Die UNO wirft Israel vor, seit fünf Monaten die Lieferung von Zelten in den Gazastreifen zu blockieren. Mehr als 700.000 Menschen wurden vertrieben, die Lage ist katastrophal.
Deir al-Balah: Palästinenser beeilen sich, humanitäre Hilfspakete aus den Vereinigten Arabischen Emiraten einzusammeln, die im zentralen Gazastreifen mit Fallschirmen abgeworfen wurden.
Von red/AFP
Die UNO hat Israel vorgeworfen, die Lieferung von Zelten in den Gazastreifen zu blockieren. Seit etwa fünf Monaten stoppe Israel solche Hilfslieferungen, sagte der Sprecher des UN-Büros für humanitäre Angelegenheiten, Jens Laerke, am Dienstag vor Journalisten in Genf. In dem Zeitraum seien mehr als 700.000 Menschen im Gazastreifen teils mehrfach vertrieben worden.
Laerke vermutete, möglicherweise stufe die israelische Armee Zelte als sogenannte Dual-Use-Güter ein, also Güter, die sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke genutzt werden können. Die Zeltstangen könnten nach dieser Definition für militärische Zwecke zum Einsatz kommen, erklärte er.
Das israelische Sicherheitskabinett hatte vor einer Woche eine Ausweitung des Einsatzes gegen die Hamas beschlossen. Das Militär will nach eigenen Angaben die Stadt Gaza und die in Al-Mawasi im Zentrum des Gazastreifens liegenden Flüchtlingslager einnehmen. Das UN-Menschenrechtsbüro warnte in der Folge, zahlreiche weitere Menschen könnten bei den Angriffen vertrieben werden.
UNO wirft Israel vor, wartende Palästinenser an Hilfslieferzentren anzugreifen
Ihre Lage ist bereits katastrophal. In den Lagern in Al-Mawasi hätten die Menschen "kaum oder gar keinen Zugang zu lebensnotwendigen Gütern, darunter vor allem Essen, Wasser, Strom und Zelte", sagte der Sprecher des UN-Menschenrechtsbüros, Thameen Al-Kheetan. Im gesamten Gazastreifen drohe eine Hungersnot.
"Das ist das direkte Ergebnis der Politik der israelischen Regierung, die humanitäre Hilfe blockiert", sagte Al-Kheetan. "In den vergangenen Wochen haben die israelischen Behörden nur eine deutlich kleinere Menge an Hilfe zugelassen als erforderlich wäre, um eine weitverbreitete Hungersnot zu verhindern."
Die UNO wirft der israelischen Armee zudem vor, wartende Palästinenser an Verteilzentren für Hilfslieferungen anzugreifen. Seit Ende Mai seien mindestens 1857 Menschen getötet worden, während sie auf der Suche nach Hilfe und Essenspaketen waren, 1021 von ihnen in der Nähe von Einrichtungen der von Israel finanzierten GHF-Stiftung, erklärte Al-Kheetan. Für die meisten dieser Angriffe sei offenbar die israelische Armee verantwortlich.
GHF arbeite mit der israelischen Armee zusammen
Die GHF selbst hatte am Montag mitgeteilt, sie habe "gezeigt, dass die Hilfen sicher und in großem Maßstab geliefert werden können". Die UNO und andere Hilfsorganisationen verweigern die Zusammenarbeit mit der Stiftung und werfen ihr vor, mit der israelischen Armee zusammenzuarbeiten.
Die Hamas und ihre Verbündeten hatten mit ihrem Großangriff auf Israel am 7. Oktober 2023 den Krieg im Gazastreifen ausgelöst. Bei dem Angriff wurden nach israelischen Angaben mehr als 1200 Menschen getötet, 251 Menschen wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Fast zwei Jahre danach hält die Hamas in dem Palästinensergebiet noch immer 49 Geiseln in ihrer Gewalt. Nur 22 von ihnen sind nach Einschätzung der israelischen Armee noch am Leben.
Israel geht seit dem Hamas-Großangriff massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden bislang mehr als 62.000 Menschen getötet. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen, werden von den Vereinten Nationen aber als realistisch eingestuft.