Die Linke hat die FDP im Land in Sachen Mitgliederzahlen überholt. Warum die Liberalen dennoch gelassen bleiben – und die Linkspartei von einem Kulturwandel spricht.
FDP-Landeschef Hans-Ulrich Rülke hält den Aufschwung der Linken in Baden-Württemberg für eine vorübergehende Erscheinung.
Von Sascha Maier
Nicht nur in Umfragen schwächelt die FDP aktuell in Baden-Württemberg, auch in Sachen Mitgliederzahlen wurde den Liberalen von den Linken der Rang abgelaufen: Wie Die Linke jüngst vermeldete, hat sie im Land die 10 000er-Marke geknackt – und ist damit an der FDP vorbeigezogen, die Ende Juni 2025 8800 Mitglieder zählte. Droht den Freien Demokraten nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag jetzt auch in Baden-Württemberg, wo sie traditionell immer stark waren, weiterer Bedeutungsverlust?
FDP-Landeschef Hans-Ulrich Rülke betrachtet den Aufschwung der Linkspartei als vorübergehendes Phänomen und sieht die Stellung der Liberalen in Baden-Württemberg dadurch nicht gefährdet: „Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer.“ Die Linkspartei sei zu Jahresbeginn noch „politisch tot“ gewesen.
Rülke glaubt an Überraschung
„Friedrich Merz hat sie dann im Januar wach geküsst, indem er ihr durch seine Migrationsabstimmungen die Möglichkeit geboten hat , die politische Linke des Landes gegen ein vermeintliches Einreißen der sogenannten Brandmauer auf die Barrikaden zu bringen“, sagt Rülke. Festzuhalten sei, dass die FDP bislang immer in den Landtag von Baden-Württemberg eingezogen ist und die Linkspartei noch nie.
Mit Blick auf die Landtagswahl am 8. März 2026 ist Rülke überzeugt, erneut überraschend stark abzuschneiden – wie das auch bei der vergangenen Landtagswahl der Fall gewesen sei.
Die Landessprecherin der Linken in Baden-Württemberg, Sahra Mirow, deutet die Zukunft der politischen Landschaft im Südwesten anders. „Wir nehmen einen Kulturwandel in Baden-Württemberg wahr. Die Jugend ist jetzt links“, sagt sie. Die Linke sei nicht nur die stärkste Partei bei Erstwählern, auch im Mitgliederzuwachs zeige sich, dass sich junge Menschen für linke Politik interessierten.
„Wir haben in Baden-Württemberg einen riesigen Zulauf“, sagt Mirow. Begonnen habe er mit dem Bundestagswahlkampf, „der für viele junge Menschen der Moment war, in dem sie sich politisiert haben.“ Als Gründe seien unter anderem genannt worden, dass Die Linke als einzige Partei konsequent für eine Brandmauer gegen rechts stehe. „Es spielt für viele eine Rolle, dass wir Politik anders machen, dass wir zum Beispiel bereits an 52.000 Haustüren waren in Baden-Württemberg“, sagt Mirow. Weiter seien die Social-Media-Beiträge der Partei ohne großes Budget finanziert und wirkten dadurch authentischer.
Rülke zeigt sich davon unbeeindruckt: „Die Wähler werden am Wahltag entscheiden. Also warten wir mal den Wahlkampf ab und sprechen uns wieder, wenn die Ergebnisse vorliegen.“ Aktuellen Umfragen zufolge liegt Die Linke auch in der Wählergunst in Baden-Württemberg leicht vorne. Das Umfrageinstitut Infratest dimap sah Die Linke zuletzt bei 7, die FDP bei 5 Prozent. Für die Linkspartei wäre es das erste Mal, dass sie in den Landtag von Baden-Württemberg einzieht, für die FDP das schlechteste Ergebnis aller Zeiten.