Über die Mopedclique kennengelernt

Ehepaar Müller aus Weissach im Tal feiert goldene Hochzeit – Ihm haben es Oldtimer angetan, ihr bunte Stoffe und Kleider

Am heutigen Donnerstag sind Ilona und Gotthold Müller seit 50 Jahren verheiratet. Das Fest der goldenen Hochzeit wird das Jubelpaar mit Familie und Freunden feiern. Auch die beiden Enkel Susanna Katharina und Julian Marlon sind dabei. Am Wochenende erwarten die Müllers etwa 150 Gäste.

Über die Mopedclique kennengelernt

Sie hatte schon im Alter von 14 Jahren nur Augen für ihn: Ilona und Gotthold Müller aus Unterweissach. Foto: A. Becher

Von Hans-Christoph Werner

WEISSACH IM TAL. Gerade mal 14 Jahre war Ilona Müller, damals noch Ehrhardt, als sie ihren Gotthold kennenlernte. Letzterer war bereits 18 und stolzer Besitzer eines Mopeds. Und so traf man sich unter Gleichgesinnten, hier und da. In der Mopedclique. Um das Jahr 1968 muss das gewesen sein. Als sie ihren späteren Ehemann erspähte, so sagt Ilona Müller, war einer ihrer ersten Eindrücke: „Der muss weg von der Straße.“

Da so ein Moped Platz für zwei hat, bot Gotthold Müller seine Fahrdienste an. Unter anderem holte er seine junge Freundin vom Konfirmandenunterricht ab. Konfirmator, Pfarrer Dieter Eisenhardt, entging das natürlich nicht. Und so nahm er seine Konfirmandin einmal diskret zur Seite. Was Dieter Eisenhardt ihr gesagt hat, verrät Ilona Müller nicht. Aber was sie gesagt hat, das weiß sie noch genau: „Den heirate ich.“

Es waren noch andere Zeiten, im Jahr 1970, vor allem, wenn man heiraten wollte und die Volljährigkeit erst mit 21 Jahren attestiert wurde. Das Ansinnen der damals 16-Jährigen und des 20-Jährigen führte dazu, dass Gotthold Müller beim Jugendamt antreten musste. Geduldig hörte sich der junge Mann die einstündige Belehrung an, ließ sich von seinem Entschluss aber nicht abbringen: „Und wir heiraten doch.“

Trotz winterlicher Temperaturen im Januar ging’s für Ilona Müller ganz im Stil der Zeit im weißen Minikleid vor den Traualtar. Gewohnt hat das junge Paar dann im Haus der Eltern von Ilona Müller im Mühlweg. Und da wohnen die Müllers heute noch. Freilich hat sich das Haus durch Um- und Anbauten und Gartenanlage stark geändert. Überhaupt haben die Eltern von Ilona Müller das junge Paar stark unterstützt. Sie nahmen sich auch des Sohnes Uwe Martin an, der 1970 das Licht der Welt erblickte.

Beide, so sagen die Eheleute heute, hätten einander viel Freiraum eingeräumt. Und so hätten sie sich weiterentwickeln können. Das mit dem Freiraum muss man freilich richtig verstehen. Was den Freiraum angeht, fügt Ilona Müller augenzwinkernd ihren Rat für alle Ehemänner hinzu: „Der Knopf bleibt zu!“

Gotthold Müller, gelernter Kfz-Mechaniker, war einer der ersten Monteure bei AMG in Burgstall beziehungsweise Affalterbach. Die zahlreichen Fotos zusammen mit bekannten Rennfahrern, die im Haus hängen, erinnern an diese Zeit. Kein Wunder, dass der Mechaniker Oldtimer sammelt und restauriert – bis zum heutigen Tag. Von seinem Hobby wissend, legte Ilona Müller jeweils einmal im Jahr einen Teil ihres Einkommens zurück. Als ihr Mann ihr eines Tages von einem zum Verkauf stehenden Oldtimer vorschwärmte, konnte sie ihn damit überraschen, dass das Geld bereits vorhanden war.

Ilona Müller besaß zunächst gar keinen eigenen Führerschein. Auto zu fahren war Männerdomäne. Heimlich besuchte sie die Fahrschule. Als sie dann mit 18 die Fahrprüfung abgelegt hatte, konnte sie ihren Mann damit überraschen, dass sie ihn mit dem Familienauto von der Arbeit abholte.

Auch Ilona Müller entwickelte im Lauf der gemeinsamen Jahre ihre Talente. An Mode und schönen Stoffen war sie schon immer interessiert. Die Jubilarin arbeitete in der Branche bis zur Selbstständigkeit; zusammen mit ihrer Partnerin Claudi Weiss übernahm sie 1990 die Modeboutique in der Forststraße in Unterweissach. Ihr Mann war es, der das Ansinnen zuvorderst unterstützte. Als die Anzeige in der BKZ erschien, war er es, der die Bewerbung wegen der Anmietung des Ladens noch am selben Tag bei der Zeitung abgab.

Das Haus der Müllers ist gefüllt mit einzigartigem Schmuck und Inventar. Mittendrin Bilder von Ilona Müller. Ihr Mann habe ihr einst Farben und Leinwand zum Geburtstag geschenkt. Als sie dann das erste Bild fertigstellte, freute er sich königlich: „Ich hab’s gewusst, du bist eine Künstlerin!“ Leidenschaftlich gern feiern die Müllers. Haus und Garten sind Festambiente. „Langweilig“, so sagt Ilona Müller im Blick auf die gemeinsamen Jahre, „war es in 1000 Jahren nie.“ Und wer die beiden in ihrer frischen und lebenszugewandten Art erlebt, der nimmt ihnen das ab. Noch heute überraschen sie einander. Zum Beispiel er, indem er für sie einen kleinen Hinweis aufschreibt, der mit den Worten beginnt: „Ilonchen, meine ewige Liebe...“