Viele Schüler lernen wieder zu Hause

Vor zweieinhalb Wochen sind fast alle Kinder an die Schulen zurückgekehrt. Für manche war der Präsenzunterricht wegen Coronafällen aber schon nach wenigen Tagen wieder vorbei. Aus Sicht der Behörden ist der Neustart trotzdem gelungen.

Viele Schüler lernen wieder zu Hause

Weil die meisten Schüler der Klasse 9b an der Gemeinschaftsschule in der Taus zurzeit in Quarantäne sind, unterrichtet Lehrerin Kristina Schumacher sie per Video. Ihr Kollege Julian Dupont kümmert sich um die Technik.Foto: J. Fiedler

Von Kornelius Fritz

BACKNANG. Jochen Nossek gehört mit seiner Schule gerne zu den Ersten, wenn es um neue Projekte oder pädagogische Konzepte geht. Dass die Gemeinschaftsschule in der Taus nun auch die erste Backnanger Schule mit einem Coronafall ist, darauf hätte der Schulleiter allerdings gerne verzichtet. Als der Fall einer infizierten Neuntklässlerin vor knapp einer Woche bekannt wurde, informierte Nossek sofort das Gesundheitsamt, das Staatliche Schulamt und die Elternvertreter aller Klassen. Das Landratsamt hat den Leitern von Schulen und Kitas für diesen Fall eine schriftliche Handlungshilfe zur Verfügung gestellt: „So wusste ich, was zu tun ist“, sagt Nossek.

Glücklicherweise war die erkrankte Schülerin nur einen Tag, an dem sie potenziell ansteckend war, in der Schule. So beschränkte sich die Zahl der Personen, die direkten Kontakt mit ihr hatten, auf 22 Mitschüler und drei Lehrer. Diese mussten nun für zwei Wochen in Quarantäne, für alle anderen findet der Unterricht weiterhin an der Schule statt – übrigens auch für drei Klassenkameraden des Mädchens, die an besagtem Tag nicht in der Schule waren.

„Ich denke, wir haben das ganz gut in den Griff bekommen“, sagt Jochen Nossek und lobt die Unterstützung durch das Gesundheitsamt und das Schulamt. Die betroffene Klasse wird nun wieder aus der Ferne unterrichtet. Inzwischen ist das schon fast Routine: Die Tausschule hat dafür sogar ein eigenes Filmstudio im Keller: Von dort aus wird der Unterricht nun per Internet live zu den Schülern nach Hause übertragen.

Ein Coronafall an der Schule bedeutet viel Arbeit.

Die Leiterin des Staatlichen Schulamtes in Backnang ist trotz der Coronafälle an mehreren Schulen (siehe Infobox) mit dem Neustart nach den Ferien zufrieden: „Die Schulleiter sind gut präpariert, ein Coronafall sorgt inzwischen nicht mehr für die ganz große Aufregung“, sagt Sabine Hagenmüller-Gehring. Die Checkliste des Landratsamtes habe sich bewährt: „Die Schulleiter können diese nun Schritt für Schritt durchgehen.“ Dank der strikten Trennung der Jahrgänge, müssen bei einem Coronafall nun in der Regel nur noch eine oder zwei Klassen und nicht gleich die ganze Schule in Quarantäne. Positiv bewertet Hagenmüller-Gehring auch, dass die Infektionen bislang nur punktuell aufgetreten sind und keine Ansteckungen innerhalb der Schulen bekannt sind.

Allerdings verursacht jeder einzelne Fall eine Menge Arbeit, sowohl an den Schulen selbst als auch in den Ämtern. Eltern müssen informiert, Stundenpläne überarbeitet und Coronatests für Lehrer und Schüler organisiert werden. Selbst an den Wochenenden sind die Verantwortlichen regelmäßig gefordert. Sollten die Fallzahlen in den kommenden Monaten weiter steigen, könnte man bald an die Belastungsgrenze stoßen, befürchtet die Schulamtsleiterin. Auch an Schulen, an denen es bisher keine Coronafälle gab, sei der Aufwand durch die neuen Hygienekonzepte deutlich gestiegen, erzählt Heinz Harter, geschäftsführender Schulleiter der Backnanger Schulen. An der Max-Eyth-Realschule, die er leitet, holen die Lehrer die Klassen zum Beispiel jeden Morgen auf dem Schulhof ab und begleiten sie auch in die Pause. So soll verhindert werden, dass sich die Klassen auf den Fluren oder im Pausenhof vermischen. Harters Zwischenfazit nach zwei Wochen im Normalbetrieb fällt positiv aus: „Die Stimmung ist gut. Die Kinder freuen sich, dass sie wieder im Klassenverband zusammen sind.“ Die meisten würden sich auch an die neuen Regeln halten, etwa an die Maskenpflicht auf den Fluren: „Ich habe den Eindruck, dass sie verstehen, warum das nötig ist.“ Die Hygieneregeln gingen den Kindern langsam in Fleisch und Blut über. Harter ist deshalb optimistisch, dass Schulschließungen auch bei steigenden Infektionszahlen nicht nötig sein werden.

Die Zahl der Lehrer und Schüler, die aus gesundheitlichen Gründen vom Präsenzunterricht befreit sind, ist gering. Von etwa 3500 Lehrkräften, für die das Backnanger Schulamt zuständig ist, hätten 90 ein entsprechendes Attest vorgelegt, berichtet Sabine Hagenmüller-Gehring. Die Zahl der betroffenen Schüler wurde noch nicht zentral erfasst, ist aber ebenfalls gering, an der Max-Eyth-Realschule sind es gerade mal zwei.

Für diese parallel zum normalen Betrieb einen Fernunterricht zu organisieren, ist für die Schulen nicht ganz einfach. Im Staatlichen Schulamt denkt man deshalb darüber nach, das Homeschooling künftig für mehrere Schulen zentral zu organisieren und dafür Lehrer einzusetzen, die ihrerseits nur von zu Hause aus unterrichten können.

Neuer Verdachtsfall am Gymnasium in der Taus

Nach Angaben des Landratsamtes sind im Rems-Murr-Kreis seit Ende der Sommerferien an insgesamt elf Schulen Klassen nach Hause geschickt worden. Betroffen ist seit gestern auch das Gymnasium in der Taus: Dort wurde ein Familienmitglied einer Zehntklässlerin positiv getestet.

Bestätigte Coronainfektionen bei Schülern gab es an vier Schulen: Neben der Gemeinschaftsschule in der Taus in Backnang auch an der Erich-Kästner-Gemeinschaftsschule in Weinstadt sowie an der Grafenbergschule und am Burggymnasium in Schorndorf.

An sieben Schulen handelte es sich um Verdachtsfälle, weil etwa ein Elternteil eines Schülers infiziert war. In solchen Fällen werden die Klassen vorsorglich nach Hause geschickt, bis das Testergebnis des Schülers vorliegt. Fällt dieses negativ aus, kann die Klasse an die Schule zurückkehren.

Bei einer bestätigten Coronainfektion ermittelt das Gesundheitsamt die engen Kontaktpersonen. Für diese wird dann eine 14-tägige häusliche Quarantäne angeordnet. An Schulen betrifft das in der Regel die gesamte Klasse, bei klassenübergreifendem Unterricht in einzelnen Fächern unter Umständen auch Schüler anderer Klassen. Bei den Lehrkräften entscheidet das Gesundheitsamt im Einzelfall, je nachdem, wie eng der Kontakt zu dem betroffenen Schüler war.

Alle Schüler und Lehrer, die unmittelbaren Kontakt mit einem Infizierten hatten, haben die Möglichkeit, sich freiwillig testen zu lassen. Die 14-tägige Quarantäne ist allerdings auch bei einem negativen Testergebnis einzuhalten. Um die Anmeldung zu den Tests zu vereinfachen, will das Landratsamt in Kürze ein neues Online-Tool starten.