Folgen von zu viel Softdrinks

Vorsicht Depression! Zucker-Getränke beeinflussen Psyche über den Darm

Eine neue Studie liefert Hinweise darauf, dass zuckerhaltige Getränke die Psyche beeinträchtigen – über das empfindliche Mikrobiom des Darms.

Vorsicht Depression! Zucker-Getränke beeinflussen Psyche über den Darm

Die Studie zeigt, dass es einen stringenten Zusammenhang zwischen dem Softdrink-Konsum und sowohl der Diagnose einer Depression als auch der Schwere der Symptome gibt.

Von Markus Brauer

Menschen, die regelmäßig zuckerhaltige Getränke konsumieren, haben nicht nur – wie bekannt – ein erhöhtes Risiko für Übergewicht, Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs.

Inzwischen zeigen immer mehr Studien: Softdrinks können auch die psychische Gesundheit beeinträchtigen. Bislang war aber offen, ob ein direkter Zusammenhang besteht und welche biologischen Prozesse daran gegebenenfalls beteiligt sind.

Softdrink-Konsum führt zu höherem Depressionsrisiko

Um diese Fragen zu beantworten, werteten Forscher Querschnittsdaten aus der humanmedizinischen Marburg-Münster Affective Cohort (MACS) aus. Untersucht wurden Erwachsene zwischen 18 und 65 Jahren, die zwischen 2014 und 2018 aus der Allgemeinbevölkerung und der Primärversorgung rekrutiert worden waren.

Die Analysen zeigten einen Zusammenhang zwischen dem Softdrink-Konsum und sowohl der Diagnose einer Depression als auch der Schwere der Symptome. Besonders ausgeprägt war dieser Zusammenhang bei Frauen: Bei ihnen war ein hoher Konsum mit einer um 17 Prozent erhöhten Wahrscheinlichkeit für eine Depression und mit schwereren Symptomen verbunden.

Veränderungen im Darm-Mikrobiom

Bei Frauen, die regelmäßig zuckerhaltige Limonaden getrunken haben, fanden die Forscher eine deutlich erhöhte Anzahl von Bakterien der Gattung Eggerthella im Darm. Frühere Studien hatten gezeigt, dass Eggerthella bei Menschen mit Depressionen vermehrt vorkommt.

Zur Info: Eggerthella ist eine Gattung von Bakterien, die Teil der gesunden menschlichen Darmflora sind. Sie können aber auch Auslöser einer schweren Bakteriämie – eines bakteriellen Infekts des Blutes – sein.

Die aktuelle Untersuchung liefert nun erstmals überzeugende Hinweise darauf, dass dieses Bakterium eine vermittelnde Rolle spielen könnte – als biologisches Bindeglied zwischen dem Konsum von Softdrinks und der Entwicklung depressiver Symptome.

„Unsere Daten sprechen dafür, dass der Zusammenhang zwischen Softdrinks und depressiven Symptomen über die Beeinflussung des Mikrobioms entsteht“, sagt Studienleiterin Sharmili Edwin Thanarajah vom Universitätsklinikum Frankfurt am Main und dem MPI für Stoffwechselforschung Köln.

Zur Info: Das Mikrobiom ist die Gemeinschaft aller Mikroorganismen (Bakterien, Viren, Pilze) sowie ihrer Gene, die einen Lebewesen wie einen Menschen besiedeln.

Gefährlicher Mix von Zucker und Zusatzstoffen

Zuckerhaltige Getränke wie Cola oder Limonade enthalten nicht nur Glukose und Fruktose, sondern auch zahlreiche Zusatzstoffe – darunter Konservierungsmittel und künstliche Süßstoffe.

Diese Kombination kann das empfindliche Gleichgewicht im Darm-Mikrobiom stören: Entzündungsfördernde Bakterien werden begünstigt, während die Produktion schützender kurzkettiger Fettsäuren abnimmt. Tierstudien zeigen, dass solche Veränderungen entzündliche Prozesse im Nervensystem auslösen und damit depressive Verhaltensweisen verstärken können.

Auffällig ist, dass dieser Zusammenhang geschlechtsspezifisch zu sein scheint. Bei Männern, die regelmäßig Softdrinks konsumieren, fanden die Forscher weder einen Anstieg von Eggerthella noch einen Zusammenhang mit depressiven Symptomen. Hormonelle Unterschiede oder geschlechtsspezifische Reaktionen des Immunsystems könnten bei diesem Prozess eine Rolle spielen.

Mikrobiom als Therapieziel?

„Die Studienergebnisse eröffnen neue Perspektiven für die Vorbeugung und Behandlung depressiver Erkrankungen“, kommentiert DZD-Forscherin Rachel Lippert vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE). „Mikrobiom-basierte Ansätze – etwa über gezielte Ernährungstherapien oder probiotische Strategien – könnten künftig dazu beitragen, depressive Symptome wirksam zu lindern.“

Die Forscher plädieren deshalb dafür, den Einfluss der Ernährung auf die psychische Gesundheit stärker in Aufklärungskampagnen, Versorgungskonzepte und Präventionsprogramme einzubinden.