Kein Regen in Sicht

Türkei: Schlimmste Dürre seit 50 Jahren

Klimawandel, Verschwendung, Ignoranz: Es ist eine Mischung aus vielen Faktoren, welche die seit Monaten herrschende Dürre in der Türkei verschärfen.

Türkei: Schlimmste Dürre seit 50 Jahren

Ausgetrockneter See bei Kirklarel: Die Menschen in der Türkei leiden in diesem Sommer unter ungewöhnlich hohen Temperaturen. Vielerorts ist das Wasser knapp.

Von Markus Brauer/AFP

Die Türkei erlebt derzeit die schlimmste Trockenheit seit mehr als 50 Jahren. In den vergangenen elf Monaten sei die Niederschlagsmenge auf das niedrigste Niveau seit 52 Jahren gefallen, erklärt der türkische Wetterdienst in seinem Monatsbericht. In der an Syrien grenzenden Region Anatolien im Osten des Landes sei die Niederschlagsmenge sogar um mehr als 60 Prozent zurückgegangen.

Rückgang von 27 Prozent

Zwischen dem 1. Oktober 2024 und dem 31. August dieses Jahres habe die Niederschlagsmenge bei etwa 400 Millimetern gelegen, teilt der Wetterdienst mit. Zwischen 1991 und 2020 lag sie laut demnach im gleichen Zeitraum bei rund 549 Millimetern. Das entspricht einem Rückgang von 27 Prozent.

Auch die bei Urlaubern beliebten türkischen Mittelmeerregionen blieben davon nicht verschont: Die Marmara-Region und die Ägäis-Küste verzeichneten die geringsten Niederschlagsmengen seit 18 Jahren.

Hitzerekord: 50,5 Grad Celsius

Die Menschen in der Türkei leiden in diesem Sommer unter ungewöhnlich hohen Temperaturen. Vielerorts ist das Wasser knapp. Im Westen und Süden des Landes wüteten Waldbrände.

Der Juli war in der Türkei der heißeste seit 55 Jahren. Die Durchschnittstemperatur lag 1,9 Prozent über jener zwischen 1991 und 2020. In Silopi im Südosten des Landes wurde mit 50,5 Grad Celsius ein Hitzerekord gebrochen.

Ägäis stundenweise ohne Wasser

In der Türkei sind die Sonnenblumen-Bauern ein Beispiel dafür, wie Extreme die Landwirtschaft beeinflussen. In Videos in sozialen Medien klagen sie verzweifelt über ihre gestressten Blumen unter sengender Hitze.

Seit fast vier Monaten habe es in Thrakien, wo etwa 40 Prozent des Sonnenblumenöls entstehen, zu wenig geregnet, erklärt Ekrem Saylan, Leiter der örtlichen Landwirtschaftskammer. Die Ernten dürften im Vergleich zum Vorjahr um 50 bis 60 Prozent zurückgehen – bei geringerem Ölgehalt und geringerer Qualität. Die Bauern versuchen, sich anzupassen.

Auch die bei Urlaubern beliebte Ägäis ist stark von Trockenheit betroffen. Wegen sinkender Pegelstände an den Staudämmen stellen die Millionenmetropole Izmir oder der Urlaubsort Bodrum das Trinkwasser zurzeit stundenweise ab. Im Juli und August müssen in den Touristenregionen noch deutlich mehr Menschen mit Trinkwasser versorgt werden.

Eine Anfang Juli veröffentlichte Studie einer Nichtregierungsorganisation schätzt, dass 88 Prozent der Türkei von Wüstenbildung bedroht sind. Experten gehen davon aus, dass die Niederschlagsmenge bis zum Ende des Jahrhunderts um ein Drittel zurückgehen wird. Die Temperaturen könnten im Vergleich zu den zwischen 1961 und 1990 gemessenen Durchschnittstemperaturen um fünf bis sechs Grad steigen.