Überfall auf ZDF-Team wie „hässliches Kriegsfilm-Bild“

dpa Berlin. Von seinem Schock hat sich der bekannte Fernseh-Satiriker Abdelkarim wieder erholt. Ganz fassen kann er die Aggression der Täter, die ihn und sein Team am 1. Mai überfielen, immer noch nicht.

Überfall auf ZDF-Team wie „hässliches Kriegsfilm-Bild“

Die Ausrüstung des Kamerateams liegt nach der Attacke auf dem Boden. Foto: Christoph Soeder/dpa

Der Satiriker Abdelkarim hat den Überfall auf sein ZDF-Kamerateam am Freitag in Berlin nach eigener Aussage wie einen brutalen Kriegsfilm erlebt.

Als die 15 bis 20 Angreifer wie aus dem Nichts auf das Team zugestürmt seien, habe er instinktiv die Flucht ergriffen, sich aber kurz darauf umgedreht, um zu klären, ob er noch eingreifen könne, sagte er der Deutschen Presse-Agentur: „Das war wie ein richtig hässliches Kriegsfilm-Bild, ein Haufen aggressiver Menschen, die auf andere wehrlose Menschen einschlugen. Manche lagen schon auf dem Boden. So etwas habe ich noch nie erlebt, so feige, brutal und asozial. Ich wusste sofort, dass ich keine Chance habe, da irgendwie zu helfen.“

Er habe dann Polizisten gesucht und alarmiert und sei mit ihnen zu seinem Team und den drei Wachleuten zurückgekehrt, sagte Abdelkarim (38). „Am Tatort waren alle benommen und schockiert, mindestens zwei Menschen lagen auf dem Boden, manche bluteten im Gesicht und hatten Verletzungen.“

Über die Angreifer sagte Abdelkarim: „Viele waren schwarz gekleidet und vermummt, aber die hatten keine Sturmhauben auf, das war nichts Einheitliches, eher so eine Mischmasch-Vermummung. Einer mit einer Wollmütze, ein anderer mit einem Tuch. Ein Kollege erzählte danach, es seien Männer und Frauen gewesen. Und dass jemand sowas gerufen habe wie: „Jetzt kriegt ihr auf die Fresse.“ Aber es war kein Slogan oder Ähnliches.“

Die Polizei hatte kurz nach dem Angriff sechs verdächtige junge Männer und Frauen festgenommen. Am Samstag wurden sie wieder freigelassen, „weil die Beweislage für einen dringenden Tatverdacht nicht ausreichte“ oder es keine Haftgründe gebe. Sie seien „nach polizeilichen Erkenntnissen teilweise der „linken Szene“ zuzurechnen“. Aus Sicherheitskreisen hieß es am Montag, eine der polizeilich bekannten Personen sei seit 2015 als „Gewalttäter“ aus dem linken Spektrum bekannt.

Ob es zuvor Streit zwischen Demonstranten und dem Team gegeben hat, ist weiterhin unklar. Abdelkarim sagte: „Es gibt wohl Berichte, dass Demonstranten Streit mit dem Team hatten, weil sie nicht gefilmt werden wollten. Wenn es so einen Streit gegeben haben sollte, dann auf jeden Fall nicht in meiner Gegenwart.“ Er habe während der gesamten Dreharbeiten „keinen Streit mitbekommen“. Allerdings habe das Team auch zwischenzeitlich selbstständig einige Eindrücke von der Demonstration gedreht.

In der ZDF-„heute“-Sendung hatte Abdelkarim am Montag gesagt, die Stimmung bei vielen Menschen rund um den abgesperrten Rosa-Luxemburg-Platz sei „sehr aufgeheizt“, „laut und hektisch“ gewesen.

Verschiedene Gruppen hatten dort demonstriert. An einer Kundgebung gegen die Corona-Regeln nahmen auch Rechtspopulisten und Anhänger von Verschwörungstheorien teil. Zudem gab es eine linke Gegendemonstration gegen diese erste Kundgebung.

Die Polizei äußerte sich am Dienstag nicht zu einem angeblichen Streit. Zur Aufklärung will sie Videos oder Fotos auswerten, die die Tat, die Umgebung und die Bewegungen der Täter vorher und nachher zeigen.

Der Deutsche Presserat forderte einen besseren staatlichen Schutz von Medienvertretern. „Es ist nicht akzeptabel, dass Kamerateams von privaten Sicherheitskräften begleitet werden müssen“, so der designierte Sprecher des Presserats, Johannes Endres. „Der Schutz der Pressefreiheit ist verfassungsmäßige Aufgabe des Staates.“

Die Bundesregierung hatte die Tat am Montag scharf verurteilt. „Wer Journalisten angreift, bedroht, verletzt, der steht weit außerhalb unserer demokratischen Ordnung und der muss uns alle gegen sich haben“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. „Wir sehen seit längerem, dass Extremisten aller Richtungen die Pressefreiheit, eines unserer wichtigsten Grundrechte, buchstäblich mit Füßen treten.“ Es sei traurig, dass die Begleitung durch Sicherheitsleute für Journalisten bei vielen Demonstrationen inzwischen obligatorisch sei.