Volksbegehren zum Bienenschutz im Land

Auch in Baden-Württemberg sind 40 Prozent aller Tiere und Pflanzen gefährdet

Von Thomas Faltin

Ökologie -

Stuttgart Die Menschen in Bayern haben es vorgemacht, mehr als 1,7 Millionen Bürger haben bis April das Volksbegehen für mehr Artenschutz unterschrieben. Jetzt wollen die Baden-Württemberger nicht nur nachziehen, sondern noch einen Schritt weiter gehen. Vom Öko-Verband Demeter angestoßen und mittlerweile von 50 Organisationen unterstützt, soll rund um den Weltbienentag am 19. Mai das Volksbegehren „Rettet die BienenBaden-Württemberg“ in Stuttgart starten. „Es muss endlich etwas passieren“, sagt der Berufsimker und Mitorganisator Tobias Miltenberger: „Bei unseren Bienenvölkern sehen wir jeden Tag, dass etwas nicht mehr in Ordnung ist.“ Die Honigbiene ist zwar keine bedrohte Art, weil sie vom Menschen intensiv gepflegt wird; dagegen steht die Hälfte aller Wildbienen in Baden-Württemberg auf der Roten Liste der gefährdeten Arten.

Auch insgesamt ist der deutsche Südwesten, trotz seiner grünen Regierung, alles andere als ein Paradies für viele Lebewesen. Der neue Atlas derUmweltdatenweist aus, dass 40 Prozent aller Tier- und Pflanzenarten in einem kritischen Zustand sind. Feldhamster oder Gartenspitzmaus, Kiebitz oder Heidelerche – sie alle stehen kurz vor dem Aussterben im Land. Das hat nach Meinung der meisten Experten zwei zentrale Ursachen. Erstens geht immer mehr Lebensraum verloren; stattdessen wird Natur in Baugebiete oder artenarmes Agrarland verwandelt. Zweitens töten viele Pflanzenschutzmittel nicht nur Schädlinge, sondern auch viele andere Insekten, die Nahrungsgrundlage sind für Vögel und andere Tiere.

Genau darauf zielen auch die gegenüber Bayern deutlich höheren Forderungen des Volksbegehrens. So soll bis zum Jahr 2035 die Hälfte des Ackerlandes ökologisch bewirtschaftet werden; bei Staatsflächen sogar 100 Prozent. Bisher strebt die grün-schwarze Landesregierung das unverbindliche Ziel an, bis 2030 rund 30 Prozent Ökolandwirtschaft zu erreichen; derzeit sind es zehn Prozent. Daneben soll die Menge der Pestizide bis 2025 halbiert werden. Das ist eine Forderung, die der Nabu bereits vor einem Jahr bei der Vorstellung seines ersten Pestizidberichts erhoben hatte. Heute gehören Nabu und BUND zu den Unterstützern des Volksbegehrens. Zunächst müssen 10 000 Stimmen gesammelt werden, damit die Aktion zugelassen wird. Danach haben die Organisatoren sechs Monate Zeit, um die Zahl von 700 000 Unterschriften zu bekommen.

Das Umweltministerium unterstütze die Forderungen, betont dessen Sprecher Ralf Heineken: „Aber wir müssen natürlich auch die Realisierbarkeit der Forderungen im Auge haben.“ Von zentraler Bedeutung sei aber auch, dass die EU ihre Agrarzuschüsse stärker an ökologische Kriterien binde.

Schon im Herbst 2017 hat das Land selbst einArtenschutzprogrammins Leben gerufen. Es geht auch darum, dieMenge an Spritzmittelnzu verringern. Doch über das „Wie“ liegen das schwarzregierte Agrar- und das grüne Umweltministerium überkreuz, weshalb die „Pflanzenschutzmittelreduktionsstrategie“ immer noch nicht vorliegt. Kern des Streits ist, dass Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) klare Zielvorgaben haben will, während Agrarminister Peter Hauk (CDU) zwar bessere Technik einsetzen und die Forschung forcieren, aber nicht vorab Ziele festlegen will.