. Geht es nach den Bundesländern, soll unter anderem die theoretische Ausbildung entschlackt werden. Unter anderem würden „Fragen gefragt, die für das Führen eines Fahrzeugs gar nicht relevant sind. Deshalb haben wir zu hohe Durchfallquoten“, betonte jüngst der nordrhein-westfälische Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne).

44 Prozent der Schüler fallen durch die theoretische Prüfung

Laut TÜV-Verband lag die Durchfallquote im vergangenen Jahr in Baden-Württemberg bei rund 44 Prozent bei der theoretischen und bei rund 29 Prozent bei der praktischen Prüfung. Somit ist „einer der großen Kostentreiber die hohe Wiederholungsquote“, betont Holger Bach, Abteilungsleiter für Umwelt und Verkehr beim ADAC Württemberg. Verantwortlich dafür sei vor allem die immer anspruchsvoller gewordene Prüfung. „Der Fragenkatalog ist in den vergangenen Jahren um mehr als 50 Prozent von 800 auf 1200 Fragen gestiegen“, sagt Bach. Die Änderungen an den Prüfungsfragen erfolgen halbjährlich, zuletzt im April 2025. „Da wurde die Anzahl zum ersten Mal wieder minimal reduziert“, zeigt sich Klima zufrieden.

Zudem: Während die Zahl der Theoriestunden mit 14 gleich geblieben ist, steigt die Zahl der praktischen Fahrstunden kontinuierlich an. „Die Prüflinge benötigen heutzutage mehr Praxisstunden als früher“, sagt Bach. Laut einer Umfrage des ADAC unter jungen Führerscheinbesitzern im Alter von 17 bis 25 Jahren aus dem Herbst 2023 benötigten 42 Prozent bis zu 20 Fahrstunden zusätzlich zu den Pflichtstunden, immerhin elf Prozent brauchten gar bis zu 40 Extrastunden zum Üben. Der Schnitt liegt laut Fahrlehrerverband bei 37 Stunden.

Die Kosten pro Praxisstunde liegen zwischen knapp 70 und knapp 80 Euro in Baden-Württemberg. Die Prüfungsgebühren bei 25 Euro für die Theorie und 130 Euro für die Praxis – Wiederholungen nicht mit eingerechnet. Das reißt vor allem bei jungen Menschen ein enormes Loch in die Kasse.

Aus Sicht des ADAC „liegt das an der immer komplexer werdenden Verkehrssituation“, sagt Bach. Auch die Technik in modernen Fahrzeugen überfordert viele. Die zahlreichen Finessen in den rollenden Computern dienen der Sicherheit, der Umgang will aber erlernt werden. Denn in der praktischen Prüfung kann der Tester alle eingebauten Assistenzsysteme einfordern. „Zum Beispiel das Einparken ohne und mit Einparkhilfe“, erklärt Klima.

Ein weiterer Preisfaktor: Rund 90 Prozent aller Prüflinge im städtischen Raum erlernen das Fahren auf einem Automatik-Getriebe. Um die Lizenz auch für Schaltautos zu erhalten, sind zusätzliche zehn Praxisstunden nötig. Ein weiterer Preistreiber ist aus Sicht von ADAC und Fahrlehrerverband der akute Fachkräftemangel. „Um geschultes Fachpersonal zu bekommen, muss man auch entsprechende Gehälter bezahlen“, bringt es Klima auf den Punkt. Hinzu kommen gestiegenen Preise bei der Anschaffung und Reparatur der Fahrzeuge.

ADAC fordert den Einsatz von Fahrsimulatoren

Einen ersten Schritt, um die Durchfallquote zu verringern, hat der Gesetzgeber mit der Erhöhung der Fahrstunden von 45 auf 55 Minuten gemacht. Das soll die Konzentrationsfähigkeit über einen längeren Zeitraum steigern. „Denn viele der Schüler fallen in den letzten zehn Minuten der Prüfung durch“, erklärt Klima. Die neue Vorgabe erhöht die Qualifikation, senkt aber nicht die Kosten.

Der TÜV-Verband setzt sich daher für verpflichtende Lernstandskontrollen in den Fahrschulen ein. So soll sichergestellt werden, dass nur ausreichend vorbereitete Prüflinge antreten. Zudem soll eine frühe Verkehrserziehung in der Schule das Verständnis schärfen. Der ADAC bringt zudem einen virtuellen Theorieunterricht ins Spiel. Zum einen, um besser und effizienter lernen zu können, zum anderen, um teils lange Anfahrtswege zu den Fahrschulen zu minimieren. Auch der Einsatz von Fahrsimulatoren sei eine wertvolle Ergänzung. Insbesondere, wenn es um das Erlernen der Handschaltung geht.

Senkung der Mehrwertsteuer soll Kosten senken

Noch einen Schritt weiter geht der Fahrlehrerverband. Dieser kann sich vorstellen, die gesetzliche Vorgabe der zehn Übungsstunden gänzlich abzuschaffen. „Somit würden rund 500 Euro an Kosten wegfallen“, rechnet Klima vor. Die Schweiz mache dies seit einigen Jahren erfolgreich vor, ohne dass die Unfallzahlen bei Fahranfängern gestiegen seien. Sinnvoll wäre aus Sicht von Klima auch – wie bereits in anderen Branchen üblich – die Mehrwertsteuer zu senken oder zu streichen. Bei Kosten von 3500 Euro und 19 Prozent sei die Ersparnis enorm. Insofern freut sich der Fahrlehrerverband über die seit Wochen kursierenden Pläne einer Gesetzesänderung, um die Kosten für den Erwerb der Fahrerlaubnis in Zukunft als haushaltsnahe Dienstleistung über die Steuern absetzen zu können. „Es ist ein erster Schritt“, so Klima vom Fahrlehrerverband.

Weitere scheinen dringend erforderlich. „Bislang haben wir noch den Stau aus der Corona-Zeit abgebaut“, sagt Klima. Teilweise gab es Wartelisten bei der Anmeldung. Doch nunmehr scheinen die Fahrschulen die Überholspur verlassen zu müssen. Die Schülerzahlen sind rückläufig. Wohl auch aufgrund der hohen Kosten. Teuer, teurer, Führerschein – das soll daher nun ein Ende haben. Die genaue Route zum Ziel muss aber noch festgelegt werden. Und vielleicht muss dann auch Fahrlehrer Klima nicht mehr jeden Tag den Kopf schütteln.

Zahlen, Daten und Fakten

TeuerungsrateInzwischen liegen die Kosten für einen Führerschein in der Regel zwischen 2500 und 4000 Euro, aber auch bis zu 4500 Euro oder mehr sind keine Seltenheit mehr. Laut Zahlen des Statistischen Bundesamts (Stand April 2025) lag die Teuerungsrate 2024 bei 5,8 Prozent, dem gegenüber sind die Verbraucherpreise um lediglich 2,2 Prozent gestiegen. Auch in den Vorjahren sind die Kosten überdurchschnittlich angewachsen, und zwar um 7,6 Prozent (2023), 10,8 Prozent (2022) und 9,6 Prozent (2021).

DurchfallquoteDie Durchfallquote lag im vergangenen Jahr in Baden-Württemberg nach Angaben des TÜV bei rund 44 Prozent bei der theoretischen und bei rund 29 Prozent bei der praktischen Prüfung.

Fahrstunden Zwölf Theoriestunden sind vorgeschrieben. Hinzu kommen zwei weitere mit sogenanntem Zusatzstoff, unter anderem mit Themen wie Fahrzeugtechnik und den unterschiedlichen Assistenzsystemen. In der Praxis sind insgesamt zwölf Pflichtstunden, sogenannte Sonderfahrten, gesetzlich verankert: 5 Überland-, 4 Autobahn- und 3 Nachtfahrten. In der Regel benötigen die Schüler nach den Zahlen des Fahrlehrerverbands Württemberg 37 Stunden bis zur Prüfung.

KostenDer Grundbetrag für die Führerscheinausbildung beträgt laut Fahrlehrerverband 352,99 Euro. Pro Theoriestunde sind 80,82 Euro fällig, die Praxisstunden liegen bei 68,25 Euro, die Sonderfahrten bei 77,80 Euro (Stand Dezember 2024). Die Prüfungsgebühren liegen bei 25 Euro für die Theorie und 130 Euro für die Praxis.