Es geht um eine gerechtere Welt beim G20-Gipfel, doch allen voran die USA, aber auch Russland und China zeigen Gastgeber Südafrika die kalte Schulter. Die Europäische Union will davon profitieren.
G20-Gipfel ohne Chinas Staatschef Xi, US-Präsident Trump und Kremlchef Putin.
Von Von Kristin Palitza, Ansgar Haase, Michael Fischer und Martin Romanczyk, dpa
Johannesburg - Die Europäische Union will den Boykott des G20-Gipfels durch US-Präsident Donald Trump zu ihrem Vorteil nutzen. Vor Beginn des Treffens im südafrikanischen Johannesburg priesen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident António Costa die EU als verlässlichen Partner an, mit dem es sich lohne, fairen Handel zu treiben.
Deutschland wird von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) beim Gipfel am Samstag und Sonntag vertreten. Greifbare Ergebnisse sind vor allem wegen des Fernbleibens der USA kaum zu erwarten.
Gastgeber Südafrika will den Kampf gegen die Ungerechtigkeit in der Welt zum zentralen Thema machen. Am Rande dürften allerdings auch die jüngsten Entwicklungen im Ukraine-Krieg für Gesprächsstoff bei den Staats- und Regierungschefs sorgen.
Eine Initiative der USA, den russischen Angriffskrieg zu beenden, stößt bei Europäern auf Kritik. Sie befürchten, dass die Interessen der Ukraine zu kurz kommen werden und Russland für seine Aggression belohnt wird.
EU inszeniert sich als Gegenteil der Trump-Regierung
Für den ersten G20-Gipfel auf dem afrikanischen Kontinent hat Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa die Themen "Solidarität, Gleichheit und Nachhaltigkeit" auf die Tagesordnung gesetzt. Es geht ihm unter anderem um die Erleichterung der Schuldenlast von Schwellen- und Entwicklungsländern, eine gerechte Energiewende, faire und saubere Nutzung seltener Mineralien, faire Lastenteilung beim Klimaschutz und Ernährungssicherheit.
Niemand könne die globalen Herausforderungen allein angehen, sagte EU-Ratspräsident Costa. "Die Europäische Union ist hier. Wir sind berechenbare, verlässliche und vertrauenswürdige Partner." Vor dem Hintergrund der aggressiven US-Handelspolitik sagte Kommissionspräsidentin von der Leyen: "Wir werden uns weiterhin für Partnerschaft, Offenheit und fairen Wettbewerb einsetzen."
Was sagen die EU-Spitzen zu Trumps Rassismus-Vorwurf?
Mit den USA, China und Russland sind die drei mächtigsten Staaten der G20-Gruppe führender Industrie- und Schwellenländer nicht auf Chefebene vertreten: Der chinesische Präsident Xi Jinping schickt die Nummer zwei im Staat, Ministerpräsident Li Qiang. Der russische Staatschef Wladimir Putin stufte die Präsenz in Johannesburg noch deutlich weiter herunter. Putin lässt sich vom stellvertretenden Leiter der Präsidialverwaltung, Maxim Oreschkin, vertreten.
Die US-Regierung von Präsident Donald Trump boykottiert die Gipfelberatungen komplett. Trump beklagt eine Diskriminierung weißer Minderheiten in Südafrika, insbesondere der sogenannten Afrikaaner, die Nachfahren niederländischer Siedler sind. Sie führten in Südafrika bis Anfang der 1990er Jahre das rassistische Apartheid-Regime an, das die schwarze Bevölkerungsmehrheit systematisch diskriminierte.
Fachleute sehen den Völkermord-Vorwurf allerdings als nicht gerechtfertigt an und werfen Trump vor, eine in rechtsextremen Kreisen verbreitete Verschwörungstheorie vom sogenannten "weißen Genozid" aufzugreifen. Auch Südafrika weist die Vorwürfe als unbegründet zurück.
Von der Leyen und Costa wollten Trumps Behauptungen nicht kommentieren. Beide lobten den aktuellen Vorsitzenden der G20, Südafrikas Präsidenten Ramaphosa, der wichtige politische und wirtschaftliche Probleme in der Welt erfolgreich angegangen sei.
Merz will die Reise vor allem für Gespräche am Rande nutzen
Für Bundeskanzler Merz ist es die bislang längste Reise. Erstmals besucht er als Regierungschef Afrika. Vier Nächte - davon zwei im Regierungsflieger - und drei Tage wird der CDU-Chef unterwegs sein. Neben dem G20-Gipfel steht in Angola der EU-Afrika-Gipfel auf dem Programm.
Ungeachtet der Absagen der USA und anderer hielt Merz an seinen Reiseplänen fest. Dafür werden in seinem Umfeld drei Gründe genannt: Zum einen will der Kanzler die G20-Gipfel als internationales Gesprächsformat erhalten. Auch will er den Besuch in Johannesburg nutzen, um die Partnerschaft zu Afrika gerade im wirtschaftlichen Bereich zu vertiefen. Und dann bietet der Gipfel die Gelegenheit für bilaterale Gespräche, die Merz - sicher auch zum Thema Ukraine-Krieg - ausgiebig nutzen wird. Einige der Teilnehmer hat er bisher nicht näher kennengelernt, es ist seine G20-Premiere.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen preist Fairness und Verlässlichkeit der Europäischen Union im Umgang mit ihren Partnern an.
Cyril Ramaphosa, Präsident von Südafrika, wirbt bei den Kollegen aus reichen Industrie- und Schwellenländern dafür, die Welt gerechter zu gestalten.