Unions-Klimapläne: CO2-Preis über Handel

dpa Berlin. Klimaschutz ist zwar nicht zum Nulltarif zu haben - eine soziale Abfederung soll es aber geben. Eine große Herausforderung für die Koalition. Nun zeichnet sich immer deutlicher ab, was die Union will.

Unions-Klimapläne: CO2-Preis über Handel

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble spricht zum Beginn des CDU-„Werkstattgesprächs“ zum Klimaschutz in Berlin. Foto: Michael Kappeler

Die Union setzt für mehr Klimaschutz auf einen nationalen Emissionshandel beim Verkehr und beim Heizen - will dafür aber Pendler entlasten. Sie strebt außerdem Maßnahmen gegen Dumping-Flugpreise an und zur Senkung der Strompreise.

Bahnfahren und der öffentliche Nahverkehr sollen attraktiver werden, damit mehr Menschen vom Auto umsteigen. Die CSU im Bundestag spricht sich in einem Papier für einen „gesellschaftlichen Klimapakt“ aus. Die CDU diskutierte in einem „Werkstattgespräch“ über Klimaschutz. Zweieinhalb Wochen vor weitreichenden Entscheidungen des Klimakabinetts werden die Pläne der Union damit konkreter.

Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) verteidigte indessen die von ihm vorgeschlagenen Beiträge zu einem Gesamtkonzept gegen Kritik etwa aus dem SPD-geführten Umweltressort. Das Ressort sei bei der Entwicklung der Vorschläge seines Ministeriums in verschiedenen Entscheiderkreisen dabei gewesen, sagte Scheuer am Rande der Klausurtagung. Das Ministerium von Svenja Schulze (SPD) habe diesen Maßnahmen und deren Wirkung sogar zugestimmt, hinterfrage diese aber nun plötzlich. „Das ist neu.“

Die CDU-Spitze setzt in einem internen Arbeitspapier auf einen Mix aus höherer Bepreisung über einen Zertifikatehandel, Entlastungen etwa bei den Strompreisen sowie Förderanreize. CDU und CSU wollen wenige Tage vor dem Klimakabinett, das am 20. September berät, ein gemeinsames Konzept vorlegen.

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer sieht den Klimaschutz als eines der wichtigsten Themen der kommenden Jahrzehnte in Deutschland und Europa. Dabei sei die nachhaltige Bewahrung der Schöpfung, der Klimaschutz, nicht nur ein Thema der Grünen, sondern liege in der DNA der CDU, sagte Kramp-Karrenbauer am Dienstag in Berlin zum Abschluss des „Werkstattgesprächs“. Es müsse sichergestellt werden, dass nicht in jeder neuen Legislaturperiode mit neuen politischen Rahmenbedingungen alles wieder in Frage gestellt werden könne. Daher sei ein nationaler Klimakonsens nötig.

Unionsfraktionsvize Andreas Jung unterstrich, dass die Einnahmen über eine CO2-Bepreisung Bürgern und Betrieben vollständig zurückgegeben werden sollten. Jung sprach sich für einen schnellen Einstieg in den Emissionshandel aus. Offen blieb in den Werkstattgesprächen, ob die CDU, wie aus der CSU vorgeschlagen, einen Aufschlag auf Billigflüge gutheißt. Kramp-Karrenbauer sagte, CDU und CSU gingen in enger Abstimmung vor, seien aber nicht in jedem Punkt gleicher Meinung.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt bezeichnete das Zustandekommen eines Klimapakets mit der SPD als „Lackmustest“ für die schwarz-rote Koalition. „Nur wenn wir das erfolgreich hinbekommen, hat die große Koalition eine Chance auf mehr Zustimmung und kann ihre Handlungsfähigkeit zeigen“, sagte Dobrindt bei der Klausur der Landesgruppe, wie die dpa aus Teilnehmerkreisen erfuhr. Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) hatte den Fortbestand der Koalition mit Fortschritten in der Klimapolitik verknüpft.

Im sogenannten Klimakabinett der Bundesregierung liegen eine Reihe von Vorschlägen auf dem Tisch, damit Deutschland beim Einsparen des klimaschädlichen Treibhausgases CO2 schneller vorankommt. Das Klimakabinett soll Beschlüsse fassen, damit Deutschland sein Klimaschutz-Ziel für 2030 - 55 Prozent weniger Treibhausgas-Ausstoß als 1990 - sicher erreicht. Derzeit reißt Deutschland sowohl eigene als auch international verbindliche Ziele im Kampf gegen die Erderwärmung.

Über den Weg zur CO2-Einsparung gibt es unterschiedliche Auffassungen in der Koalition. Umweltministerin Schulze will keinen Emissionshandel, sondern eine Erhöhung der Energiesteuern für Sprit, Heizöl und Benzin - die Einnahmen will sie den Bürgern über eine Kopfpauschale zurückzahlen. Die CSU dagegen will fossile Kraftstoffe wie Kohle, Öl und Gas über einen nationalen Handel mit CO2-Verschmutzungsrechten auch im Verkehr und bei Gebäuden teurer machen.

Auf EU-Ebene müssen Energiewirtschaft und Teile der Industrie bereits Zertifikate erwerben für jede Tonne CO2, die sie ausstoßen. Die Zahl dieser Zertifikate ist begrenzt, um den Treibhausgas-Ausstoß zu kappen, einen Höchstpreis gibt es aber nicht - die CSU will auf nationaler Ebene eine Obergrenze für den Preis der Zertifikate. Wenn alle betroffenen Unternehmen den Höchstpreis bieten, solle die Zahl der Zertifikate - also der Emissionsrechte - „durch nationale und internationale Aufforstungsprojekte generiert werden“. Das System solle „schnellstmöglich“ auch auf EU-Ebene umgesetzt werden.

Damit die Einführung eines Emissionshandels wirkt, will die CSU zeitgleich Maßnahmen für Anreize auf den Weg bringen - etwa durch die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung und eine Erhöhung der Pendlerpauschale - um bei höheren Spritkosten eine Einschränkung der Mobilität vor allem für Berufspendler zu verhindern. Um die Klimaziele zu erreichen, müssten in den nächsten Jahren Milliarden in Klimaschutzmaßnahmen und Klimainnovationen investiert werden.

Die CSU erneuerte zudem die umstrittene Forderung nach einer Strafsteuer auf Flugtickets zu Dumpingpreisen. Die Bahn müsse gerade gegenüber dem Luftverkehr wettbewerbsfähiger werden. Deshalb solle die Mehrwertsteuer auf Bahntickets im Fernverkehr gesenkt werden. In einem Papier der CDU-Spitze wurde noch ähnlich argumentiert. Allerdings wollte sich die zuständige Arbeitsgruppe bei dem Werkstattgespräch nicht festlegen.