Unternehmer aus Backnang wagt den zweiten Neustart

Vor 17 Jahren hat der Backnanger Patrick Theobald sein erstes IT-Unternehmen gegründet. Als ihm die Firma zu groß wurde, hat er sie verkauft und ein neues Start-up aufgebaut. Heute beschäftigt er schon wieder mehr als 30 Angestellte.

Unternehmer aus Backnang wagt den zweiten Neustart

Patrick Theobald in den Räumen seiner Firma Peakboard in Stuttgart. Obwohl der Unternehmer seit mehr als 20 Jahren in der Landeshauptstadt lebt, pflegt er noch viele Kontakte in seiner Heimatstadt Backnang. Foto: Mariusz Rogalski

Von Kornelius Fritz

Backnang/Stuttgart. Eigentlich könnte Patrick Theobald längst in der Karibik am Strand liegen und sein Leben genießen. Vor einem Jahr hat der 46-Jährige seine Firma Theobald Software an eine Beteiligungsgesellschaft verkauft und dafür einen zweistelligen Millionenbetrag kassiert. Doch er finanziert mit diesem Geld kein Luxusleben. „Ich glaube nicht, dass einen das glücklich macht“, sagt er. Stattdessen steckt er die Millionen lieber in sein nächstes Firmenprojekt und arbeitet noch mehr als zuvor.

Was Patrick Theobald antreibt, ist nicht das Geld, sondern der Wunsch, „Dinge ans Laufen zu kriegen“. Schon als Schüler am Backnanger Max-Born-Gymnasium hat er damit begonnen, in seinem Kinderzimmer Computerspiele zu programmieren. Diese bewarb er dann per Kleinanzeigen in Computerzeitschriften und verschickte sie auf Disketten an seine Kunden.

In der Schule lief es hingegen weniger gut für ihn: „Beim Abitur war ich der Zweitschlechteste meines Jahrgangs“, erinnert sich Theobald. Selbst den Informatikunterricht hat er in schlechter Erinnerung: „Der war sehr praxisfremd und hatte eigentlich nichts mit Programmieren zu tun.“ So schrieb er sich an der Uni in Stuttgart für ein Physikstudium ein, das Programmieren blieb zunächst nur ein Hobby.

Im Konfirmationsanzug zum Gespräch bei Würth

Das änderte sich allerdings schnell, als die Firma Würth auf ihn aufmerksam wurde. Der Schraubenhersteller aus Künzelsau hatte mitbekommen, dass Theobald ein Programm entwickelt hatte, mit dem man einfach Balkencodes generieren kann. Im Konfirmationsanzug sei er zum ersten Gespräch erschienen, erinnert sich Patrick Theobald lachend. Heute weiß er auch, dass der Preis, den ihm die feinen Herren damals für sein Programm boten, viel zu niedrig war.

Aber es blieb nicht bei diesem einen Auftrag. Das Großunternehmen war gerade dabei, seine komplette Lagerlogistik zu optimieren, und bat den Studenten um Unterstützung. „Auf einmal war ich Teil des Projektteams“, erinnert sich der 46-Jährige, der dafür an der Uni zunächst eine Pause einlegte und sein Studium schließlich ganz an den Nagel hängte.

2006 kommt die Idee, die zum Grundstein von Theobald Software wird

Fünf Jahre lang arbeitete Patrick Theobald für Würth und programmierte in dieser Zeit unter anderem eine Schnittstelle, die einen einfachen Datenaustausch zwischen der Lagersoftware und dem SAP-System des Unternehmens ermöglicht. Ein aufwendiges Projekt, das laut Theobald aber ein „nerviges Problem“ löste, das nicht nur Würth beschäftigte. So kam ihm 2006 die Idee, eine standardisierte Schnittstelle zu programmieren und diese auch an andere Firmen zu verkaufen. Das war die Geburtsstunde von Theobald Software.

Schnell zeigte sich, dass er den richtigen Riecher hatte, denn die Nachfrage war enorm. Mittelständler und Großkonzerne aus der ganzen Welt wollten die Schnittstelle kaufen. Heute hat Theobald Software 3800 Kunden in 90 Ländern, darunter mehr als die Hälfte der DAX-Konzerne. Die Firma, die der Backnanger als Ein-Mann-Betrieb in Stuttgart gegründet hat, beschäftigt mittlerweile 60 Mitarbeiter.

„Dass es so groß geworden ist, war ein Unfall“, sagt Patrick Theobald. Was klingt wie ein Scherz, enthält durchaus einen Funken Wahrheit, denn für den Unternehmer hatte das schnelle Wachstum nicht nur positive Folgen. Statt selbst Programme zu schreiben, musste er nun plötzlich ein mittelständisches Unternehmen leiten und Kundenbeziehungen pflegen. „Dabei bin ich eigentlich eher der Bastler.“

Gleichzeitig hätte der Gründer gerne eine neue Geschäftsidee verwirklicht, doch dafür fehlte ihm die Zeit. So fasste er den Entschluss, sein Unternehmen zu verkaufen. Danach habe er sich wie befreit gefühlt, erzählt er. Auch für die Firma sei es die beste Lösung gewesen. In seine Nachfolger hat Theobald volles Vertrauen. Als Beiratsmitglied bleibt er der Firma, die seinen Namen trägt, aber nach wie vor verbunden.

Seit einer Taiwan-Reise lernt der Unternehmer Chinesisch

Sein Hauptaugenmerk gilt nun aber Peakboard. Das neue Unternehmen beruht auf einer Erfahrung, die Patrick Theobald bereits bei Würth gemacht hat. Dort hat er immer wieder erlebt, wie Lagerarbeiter oder Maschinenführer mit komplizierten Computerprogrammen zu kämpfen hatten. „Wenn Nichtbüroleute Software bedienen müssen, tun sie sich oft schwer damit“, hat er festgestellt. Daraus entstand eine Geschäftsidee: „Wir müssen die Bedienung so einfach wie bei einem iPhone machen.“ Das steigere die Produktivität und die Zufriedenheit der Beschäftigten.

Was noch bei der alten Firma als Randbereich begann, beschäftigt Patrick Theobald nun von früh bis spät, und er ist davon überzeugt, dass diese Idee sogar noch mehr Potenzial hat als die erste. 300 Kunden ein Jahr nach der Gründung scheinen diese Einschätzung zu bestätigen. Eine Niederlassung in den USA hat Peakboard auch schon eröffnet. Als Nächstes hat Patrick Theobald den asiatischen Markt im Visier. Mit Asien verbindet ihn eine besondere Beziehung, seit er 2018 eine Auszeit genommen und mehrere Monate in Taiwan verbracht hat. Seitdem lernt er auch regelmäßig Chinesisch. Für den Small Talk mit chinesischen Geschäftspartnern reiche es schon, erzählt er, die Vertragsverhandlungen führt er aber noch lieber auf Englisch.

Einen dritten Anlauf soll es nicht geben

Mit der neuen Firma kann der Backnanger nun wieder das machen, was er am liebsten tut: Dinge ins Laufen bringen. Inzwischen hat Peakboard auch schon mehr als 30 Beschäftigte. Bis Ende 2024 soll das Unternehmen profitabel werden.

Aber was macht Patrick Theobald, wenn seine Wachstumsprognosen stimmen und ihm auch die neue Firma irgendwann zu groß wird? „Ein drittes Mal werde ich nicht von vorne anfangen“, sagt der Gründer und lacht. Vielleicht wird er eines Tages dann doch noch das süße Leben genießen – aber wohl eher in Taiwan als in der Karibik.