Viel Spaß beim Kino der etwas anderen Art

Erstes Backnanger Autokino auf dem Etzwiesenparkplatz war von vielen langersehnt – Auflagen führen zu komischen Situationen

„Film ab!“ hieß es am Donnerstagabend erstmals auf dem Etzwiesenparkplatz. Das erste Autokino in Backnang war an den Start gegangen und gleich ein großer Erfolg. Viele hatten sich schon lange wieder einmal auf einen Kinoabend gefreut und kamen so voll auf ihre Kosten, wenn auch auf eine etwas andere Art.

Viel Spaß beim Kino der etwas anderen Art

Die Technik spielte keine Streiche beim ersten Autokino unter dem Viadukt. Sowohl Ton- als auch Bildqualität ließen nichts zu wünschen übrig. Fotos: A. Becher

Von Renate Schweizer

BACKNANG. Zurück, marsch, marsch – man macht jetzt alles wieder mit dem Auto. Sogar Kino. Corona sticht Klima. Die Berichterstatterin hatte sich vorgenommen, keinesfalls auch nur einen Reifen in ein Autokino zu rollen, solange die Spielplätze abgesperrt sind. Das klappte. Ein Kontrollgang vorbei am Annonay-Spielplatz ergab: Kinder dürfen wieder toben. Dann dürfen auch Erwachsene wieder ins Kino – ein Glück für die Zeitungsfrau: Sie hatte den wöchentlichen Gang ins Kino vermisst wie Butterbrot – man kann auch ohne überleben, aber halt nur knapp.

Der Erwerb der Eintrittskarte war ein bisschen kompliziert für eine, die kein Smartphone besitzt, keinen Online-Banking-Zugang hat und will und eigentlich das Stehen an der Kinokasse als Teil des Events genießt: Man trifft wen, man fragt sich gegenseitig, welcher Film es heute wird, man ratscht ein bisschen mit dem Kassenmenschen, scherzt mit der Kartenabreißerin – alles hinfällig. Fast. Denn kurz vor der resignierten Aufgabe des Unternehmens dann doch der Griff zum Telefon: Hallo Frau Eppler, ich kriege das nicht hin. Am anderen Ende der Strippe fröhliches Gelächter: Zusammen schaffen wir das! Und so geleitet mich denn die versammelte Kino-Universum-Familie Eppler durch die verschlungenen Pfade der Internet-Kartenbuchung und am Ende klappt’s: Sogar Popcorn ist drin. Allein das Vergnügen dieser insgesamt drei (!) Telefongespräche war die Sache wert.

Das Popcorn wird überreicht am Eingang des großen Etzwiesenparkplatzes. Es baumelt am Ende einer langen Stange, die Annegret Eppler – trotz Mundschutz unverkennbar – aus zwei Metern Entfernung durchs Autofenster reicht, ein bisschen wie beim Angelspiel am Kindergeburtstag. Die Stimmung ist auch ein bisschen Kindergeburtstag. Aufgekratzt, erleichtert, etwas quietschig: Hurra, es gibt wieder Kino! Umso strenger dann die Regeln auf dem Platz. Fenster oben lassen, das Auto nur zum Toilettengang verlassen, höchstens zwei Personen in den Toilettenräumen, Müll wieder mitnehmen – naja, das versteht sich eigentlich von selbst, das galt auch schon vor Corona. Wobei vorher (und hoffentlich nachher wieder) einfach weniger Müll entstand. Statt in der Papiertüte ist das Popcorn jetzt in Plastik verpackt und außenrum noch mal eine Tüte zwecks „steriler“ berührungsfreier Überreichung. Sei’s drum. Trotz des Verbots verlässt die Berichterstatterin kurz das Auto – für unabhängigen Journalismus riskiert man doch gern mal sein Leben –, um die Stimmung in den anderen Autos zu checken. Sofort ist da Security und erkundigt sich höflich, wie man helfen könne? Ausflug beendet. Ein kurzer Anflug von Neid beschleicht die Reporterin: Securitymann müsste man sein. Oder wenigstens (ehrenamtliche) Helferin beim Stadtjugendring. Der Stadtjugendring ist nämlich der eigentliche Veranstalter des Autokinos, in „liebevoller Zusammenarbeit“ (wir berichteten) mit dem Universum-Kino und der BKZ, und um den Platz herum wuselt’s nur so von jungen Menschen – alle auf Abstand, das muss gesagt werden, damit keine Missverständnisse aufkommen. Für „gewöhnliche“ Kinobesucher bleibt nur der Blick durchs Fenster der benachbarten Autos: Rechts eine Frau mit zwei Kindern, links ein junges Pärchen, die aber gleich wieder wegfahren dürfen und sich einen anderen Platz suchen, weil über den SUV eine Reihe weiter vorn kein Drübergucken möglich ist. Das immerhin ist genau wie im „richtigen“ Kino.

Die Technik – die alle Organisatoren einigermaßen ins Schwitzen gebracht hatte – funktioniert bestens, man sieht gut, obwohl es noch gar nicht richtig dunkel ist, und die Beschallung kommt glockenklar aus dem Autoradio. Ansonsten fühlt sich’s fast an wie Fernsehen. Man sitzt mit der gleichen Person, mit der man daheim das Sofa teilt, im Auto, krümelt nach Herzenslust rum, kommentiert den Film, lacht – und spürt nichts von den anderen, regt sich nicht auf über den Knisterer in der übernächsten Reihe, freut sich nicht über den trockenen Kommentar der alten Dame da rechts, zieht nicht kollektiv den Atem ein in dem Moment, als der Böse den Hund tritt – alle sitzen in ihren je eigenen Blasen und ihre Krümel müssen sie nachher selbst wegputzen.

Der Film selbst? Sehr nett. Es ging um ein kommunistisches Känguru in Berlin-Kreuzberg, das den Laden ordentlich aufmischt. Der Film ließ bis zum Schluss offen, ob das knuffige Beuteltier real oder nur ein eingebildetes Känguru war. Das war ganz sicher keine Anspielung auf die Coronakrise. Kann gar nicht sein. Die Känguru-Chroniken wurden viel früher verfasst.