Verteidigungsausgaben könnten auf 50 Milliarden Euro steigen

dpa Brüssel/Berlin. Die deutschen Verteidigungsausgaben könnten im kommenden Jahr erstmals auf mehr als 50 Milliarden Euro steigen. Zumindest dann, wenn sie nach der Methode der Nato berechnet werden. Ist das genug, um US-Präsident Donald Trump erst einmal zu besänftigen?

Verteidigungsausgaben könnten auf 50 Milliarden Euro steigen

Deutschland wird der Nato voraussichtlich erstmals Verteidigungsausgaben in Höhe von mehr als 50 Milliarden Euro melden. Foto: Monika Skolimowska/zb/dpa

Deutschland wird der Nato voraussichtlich erstmals Verteidigungsausgaben in Höhe von mehr als 50 Milliarden Euro melden.

Für das kommende Jahr werde mit für das Bündnis relevanten Investitionen und Kosten in Höhe von 50,36 Milliarden Euro gerechnet, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Nato-Kreisen in Brüssel. Aus Militärkreisen in Berlin wurde das bestätigt.

Eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums verwies am Mittwoch darauf, dass es noch keine endgültige Entscheidung gebe. „Die neue Kostenverteilung soll bis Jahresende im Nato-Rat unter den 29 Alliierten entschieden werden“, sagte sie. „Am Ende, das Fazit, was zählt ist, dass die Bundeswehr finanziell weiter unterfüttert werden kann.“

Der Betrag von 50,36 Milliarden Euro entspricht einer Steigerung von etwa 6,4 Prozent im Vergleich zu den Ausgaben in Höhe von 47,32 Milliarden Euro, die zuletzt für das laufende Jahr angenommen wurden. Im Mai noch waren für 2020 Ausgaben von unter 50 Milliarden Euro veranschlagt worden.

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hat sich seit Amtsantritt mehrfach zu deutlich höheren Verteidigungsausgaben bekannt, auf die vor allem die US-Regierung unter Präsident Donald Trump drängt. Bis 2024 wolle Deutschland Verteidigungsausgaben in Höhe von 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) erreichen, bis 2031 dann das Zwei-Prozent-Ziel der Nato, hatte sie erklärt.

In der Nato-Zentrale in Brüssel wird gehofft, dass weitere Erhöhungen der Verteidigungsausgaben den Streit um eine fairere Lastenteilung im Bündnis entschärfen können. Sie hat deshalb alle Alliierten aufgefordert, noch vor einem Treffen der Staats- und Regierungschefs im Dezember in London neue Prognosen für 2020 vorzulegen.

Beim Nato-Gipfel im vergangenen Jahr hatte Trump einen Austritt der USA aus dem Bündnis nicht ausgeschlossen, sollten nicht alle Bündnispartner sofort zwei Prozent ihres BIP für Verteidigung ausgeben. Er beklagt seit langem eine unfaire Lastenteilung in der Nato und attackiert vor allem Deutschland wegen des vergleichsweise niedrigen Anteils seiner Verteidigungsausgaben am Staatsetat.

Das sogenannte Zwei-Prozent-Ziel der Nato aus dem Jahr 2014 wird allerdings unterschiedlich interpretiert. Nach US-Auffassung haben sich damals alle Nato-Staaten verpflichtet, spätestens 2024 mindestens zwei Prozent des BIP für Verteidigung auszugeben. Die Bundesregierung verweist jedoch darauf, dass im Beschluss lediglich davon die Rede ist, sich in Richtung der zwei Prozent zu bewegen.

Zu den Verteidigungsausgaben gemäß Nato-Definition gehören neben den Mitteln aus dem eigentlichen Verteidigungshaushalt auch Ausgaben für friedensstiftende und -erhaltende Maßnahmen aus dem Budget des Auswärtigen Amtes und einige andere Posten. In der Vergangenheit wurden zum Beispiel auch Kosten für den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte auf deutschem Boden oder Abrüstungsprojekte genannt. Die Nato-Zahlen sind deswegen höher als der Betrag, mit dem meist in der innenpolitischen Debatte gearbeitet wird.

„Wenn die "Verteidigungsausgaben" nach diesen Nato-Kriterien im Moment vor allem auch deswegen steigen, weil wir präventive und zivile Fähigkeiten außerhalb des Bundeswehretats stärken, ist das nicht zu kritisieren“, erklärte der Grünen-Verteidigungspolitiker Tobias Lindner. „Wir sollten unsere Möglichkeiten nutzen, um dieses Ziel mit der Stärkung der sicherheitspolitischen Strukturen aller Ressorts zu stärken, damit wir Krisen möglichst früh und präventiv mit friedlichen Mitteln begegnen können.“

Der FDP-Haushaltsexperte Karsten Klein sprach von einem „öffentlichkeitswirksamen Strohfeuer“ und forderte eine kontinuierliche Steigerung des Wehretats. Kramp-Karrenbauer müsse dafür sorgen, „dass die von ihr zugesagte Erreichung des gegenüber der Nato zugesagten Ziels wirklich eingehalten wird“. Für die AfD forderte Verteidigungspolitiker Rüdiger Lucassen „eine einsatzfähige Bundeswehr“, finanzielle Planungssicherheit und eine verlässliche Rüstungsbeschaffung. „Davon ist die Bundesregierung weit entfernt.“

Grundsätzliche Kritik am Kurs kam von der Linken. Die große Koalition erhöhe in großen Schritten die Ausgaben für die Bundeswehr, „obschon es faktisch keine militärische Bedrohung für das Nato-Bündnis gibt“, so Alexander Neu, Obmann im Verteidigungsausschuss.