Risiko steigt

Unfallzahl im Südwesten steigt: Warum Pedelec-Unfälle so oft tödlich enden

Pedelecs sind beliebt, aber auch riskant: In diesem Jahr kamen bereits mehr Menschen bei Unfällen ums Leben als im Vorjahr. Warum das Risiko steigt.

Unfallzahl im Südwesten steigt: Warum Pedelec-Unfälle so oft tödlich enden

Die Zahl der Unfälle mit beteiligten Pedelecs steigt. (Symbolbild)

Von red/dpa/lsw

Fahrräder mit Elektromotor erfreuen sich wachsender Beliebtheit – doch mit der zunehmenden Nutzung der schnellen Bikes steigen auch die Unfallzahlen, insbesondere die Zahl tödlicher Unfälle mit Pedelecs. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres sind bereits erheblich mehr Menschen auf ihrem Pedelec ums Leben gekommen als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Nach einer Statistik des Innenministeriums überlebten 22 Menschen ihre Pedelec-Fahrt nicht, das sind mehr als doppelt so viele wie im ersten Halbjahr 2024, als neun Todesfälle registriert wurden. Auch die Zahl der Schwer- und der Leichtverletzten nahm zu.

Pedelecs vor allem bei Älteren beliebt

Pedelecs sind vor allem bei älteren Menschen beliebt – entsprechend hoch ist deren Anteil unter den Unfallopfern: 16 der 22 Toten waren Senioren. „Immer mehr ältere Menschen entscheiden sich für das Pedelec“, sagte der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) im Vorfeld der Halbjahresbilanz zu Verkehrsunfällen im Land. „Mit den steigenden Nutzerzahlen geht freilich auch eine Zunahme der Verkehrsunfälle einher.“

Ein Blick auf aktuelle Fälle bestätigt den Trend: Mitte Juni verunglückte in Heidenheim ein Mann tödlich, als er mit seinem Pedelec stürzte. Wenige Tage zuvor wurde eine Frau in Illerkirchberg (Alb-Donau-Kreis) von einem Auto erfasst. In Freudenstadt starb ein Pedelec-Fahrer nach einem Zusammenstoß mit einem Zug an einem Bahnübergang.

Die Statistik zeigt: Wer mit einem Elektrofahrrad unterwegs ist, trägt ein höheres Unfallrisiko als Nutzer herkömmlicher Fahrräder. 2024 registrierte die Polizei nach Angaben des Innenministeriums 12.343 Fahrradunfälle – mit und ohne Motor. Das waren zwar 2,4 Prozent weniger als im Jahr zuvor, auch die Zahl der Todesopfer ging um 5 auf 57 Radlerinnen und Radler zurück.

Jeder dritte Unfall mit Pedelec

Doch unter den 57 Todesopfern waren 33 mit einem Elektromotor unterwegs – also mehr als die Hälfte. Bei rund jedem dritten Unfall war ein Pedelec beteiligt (4.204 Fälle).

Die neuen Zahlen sind aus Sicht des verkehrspolitischen Sprechers der FDP-Landtagsfraktion, Christian Jung, erschütternd. Er will das Thema über einen Antrag im nächsten Verkehrsausschuss des Landtags ansprechen. „Wir brauchen dringend ein wirksames Handlungskonzept, um die Sicherheit – insbesondere für Pedelec-Fahrende – deutlich zu verbessern“, sagte Jung.

Beliebtheit, Tempo und Alter

Als einen Grund für den Unfall-Anstieg in den vergangenen Jahren nennt das Statistische Bundesamt die gestiegene Beliebtheit der Pedelecs. Hinzu kommt: Elektrofahrräder beschleunigen schneller, sind schwerer und erreichen höhere Durchschnittsgeschwindigkeiten. Das macht sie im Ernstfall schwerer kontrollierbar.

Ein schwereres Bike lässt sich schlechter ausbalancieren, plötzliche Ausweichmanöver sind schwieriger als mit einem normalen und leichteren Fahrrad, das man schneller wieder in den Griff bekommen kann. Die Folge: Die Gefahr zu stürzen oder in einen Unfall verwickelt zu werden, steigt.

ADFC zieht Bilanz

Laut Allgemeinem Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) legen Pedelec-Nutzer zudem längere Strecken zurück und fahren häufiger – auch das erhöht das Unfallrisiko. Außerdem sind von Pedelec-Fahrerinnen und -Fahrern im Durchschnitt älter als Radfahrende insgesamt.

Elektrofahrräder sind in drei Klassen unterteilt: Pedelec, E-Bike und S-Pedelec. Nur das Pedelec ist dem Fahrrad rechtlich gleichgestellt. Pedelecs sind Elektrofahrräder, die Radfahrende bis maximal 250 Watt während des Tretens und nur bis zu einer Geschwindigkeit von 25 Kilometern pro Stunde unterstützen.

Die schnellen Pedelecs, auch Schweizer Klasse oder S-Pedelecs genannt, gehören rechtlich zu den Kleinkrafträdern. Sie funktionieren zwar wie ein Pedelec, aber die Motorunterstützung wird erst bei einer Geschwindigkeit von 45 Stundenkilometern abgeschaltet. Wer ein S-Pedelec fährt, braucht Betriebserlaubnis, Versicherungskennzeichen und Schutzhelm.

E-Bikes dagegen sind mit einem Elektromofa zu vergleichen und lassen sich mit Hilfe des Elektroantriebs durch einen Drehgriff oder Schaltknopf fahren, auch ohne dabei in die Pedale zu treten. Wird die Motorleistung von 500 Watt und eine Höchstgeschwindigkeit von maximal 20 Kilometern in der Stunde nicht überschritten, gelten diese Fahrzeuge als Kleinkraftrad.

Die vorliegende Statistik des Innenministeriums erfasst ausschließlich Pedelec-Unfälle – S-Pedelecs und E-Bikes sind darin nicht enthalten.