US-Ermittler vereiteln Pläne für Entführung von Gouverneurin

dpa Washington. Sturm auf das Kapitol, Entführung der Gouverneurin, Anzetteln eines Bürgerkriegs: Im US-Bundesstaat Michigan gibt es nach der Festname von 13 Verdächtigen schwerwiegende Vorwürfe. Gouverneurin Whitmer hat einen Verdacht, wer sie angestachelt haben könnte.

US-Ermittler vereiteln Pläne für Entführung von Gouverneurin

Gretchen Whitmer, Gouverneurin von Michigan, spricht zu Journalisten. Mehrere Verdächtige sollen im US-Bundesstaat Michigan einen Komplott gegen die Regierung und die Entführung von Whitmer geplant haben. Foto: Uncredited/POOL Michigan Governors Office/AP/dpa

Im US-Bundesstaat Michigan haben Ermittler Pläne für die Entführung der demokratischen Gouverneurin Gretchen Whitmer und einen Komplott gegen die dortige Regierung durchkreuzt. Die Behörden nahmen insgesamt 13 Verdächtige fest.

Whitmer deutete am Donnerstag (Ortszeit) an, dass sich mutmaßliche Extremisten wie die Beschuldigten durch Äußerungen von US-Präsident Donald Trump motiviert fühlen könnten. Die Gouverneurin gehört zu den aufstrebenden Kräften in der Demokratischen Partei. Trump hatte sie mehrfach hart kritisiert.

Sechs der Festgenommenen drohen nun Anklagen auf Bundesebene. Parallel dazu verfolgt Michigans Justizministerium die Anklage von sieben anderen. Nach Angaben der Bundespolizei FBI soll geplant gewesen sein, Whitmer noch vor der Präsidentenwahl am 3. November zu entführen. In einem Gerichtsdokument mit Schilderungen der FBI-Ermittler heißt es, einer der Verdächtigen habe Ende Juli gesagt, Whitmer könne am besten bei Ankunft oder Verlassen ihres privaten Ferienhauses oder ihrer Sommerresidenz verschleppt werden.

Im August und September habe die Gruppe das Ferienhaus dann observiert. Offenbar zog sie in Erwägung, eine Bombe unter einer nahe gelegenen Brücke detonieren zu lassen, um ein Eingreifen der Polizei bei der Entführung zu verhindern, wie die Ermittler weiter schilderten. Im Falle einer Verurteilung drohen den Verdächtigen lebenslange Haftstrafen. Die Festnahmen seien am Mittwochabend erfolgt.

Whitmer sagte am Donnerstag: „Ich wusste, dass dieser Job hart werden würde. Aber um ehrlich zu sein, ich hätte mir niemals so etwas vorstellen können.“ Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wurden die Pläne mithilfe von Informanten, verdeckten Ermittlern und geheimen Aufnahmen von Gesprächen aufgedeckt. Staatsanwalt Andrew Birge bezeichnete die Verdächtigen als „gewalttätige Extremisten“.

Anfang des Jahres sei das FBI in sozialen Netzwerken darauf aufmerksam geworden, dass eine Gruppe von Leuten - zu der auch zwei der nun Festgenommenen gehörten - den „gewaltsamen Sturz bestimmter Regierungs- und Strafverfolgungskomponenten“ diskutiert habe. In einem Telefonat Mitte Juni soll einer der Verdächtigen gesagt haben, er benötige 200 Mann, um das Kapitol in der Hauptstadt Lansing zu stürmen und Geiseln zu nehmen, darunter die Gouverneurin. Whitmer solle dann wegen „Verrats“ vor Gericht gestellt werden.

Die sieben Männer, gegen die Michigans Justizministerin Dana Nessel eine Anklage erreichen will, sollen Mitglieder einer Miliz namens Wolverine Watchmen sein oder Verbindungen zu der Gruppe gehabt haben. Ihnen wird der Versuch vorgeworfen, Polizeibeamte anzugreifen und einen Bürgerkrieg anzuzetteln.

Whitmer hatte in der Corona-Krise strikte Ausgangsbeschränkungen verhängt. Das brachte ihr viel Lob ein, aber auch harsche Kritik, auch von Trump. Mehrere Wochen hintereinander zogen Demonstranten vor das Kapitol und warfen ihr „Tyrannei“ vor. Trump sprach den teils bewaffneten Demonstranten seine Unterstützung aus und zeigte Verständnis, dass sie ihr Leben zurückwollten. „Dies sind sehr gute Leute, aber sie sind wütend“, hatte er erklärt.

Während einer Protestaktion am 1. Mai drangen bewaffnete Demonstranten in das Gebäude ein. Michigan gehört zu den US-Bundesstaaten, in denen es Privatleuten erlaubt ist, offen Schusswaffen zu tragen. Ausgenommen sind Orte wie Banken, Gotteshäuser, Gerichte, Krankenhäuser oder Läden, die Alkohol verkaufen - nicht aber das Parlamentsgebäude.

Whitmer warf Trump vor, in der Corona-Krise Wut angefacht zu haben. „Dies sollte ein Moment nationaler Einheit sein. Stattdessen hat unser Staatsoberhaupt die vergangenen sieben Monate damit verbracht, die Wissenschaft zu verleugnen, seine eigenen Gesundheitsexperten zu ignorieren, Misstrauen zu schüren, Wut anzufachen und denjenigen Trost zu spenden, die Angst und Hass und Spaltung verbreiten“, sagte sie. Aus dem Gerichtsdokument geht nicht hervor, dass sich die mutmaßlichen Extremisten von Trump inspiriert gefühlt haben könnten.

Die Gouverneutin erinnerte daran, dass sich Trump vergangene Woche beim TV-Duell gegen Herausforderer Joe Biden weigerte, Rechtsextreme eindeutig zu verurteilen. „Wenn unsere Anführer sprechen, haben ihre Worte Bedeutung, sie haben Gewicht“, sagte sie. Trump beschwerte sich daraufhin in einem Tweet, dass Whitmer Vorwürfe gegen ihn erhebe, statt sich dafür zu bedanken, dass Sicherheitskräfte der Regierung die Entführung vereitelt hätten.

© dpa-infocom, dpa:201009-99-880656/3