Verband: Umsatzeinbrüche im April schlimmer als gedacht

dpa/lsw Stuttgart. Boutiquen und Schuhgeschäfte sind wegen der Corona-Krise in die Knie gegangen - im April brachen ihre Umsätze wegen der Zwangsschließungen um rund 70 Prozent ein. Zehntausende Händler im Südwesten stehen vor dem Ruin, warnt der Handelsverband.

Die Umsatzzahlen des Statistischen Landesamts für den Monat April haben beim Handelsverband Baden-Württemberg (HBW) Entsetzen ausgelöst. „Nach den Zwangsschließungen durch die Corona-Krise sind wir an Hiobsbotschaften gewöhnt, aber dass es so schlimm wird, damit hätten wir nicht gerechnet“, sagte HBW-Hauptgeschäftsführerin Sabine Hagmann am Freitag. Übergreifend beträgt das Umsatzminus im Vergleich zum April 2019 mehr als 7 Prozent. Darunter sind jedoch Supermärkte, die hohe Wachstumsraten verzeichnen, und im Gegenzug andere Händler, die wegen Corona schließen mussten und kaum noch Umsatz machten.

Die Bekleidungs- und Schuhgeschäfte sind am schlimmsten dran - sie mussten laut Statistikbehörde im April ein Minus von 70 Prozent aushalten. Insgesamt habe der sogenannte Non-Food-Bereich - also alle Händler, die keine Nahrungsmittel anbieten - im Vergleich zum April 2019 ein Minus von 14 Prozent verbucht.

Die Umsätze bei Lebensmitteln hingegen legten im Schnitt um 4,5 Prozent zu. Laut HBW haben manche Lebensmittelgeschäfte in der Corona-Krise sogar Umsatzzuwächse von bis zu 40 Prozent erzielt. Geschäfte, die keine Lebensmittel verkaufen, hätten hingegen teilweise sogar bis zu 80 Prozent Minus verzeichnet.

Zehntausende Händler stünden vor dem finanziellen Ruin, heißt es beim Handelsverband. „Wenn nicht spätestens jetzt ein Hilfsprogramm aufgelegt wird, werden diese Geschäfte für immer verschwinden, Innenstädte veröden, und das öffentliche Leben wird nie mehr so sein, wie es einmal war“, warnt Hagmann.

Der dramatische Einbruch im Einzelhandel verlange eine politische Reaktion, forderte auch der FDP-Landtagsabgeordnete Erik Schweickert:: „Wir brauchen für die vielen kleinen Geschäfte eine Möglichkeit, zumindest einen Teil dieses enormen Rückgangs wiedergutzumachen, und daher die Möglichkeit für zusätzliche Sonntagsöffnungen.“ Zudem könnten ein kostenfreier öffentlicher Nahverkehr und kostenfreies Parken in den Innenstädten den Einzelhandel im Land stützen.

Die Krise sei trotz der Lockerungen und der beschlossenen Mehrwertsteuersenkung noch nicht überstanden, sagte auch Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) zu den Handelszahlen. „In vielen Branchen lassen sich ausgefallene Umsätze zu einem späteren Zeitpunkten nicht mehr nachholen.“ Der Bund habe deshalb eine branchenübergreifende „Überbrückungshilfe“ geplant. Der Start des Unterstützungsangebots hänge jedoch vom Ausgang der derzeit laufenden Abstimmungen zwischen Bund und Ländern ab. „Seitens des Landes prüfen wir intensiv, wie das Hilfsprogramm sinnvoll durch Landesmittel ergänzt werden kann“, sagte Hoffmeister-Kraut.

Laut Statistik betrug das Minus im Bereich Bücher, Schreibwaren und Bürobedarf rund 20 Prozent. Möbel und Informationstechnologie gingen um mehr als 22 Prozent zurück. Beim Handel mit Haushaltsgeräten und Baubedarf lag das Minus bei 24 Prozent. Im Unterschied zum Bekleidungsbereich profitierten dort aber Geschäfte wie beispielsweise Baumärkte, die geöffnet bleiben durften.