Trauerfeiern nur noch im Freien

Die Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus haben auch im Bestattungswesen ihre Folgen

Trauerfeiern nur noch im Freien

Bestattungsmeister Manuel Häußer ist erleichtert, dass seine Zunft nun zu den systemrelevanten Berufsgruppen zählt. Foto: J. Fiedler

Von Bernhard Romanowski

BACKNANG. Der rituelle Umgang mit Tod und Trauer bildet einen wesentlichen Grundstein jeglicher Kultur. Doch die Art und Weise, in der wir uns von Verstorbenen verabschieden und ihnen die letzte Ehre erweisen, bleibt von den Auswirkungen der Coronaviruspandemie nicht mehr verschont.

Die Bestattungsunternehmer müssen neben gewohnt viel Fingerspitzengefühl für die Angehörigen in diesen Tagen auch eine Menge Flexibilität an den Tag legen. Trauergottesdienste finden nicht mehr statt, die Aussegnungshallen sind in den meisten Kommunen geschlossen. Im Backnanger Stadtgebiet dürfen die Bestattungen nur noch draußen im Freien stattfinden. Der Abschied von den Verstorbenen ist so nur am Grab möglich, und auch das längst nicht mehr für alle, die im Normalfall an der Beerdigung teilnähmen. Denn Hinterbliebene und die Bestatter sind dazu angehalten, die Verabschiedungsfeiern auch im Freien auf einen Kreis von nicht mehr als 10 Besuchern zu beschränken.

„Die Sachlage ändert sich im Grunde wie in allen anderen Bereichen auch jeden Tag“, heißt es dazu im Ersten Backnanger Bestattungsinstitut Kurt Häußer auf Nachfrage. Manuel Häußer, der das Haus leitet, hat vor allem ein Problem: Ihm gehen über kurz oder lang die Schutzmittel wie Desinfektionsflüssigkeit, Handschuhe, Gesichtsmasken und Kittel aus. „Wir kriegen derzeit nichts. Das ist alles vergriffen“, berichtet der ausgebildete Bestattungsmeister.

Im Einklang mit seinen Berufsgenossen forderte er, dass das Bestattungswesen in Zeiten von Corona als systemrelevanter Beruf anerkannt wird, damit den Unternehmen in diesem Bereich der Zugang zu dem Hygienematerial prioritär gewährt wird.

Die Traueranzeige schaltet man derzeit besser nach der Bestattung

„Gemäß der aktualisierten Verordnung der Landesregierung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus Sars-CoV-2 gilt das Bestatterhandwerk ab sofort als kritische Infrastruktur und damit als systemrelevant“, steht seit Mittwoch auf der Homepage der Bestatterinnung geschrieben. Der Berufszweig steht damit auf einer Stufe mit Polizei, Feuerwehr und Katastrophenschutz, was die Erleichterung bei der Beschaffung von knappem Arbeitsmaterial wie Schutzkleidung oder Desinfektionsmittel angeht. Wie sich das indessen in der Praxis gestaltet, werde sich noch zeigen, so der Backnanger Unternehmer. Die Mitteilung an die Angehörigen, dass die Feier zu Ehren der Verstorbenen nur noch draußen stattfinden darf, übernehmen gemeinhin die Bestatter.

Für Trauerfeiern im Außenbereich auf dem Friedhof gilt die von der Landesregierung getroffene Regelung, dass eine Maximalzahl von 10 Besuchern bei Beerdigungen zugelassen ist, sofern zwischen den Personen ein ausreichender Sicherheitsabstand eingehalten wird. Auch hier sei somit coronabedingt angeraten, auf Körperkontakt etwa in Form von Umarmungen oder Händeschütteln zu verzichten. „Eine Traueranzeige schaltet man derzeit besser erst nach der Bestattung – wegen der Anzahl der Trauergäste“, wie Häußer es schildert.

Bei Urnenbeisetzungen ist der Bestattungstermin flexibler zu handhaben. Ohnehin, so Häußer, sei die Zahl der Feuerbestattungen hoch und steige im Verhältnis zur Erdbestattung weiter. Den Menschen die neuen Modalitäten des Bestattungswesens in Zeiten von Corona beibringen zu müssen, sei nicht immer so einfach: „Da stehen ja immer Menschen dahinter – Angehörige im Ausnahmezustand.“

Da er nun einer Berufsgruppe angehört, die durch ihre Systemrelevanz auch Zugang zu der Notbetreuung für Kinder hat, könnte er eines seiner drei Kinder, das zur Grundschule geht, dort unterbringen. „Aber meine Frau kümmert sich darum. Die beiden anderen machen dieses Jahr Abitur“, so Häußer weiter. Er selbst sei derzeit im Grunde der Risikofaktor zu Hause. „Denn ich bin der mit dem Kundenkontakt.“ „Wir müssen uns eben anders organisieren und anders planen, wie zurzeit in anderen Bereichen auch“, fasst Maija Hinderlich vom Bestattungsunternehmen Horizont in Backnang die aktuelle Lage ihres Berufsstands zusammen.

Ein Mangel an Hygienematerial sei in ihrem Betrieb noch nicht gegeben. „Wir hatten noch genug da“, so Hinderlich im Gespräch mit dieser Zeitung. Von Problemen bei der Beschaffung habe sie aber gehört. Der Kontakt mit dem Standesamt für die notwendigen Unterlagen laufe nicht mehr persönlich, sondern über ein Postfach in den zuständigen Stellen ab, in das die Papiere eingeworfen und unterschrieben wieder entnommen werden, wie Hinderlich berichtet.