Viel Rauch um Lachs, Makrele und Forelle

In der Fischerkate in Großerlach werden allerlei Fischspezialitäten angeboten – Geräuchert wird nach Altonaer Räucherverfahren

Er hat sein Handwerk von der Pike auf gelernt, noch dazu ist Angeln seine große Leidenschaft: Martin Jeromin ist Fischwirt für Fluss- und Seefischerei. Als gebürtiger Hamburger hat er seine Heimat in Großerlach gefunden und betreibt mit seiner Frau Angelika den Imbiss „Die Fischerkate“. Die Besonderheit dort: Der Fisch wird traditionell nach dem Altonaer Räucherverfahren über dem Feuer geräuchert.

Viel Rauch um Lachs, Makrele und Forelle

Hier wird dem Lachs Dampf gemacht: Der Fisch wird im Ofen über dem Feuer geräuchert.

Von Yvonne Weirauch

GROSSERLACH.Ein verführerisch würziger Duft durchzieht die Nase. Martin Jeromin hat vor gut einer halben Stunde frischen Lachs in den Holzofen geschoben. Währenddessen der Lachs seine Zeit im Ofen genießt und geräuchert wird, steht der Fischkenner hinter seiner Verkaufstheke und bedient eine Kundin, die extra wegen „den ausgezeichneten Makrelen und den Forellen“ aus Althütte nach Großerlach in die Fischerkate gekommen ist.

Verschiedene Räucherfischspezialitäten, Meeres- und Süßwasserfische, Matjessalat, Lachsmousse, Garnelendressing oder Lachssalat mit Gemüse – alles lacht den Fischliebhaber an. „Ich packe Ihnen die Makrelen und Forellen in eine Box und lege auch noch einen Kühlakku dazu. Dann kann bei dieser Hitze nichts schiefgehen“, lacht der gebürtige Hamburger. Die Kundin freut sich und kündigt an, „irgendwann in den kommenden Tagen mal zum Essen“ vorbeizuschauen.

Mit Schwaben wird auf

Norddeutsch geschnackt

Schwäbisch trifft auf Norddeutsch – aber Verständnisschwierigkeiten gibt es keine. Der 54-Jährige liebt es mit den Kunden zu schnacken. Wie es den Berufsfischer nach Großerlach verschlagen hat, ist ganz einfach: Wie sollte es anders sein, hat er die Liebe im Schwabenland gefunden.

Als Hamburger sei er mit Fisch großgeworden, liebte als kleiner Junge schon das Angeln. Anders als seine Geschwister blieb er bei dieser Leidenschaft und machte seine Ausbildung in Timmendorfer Strand. Er schnupperte anschließend in die bayerische Gebirgsfischerei und kam so den südlichen Gefilden immer näher. Durch Freunde hat er seine Frau Angelika kennenlernt, sie betrieb in den 90er-Jahren ein sogenanntes Versorgungszentrum unter anderem mit einer kleinen Nudelfabrik und Getränkehandel in Althütte. „Meine Frau war immer selbstständig und hatte sich viel aufgebaut. Ich habe dann da meine kleine Fischecke gehabt und konnte meiner Leidenschaft nachgehen.“ Geheiratet wurde 1994. Doch das Schicksal schlug zu: Martin Jeromin erkrankte schwer, seine Frau pflegte ihn sieben Jahre. „Doch aufgeben is nich“, sagte sich der 54-Jährige in norddeutscher Manier. Er überlegte trotz Krankheit, was er tun könnte, mit großer Unterstützung seiner Frau. „Als ich immer nach Tübingen in die Klinik musste, habe ich auf der Fahrt immer Pause gemacht und geangelt“, erzählt er rückblickend. Das habe er nicht aufgegeben. Ein Umstand, der ihm sicher beim Genesungsprozess geholfen habe.

Als es mit der Gesundheit wieder bergauf ging, entschied sich das Ehepaar auch geschäftlich weiterzumachen. In Großerlach bot sich das an. „Angebot und Nachfrage – wie wir was anbieten und vertreiben, wie wir unser Sortiment aufbauen, wie wir den Laden gestalten können – all das musste sich entwickeln“, sagt Martin Jeromin und freut sich, dass er diese norddeutsche Stimmung in das Ländle bringen konnte. Zwischen Buddelschiffen, Fischernetzen, Seemannsknoten und Leuchttürmen erlebt man in der Fischerkate maritimes Flair. Als Restaurant wolle man bewusst nicht gelten, sagt Jeromin: „Wir sind ein Imbiss.“ Sitzmöglichkeiten gibt es auf einer kleinen Terrasse vor dem Laden. An zwei Tagen in der Woche werden warme Tagesessen angeboten, diese gibt es auch zum Mitnehmen. Für Feiern und Veranstaltungen bietet die Fischerkate einen Platten- und Partyservice an. Schnell haben Martin Jeromin und seine Frau herausbekommen, was die Kundschaft wünscht und haben sich dem angepasst. So stehen sie nicht nur hinter ihrer Fischtheke, sondern sind auch auf Wochenmärkten unterwegs.

Der Fisch wird von Hand

filetiert und entgrätet

Das Herzstück der Fischerkate: die Holzofenräucherei. Geräuchert wird nach Altonaer Räucherverfahren. „Das ist die Qualität“, sagt der Berufsfischer. Und: „Wir filetieren von Hand und entgräten den Fisch auch, wenn es gewünscht wird.“

Neben dem Schlachtraum, in dem die Fische frisch zubereitet werden, befindet sich die Räucherkammer. Jeromin erzählt, dass Lachs, Makrele, Aal oder Heilbutt durch dieses Altonaer Verfahren die typische goldgelbe Farbe und den unvergleichlichen Geschmack bekämen. Das traditionelle Räuchern erfordert Erfahrung. Anders als bei den modernen Anlagen, die computergesteuert und elektrisch sind, braucht jeder Fisch eine genaue Kontrolle: „Aale zum Beispiel brauchen höhere Temperaturen als andere Fische.“ Der Berufsfischer beschreibt die drei Räuchermethoden: Erstens – das Kalträuchern. „In der Regel sollten die Temperaturen im Räucherofen nicht über 30 Grad liegen.“ Das Kalträuchern sei aufgrund der geringen Temperaturen ein längerer Vorgang. Da könne der Lachs schon mal bis zu 70 Stunden im Ofen verbringen.“ Die Räucherdauer sei natürlich auch von der Dicke des jeweiligen Fisches abhängig. Die zweite Methode: das Heißräuchern. „Hier liegt die Temperatur zwischen 60 bis 120 Grad. Das macht man zum Beispiel bei Aalen und Makrelen. Die durchschnittliche Garzeit liege dabei in der Regel deutlich unter drei Stunden.“ Wichtig sei hierbei, dass die auf diese Weise zubereiteten Nahrungsmittel innerhalb von wenigen Tagen verzehrt werden sollten. Und dann sei da noch das „Mittelding“, das Warmräuchern. Die Temperaturen während des Warmräucherns im Räucherofen liegen im Normalfall zwischen 30 bis 50 Grad.

Fischwirt zu sein – das ist nicht nur ein Beruf für Martin Jeromin, es ist noch mehr als Berufung und Leidenschaft. Er angle natürlich privat – ein Hobby, das seine Frau so gar nicht mit ihm teilt: „Ich weiß auch nicht, warum“, sagt er und lacht. Dafür liebe sie die Urlaube in Dänemark mit ihrem Mann. Was ihm im Schwabenland fehlt? „Hier geht kein richtiger Wind und es gibt keine Möwen“, antwortet er wie der Blitz.

Dennoch: Er fühle sich in Großerlach sehr wohl und zu Hause. Er erinnert sich an ein Erlebnis aus der Anfangszeit im Rems-Murr-Kreis und muss schmunzeln: „Freunde wollten mir den Ebnisee zeigen. Sie schwärmten davon, dass es das Ausflugsziel für Großstädter sei. Als wir dort ankamen und ich den See sah, dachte ich, bei uns in Hamburg wäre das ein Ententeich.“

Viel Rauch um Lachs, Makrele und Forelle

Der gebürtige Hamburger Martin Jeromin ist Berufsfischer, hat in der Großerlacher Fischerkate eine eigene Holzofenräucherei und schnackt als Chef hinter seiner Frischetheke sehr gerne mit der schwäbischen Kundschaft. Fotos: J. Fiedler