Verbände beraten über bezahlbares Wohnen

dpa Berlin. Die Mieten steigen, Bauland wird teurer, die Zahl der Sozialwohnungen sinkt. Der Mieterbund sieht dringenden Handlungsbedarf, und als letztes Mittel auch die Vergesellschaftung von Grund und Boden.

Verbände beraten über bezahlbares Wohnen

Bauarbeiter arbeiten am Neubau eines Mehrfamilienhauses im städtebaulichen Großprojekt Wasserstadt Limmer. Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Wohnungsknappheit, steigende Baukosten und hohe Mieten beschäftigen heute Vertreter von Mietern, Vermietern und dem Bausektor.

Denn die Corona-Krise hat nach Branchendaten wenig geändert: Mieten und Kaufpreise für Wohnungen steigen vielerorts weiter kräftig. Der Deutsche Mieterbund tritt daher bei seinem Online-Mietertag für einen bundesweiten Mietenstopp und milliardenschwere staatliche Investitionen auf dem Wohnungsmarkt ein.

Von der nächsten Bundesregierung verlangt der Mieterbund so etwa deutlich mehr Neubau, mehr Sozialwohnungen, mehr Wohnungen im Besitz gemeinwohlorientierter Unternehmen und Korrekturen auf dem Baulandmarkt. „Die Mietenkrise spitzt sich weiter zu“, bekräftigte Verbandspräsident Lukas Siebenkotten. Nach dem juristischen Aus für den Mietendeckel in Berlin tritt der Verband deshalb für einen bundesweiten sechsjährigen Mietenstopp ein. Mietsenkungen soll es aber nicht geben.

Außerdem sollten auf mittlere Sicht mindestens 30, besser noch bis zu 50 Prozent aller Wohnungen in der Hand von Kommunen, nicht profitorientierten Unternehmen und Genossenschaften sein, sagte Siebenkotten der „Rheinischen Post“ (Donnerstag). Dafür müssten
alle Mittel genutzt werden, die Gesetze böten. „Auch die
Vergesellschaftung von Grund und Boden ist als Ultima Ratio nach
dem Grundgesetz möglich, wenn andere Instrumente nicht zum
Erfolg führen“, betonte er.

Der Eigentümberverband Haus und Grund weist solche Forderungen strikt zurück. Immobilieneigentum müsse geschützt werden, sagte Verbandspräsident Kai Warnecke der „Rheinischen Post“. Durch Enteigungen entstünden zudem keine zusätzlichen Wohnungen. „Statt
das Geld für Entschädigungen auszugeben, sollte der Staat
lieber den Neubau durch Privatpersonen unterstützen.“ Haus und Grund will bei seinem Verbandstag am Donnerstag die Interessen der kleineren privaten Vermieter formulieren.

Für die Bauindustrie laufen die Geschäfte im Wohnungsbau schon jetzt gut, 2020 war ein Rekordjahr. Beim Tag der Bauindustrie dürften aber auch Schwierigkeiten zur Sprache kommen, etwa stark steigende Preise für Baumaterial wie Holz.

Drei Monate vor der Bundestagswahl ist durch Video-Grußworte und Online-Podien eine Reihe von Spitzenpolitikern vertreten, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei der Bauindustrie sowie die Kanzlerkandidaten Olaf Scholz (SPD) beim Mieterbund und Armin Laschet (CDU) bei Haus und Grund.

Vor allem in Großstädten, Ballungsräumen und Uni-Städten waren die Mieten in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Aus Sicht des Mieterbunds müssen deutlich mehr als die zuletzt 300 000 neuen Wohnungen im Jahr gebaut werden. Etwa 90 000 bis 100 000 neue Sozialwohnungen seien nötig. Statt wie bisher 2,5 Milliarden Euro koste das zehn Milliarden Euro pro Jahr.

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