Tourismus im Rems-Murr-Kreis zieht wieder an

Die „Bettenbilanz“ für den Kreis steigt an: 230000 Gästeübernachtungen im ersten Halbjahr. Doch Personal ist schwer zu finden.

Tourismus im Rems-Murr-Kreis zieht wieder an

Auch im Rems-Murr-Kreis ist der Tourismus nach der Coronaflaute angestiegen. Foto: NGG

Rems-Murr. Tourismusboom nach Coronaflaute: Der Rems-Murr-Kreis verzeichnete im ersten Halbjahr des Jahres rund 230000 Übernachtungen von Gästen aus dem In- und Ausland – 148 Prozent mehr als in der ersten Jahreshälfte 2021. Denn im vergangenen Jahr galt zum Teil noch ein Beherbergungsverbot bei Privatreisen, das als „Tourismusbremse“ gewirkt hat. Darauf macht die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) in einer Pressemitteilung aufmerksam. Die NGG beruft sich dabei auf aktuelle Angaben des Statistischen Landesamts. „Dass wieder viel mehr Urlauber und Geschäftsreisende in den Rems-Murr-Kreis kommen, ist für das Hotel- und Gaststättengewerbe eine gute Nachricht – vor allem auch für die Beschäftigten. Nach zweieinhalb Jahren Pandemie kehrt die Branche Stück für Stück auf das alte Niveau zurück“, sagt Hartmut Zacher, Geschäftsführer der NGG-Region Stuttgart. Von der „Normalität“ seien viele Hotels, Pensionen und Wirtshäuser aber noch weit entfernt. Der Grund: Den Unternehmen gelingt es nach Beobachtung der Gewerkschaft kaum, genug Personal für die wachsende Arbeit zu finden.

Zwar hätten derzeit viele Branchen mit dem Mangel an Fachleuten zu kämpfen, doch im Gastgewerbe falle die Suche nach qualifizierten Kräften besonders schwer. Das liege vor allem an den Arbeitsbedingungen, urteilt Zacher. So klagten im letzten DGB-Ausbildungsreport 59 Prozent der angehenden Hotelfachleute und 54 Prozent der Azubis in der Küche, regelmäßig Überstunden machen zu müssen – ein Spitzenwert. „Wer im Gastgewerbe arbeitet, ist nicht nur spätabends oder am Wochenende im Einsatz. Die Beschäftigten erfahren oft auch erst am Vortag vom Chef, dass sie einspringen sollen. Zum Beispiel, weil sich die Wettervorhersage geändert hat und einen Run auf den Biergarten erwarten lässt. So kann aber niemand seinen Alltag planen – schon gar nicht, wer Kinder hat“, so Zacher. Nach Einschätzung des Gewerkschafters ist ein erheblicher Teil der rund 5000 Menschen, die das Gastgewerbe im Rems-Murr-Kreis laut Arbeitsagentur beschäftigt, von dieser „Arbeit auf Abruf“ betroffen.

Wer sich für die Branche entscheide, wisse, dass die Arbeitszeiten anders seien als in einem Bürojob. „Wichtig ist zugleich eine Personaldecke, die dick genug ist, um auch kurzfristig Events wie Geburtstage oder Hochzeiten ausrichten zu können“, betont Zacher. Um Arbeitszeit und Dienstplanung fair zu regeln, sollten sich die Betriebe zu tariflichen Standards bekennen. Dort, wo es einen Betriebsrat gebe – etwa in Hotelketten oder in der Systemgastronomie –, könnten sozialverträgliche Lösungen mit Arbeitgebern gefunden werden.

Lohnsteigerungen machen Jobsin Hotels und Gaststätten attraktiver

In einem entscheidenden Punkt seien Hotels und Gaststätten als Arbeitgeber bereits attraktiver geworden: Die Löhne in der Branche sind nach dem aktuellen Tarifvertrag für Baden-Württemberg deutlich gestiegen. So liegt der Einstiegsverdienst jetzt bei 12,30 Euro pro Stunde. Fachkräfte kommen sogar auf einen Stundenlohn von mindestens 14,60 Euro. „Das ist ein enormer Schub fürs Portemonnaie der Beschäftigten. Jetzt kommt es darauf an, dass die Firmen den Tariflohn auch zahlen – und bei den Arbeitsbedingungen nachlegen“, so die Gewerkschaft NGG. pm