Trinkglas und Bierflasche als Wurfgeschoss benutzt

Backnanger Amtsgericht verurteilt 50-jährigen Lageristen zu fünfmonatiger Bewährungsstrafe wegen Körperverletzung.

Trinkglas und Bierflasche als Wurfgeschoss benutzt

Symbolfoto: Erwin Wodicka

Von Hans-Christoph Werner

BACKNANG. Vor dem Amtsgericht hat sich ein 50-jähriger Lagerist wegen Körperverletzung zu verantworten. Der Vorfall hat sich im Dezember vergangenen Jahres zugetragen. Der Lagerist ist zu nächtlicher Stunde zu Gast in einer Bar der Innenstadt. Eine Bekannte begleitet ihn. Von Anfang an muss der Abend nicht sehr harmonisch verlaufen sein. Die Bekannte des Lageristen, als Zeugin aussagend, berichtet, man sei unfreundlich bedient worden. Die Bedienung, ebenfalls Zeugin, wiederum sagt, die Gäste seien unfreundlich gewesen.

Die Getränke in der Bar müssten vor dem Genuss bezahlt werden. Das habe der Lagerist nicht nachvollziehen wollen. Ärgerlich habe er deswegen das Geld auf den Tresen geknallt oder ihr hingeworfen. Schließlich habe sie sich nicht anders zu helfen gewusst, als den Herrn aus der Bar zu verweisen. Der trollte sich von der Theke, entschwand in den hinteren Bereich der Bar. Aber dann kam ein Glas geflogen und traf die Bedienung am Oberschenkel. Ein Longdrinkglas, sagt die Bedienung, von nicht wenig Gewicht. Einen Bluterguss habe sie davongetragen. Keine zwei Minuten später kam eine Bierflasche hinterher. Gerade noch rechtzeitig konnte sie dem Wurfgeschoss, so die Servicekraft, ausweichen. Sie wäre sonst am Kopf getroffen worden. In geduckter Haltung, die Mütze tief ins Gesicht gezogen, strebt der Werfer dem Barausgang zu, kommt allerdings nach einer Weile wieder. Und da sind es andere Gäste, die den Unhold wiedererkennen und der Bedienung melden: „Der war’s.“ Die Polizei nimmt sich der Sache an.

Eine Überwachungskamera


hat den Vorfall aufgenommen.

Vor Gericht will sich der Lagerist nicht zu dem Vorfall äußern. So kommt es besonders auf die Zeugenaussagen an. Und auf eine kurze Filmsequenz der Überwachungskamera. Vor dem Richtertisch ist ein großer Bildschirm aufgebaut. So vermögen alle Verfahrensbeteiligte die Vorführung zu verfolgen. Als kleine Lichtpunkte sind Glas und Bierflasche zu sehen, die bogenförmig aus dem Gästebereich hervorkommen und hinter dem Tresen landen. Der Lagerist schweigt beharrlich. Ein bisher unbescholtener Mann. Zumindest ist im Bundeszentralregister keine Vorstrafe aufgeführt.

Für den Staatsanwalt ist der Fall klar. Der Angeklagte, so sagt er in seinem Plädoyer, ist der Glas- beziehungsweise Flaschenwerfer. Da der Angeklagte nicht vorbestraft sei und die Bedienung keine gravierende Verletzung erlitten habe, will er’s mit fünf Monaten auf Bewährung abgehen lassen.

Der Verteidiger des Angeklagten ist da ganz anderer Meinung. Sein Mandant habe geschwiegen. Das sei sein gutes Recht. Aber war er wirklich der Täter? Keiner der Zeugen habe ihn bei der unmittelbaren Wurfhandlung beobachtet. Und von den Zeugen, die der Bedienung gegenüber erklärt haben, „der war’s“, sei in der Verhandlung keiner gehört worden. Mithin sei die Tat nicht nachgewiesen, sein Mandant sei deshalb freizusprechen.

Der Richter schließt sich jedoch eher der Meinung des Staatsanwalts an. Er verurteilt den Angeklagten zu fünf Monaten auf Bewährung wegen gefährlicher und versuchter Körperverletzung. In einem Strafverfahren müsse nicht die Täterschaft mit mathematischer Genauigkeit nachgewiesen werden. Umgekehrt sei es, es bestünden keine gravierenden Zweifel daran, dass der Angeklagte Glas und Flasche geworfen habe. Schließlich habe es mit ihm und seiner Bekannten an jenem Abend Streit gegeben.

Weiter habe er sich, wie auf dem Überwachungsvideo mit großer Wahrscheinlichkeit zu sehen gewesen sei, aus der Bar entfernt. Auch die Hinweise der anderen Gäste, die die Bedienung auf den Verursacher hingewiesen haben, hätten Gewicht. Auch wenn es um die finanziellen Verhältnisse des Lageristen nicht gut bestellt sei, so werde ihm dennoch als Bewährungsauflage die Zahlung von 300 Euro an die Caritas auferlegt.

Mit unbewegter Miene nimmt der Verurteilte das Urteil entgegen und entfernt sich aus dem Gerichtssaal.