Voller Furcht

Türkei verweigert deutschen Journalisten Arbeitserlaubnis

Von Christoph Reisinger

Das ist ein Anhaltspunkt dafür, wie sich die Türkei, eine der wichtigsten Verbündeten Deutschlands, zuletzt entwickelt hat: Platz 157 von 180 auf der Pressefreiheit-Rangliste der Organisation Reporter ohne Grenzen. Weißrussland und Ruanda liegen direkt vor der Türkei, Kasachstan, und Burundi dahinter. Albanien, das am nächstschlechtesten platzierte Nato-Land, taucht 82 Ränge weiter oben auf.

Wie berechtigt diese Bewertung ist, zeigt sich aktuell in der verweigerten Arbeitserlaubnis für solide Journalisten wie Thomas Seibert, der auch für unsere Zeitung schreibt. Die türkische Führung hält ihre Politik selber offensichtlich für so fragwürdig, dass sie eine unabhängige Berichterstattung darüber fürchtet.

Für türkische Kollegen sind die Arbeitsbedingungen seit Langem von skandalöser Einschränkung geprägt. Mehr als hundert Journalisten sitzen in türkischen Gefängnissen. Man soll die Arbeit unabhängiger Medien nicht als vierte Gewalt im demokratischen Staat neben Parlament, Regierung und Justiz überhöhen. Sie sind schließlich keine Staatsorgane. Aber wo, wenn nicht in solchen Medien sollen Wähler auf Recherche, Augenschein und Beweis gegründete Informationen und Meinungen finden? Zum mündigen Bürger gehört, dass er erfährt, was die von ihm Gewählten und Bezahlten machen. Genau das hintertreibt die türkische Regierung.

Dass ihre Schikane einmal mehr auch Deutsche trifft, lässt sich nur als Feindseligkeit gegen all diejenigen in Deutschland werten, die informiert werden wollen. Bitter – hatte es zuletzt doch so ausgesehen, als gelangten die zum Nachteil beider Seiten allzu lange überstrapazierten deutsch-türkischen Beziehungen endlich wieder auf ein besseres Niveau.

christoph.reisinger@stuttgarter-nachrichten.de