Trump billigt Tiktok-Deal

Von Von Andrej Sokolow, dpa

dpa Washington. Wochenlang setzt der US-Präsident die Video-App Tiktok unter Druck, jetzt darf sie doch im US-Markt bleiben. Der von Trump präsentierte Deal: Das globale Geschäft von Tiktok zieht in die USA um - und die Firma zahlt fünf Milliarden Dollar in einen Bildungsfonds in Texas.

Trump billigt Tiktok-Deal

US-Präsident Donald Trump spricht auf dem Südrasen des Weißen Hauses mit Journalisten. Foto: Patrick Semansky/AP/dpa

Die Zukunft der Video-App Tiktok in den USA scheint gesichert, nachdem Präsident Donald Trump einen Deal zwischen dem chinesischen Eigentümer Bytedance und US-Unternehmen gebilligt hat.

Das weltweite Geschäft von Tiktok komme in eine neue Firma mit Sitz in den USA, „wahrscheinlich in Texas“, sagte Trump in der Nacht zum Sonntag. „Ich habe den Deal abgesegnet.“

Eine formelle Aufhebung der US-Maßnahmen gegen Tiktok steht noch aus. Das Handelsministerium schob den Download-Stopp für die App in den USA, der für Nutzer ab Montag greifen sollte, um eine Woche auf.

Trump hatte Tiktok als Sicherheitsrisiko bezeichnet, weil die App dem chinesischen Bytedance-Konzern gehört. Aus seiner Sicht hätten chinesische Behörden über die App an Daten von Amerikanern kommen können. Dieser Begründung folgend legte er mit zwei Anordnungen die Basis für das Aus der App in den USA. Tiktok und Bytedance entgegneten vergeblich, dass Daten von US-Nutzern in den USA gespeichert würden und nicht nach China gingen.

Tiktok hat rund 100 Millionen Nutzer in den USA. Die US-Regierung wollte auch gegen die chinesische Kommunikations-App WeChat vorgehen, die in den USA einige Millionen Menschen nutzen, vor allem um mit Freunden und Verwandten in China in Kontakt zu bleiben. WeChat sollte am Montag ebenfalls aus den App Stores in den USA verschwinden - und auch den Großteil der Funktion für US-Nutzer verlieren. Eine Richterin in Kalifornien setzte diese Sanktionen am Sonntag mit einer einstweiligen Verfügung aber aus.

Nach dem nun abgenickten Tiktok-Deal soll der Software-Konzern Oracle alle Daten von US-Nutzern verarbeiten und sich um die dazugehörigen technischen Systeme kümmern. In den USA würden 25 000 Jobs entstehen, kündigten Trump und Tiktok an.

Eine zentrale Forderung Trumps war auch, dass US-Investoren eine Mehrheit an Tiktok halten. Dazu wurde bisher nur offiziell bekannt, dass Oracle vor einem Börsengang von Tiktok Global einen Anteil von 12,5 Prozent an der Firma übernehmen soll und der Supermarkt-Riese Walmart 7,5 Prozent.

Bytedance strebe dabei eine Gesamtbewertung von 60 Milliarden Dollar für Tiktok an, schrieb der Finanzdienst Bloomberg. Oracle und Walmart müssten demnach zusammen zwölf Milliarden Dollar bezahlen. Über den Preis werde aber noch verhandelt, schränkte Bloomberg unter Berufung auf informierte Personen ein. Das US-Finanzministerium erklärte am Sonntag, die Transaktion müsse nun zunächst einmal unter Dach und Fach gebracht werden, bevor die Regierung weiter handeln könne.

Zugleich berichtete das „Wall Street Journal“, dass Bytedance die restlichen 80 Prozent von Tiktok Global behalten werde. Aber: Da amerikanische Investoren wie die Start-up-Finanzierer Sequoia und General Atlantic wiederum rund 40 Prozent an Bytedance hielten, könne man von einer US-Mehrheit bei Tiktok sprechen, erklärten informierte Personen der Zeitung. Trump hatte zuvor verkündet: „Es wird eine ganz neue Firma sein. Sie wird nichts mit China zu tun haben.“

Das neue Konstrukt könnte den Vorteil haben, dass die chinesische Regierung dem Deal keine Steine in den Weg legen wird. Die Führung in Peking hatte zuvor einen direkten Verkauf des US-Geschäfts von Tiktok an den Software-Konzern Microsoft torpediert. Sie führte eine neue Regel ein, nach der Software-Algorithmen nur mit Erlaubnis der Behörden ins Ausland verkauft werden dürfen.

Trump seinerseits hatte einen Deal, bei dem Oracle mit einem Minderheitsanteil als Technologie-Partner von Tiktok agieren sollte, vor wenigen Tagen noch abgelehnt. Das Handelsministerium leitete daraufhin den Countdown für den Rauswurf von Tiktok aus den amerikanischen App Stores ein. Ab Mitte November sollte die App in den USA nicht mehr funktionieren. Tiktok und Bytedance reichten dagegen Klage in Washington ein.

Neu ist, dass Tiktok nun fünf Milliarden Dollar an einen Bildungsfonds in Texas überweisen werde, wie Trump bei einem Wahlkampfauftritt in Fayetteville im Bundesstaat North Carolina sagte. Er hatte zuvor verlangt, dass die US-Regierung eine Art Kommission bekommen müsse, weil sie den Deal herbeigeführt habe.

Der Bildungsfonds solle dafür sorgen, „dass die echte Geschichte unseres Landes unterrichtet wird“, sagte Trump. Er hatte vor einigen Tagen die Bildung einer Kommission zur Förderung patriotischer Bildung angekündigt - der Republikaner begründete dies unter anderem damit, dass die historische Bedeutung der Sklaverei aktuell zu stark hervorgehoben werde.

Bytedance teilte am Sonntag mit, von der Milliardenspende „erstmals in den Nachrichten erfahren“ zu haben. Bloomberg berichtete, Trump habe sie am Freitag in einem Telefonat mit Oracle-Gründer Larry Ellison und Walmart-Chef Doug McMillon ausgehandelt.

Tiktok hatte bereits einen Cloud-Deal mit einem anderen US-Unternehmen - Amazons IT-Tochter AWS. Trump ist in der Vergangenheit häufiger mit Attacken gegen den Gründer und Chef des Online-Händlers, Jeff Bezos, aufgefallen. Bezos gehört privat die Zeitung „Washington Post“, in der Trump oft kritisiert wird. Oracle-Gründer Ellison ist dagegen einer der prominentesten Unterstützer Trumps im Silicon Valley. Walmart wiederum ist ein Amazon-Konkurrent.

Die Richterin entschied nach einer Klage von WeChat-Nutzern gegen das Vorgehen der US-Regierung. Sie argumentierte vor allem, dass der WeChat-Stopp den Nutzern eine zentrale Kommunikationsplattform nehmen und damit ihr Verfassungsrecht auf Redefreiheit verletzen würde. Die Kläger hätten dargelegt, dass es keine angemessene Alternative gebe. Eine einstweilige Verfügung sei gerechtfertigt, weil der sofortige Schaden zu groß wäre, selbst wenn das Hauptverfahren zu Gunsten von WeChat und der Nutzer ausgehen würde. Die Regierung habe sie hingegen nicht davon überzeugen können, dass ein Komplett-Verbot der einzige Weg sei, um die Sicherheitsbedenken auszuräumen.

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