Wahlkampf in aufgeheizter Atmosphäre

AfD will im Backnanger Bürgerhaus zentrale Großveranstaltung abhalten – Aktionsgruppen kündigen Proteste an

Wahlkampf in aufgeheizter Atmosphäre

Bei einer Veranstaltung der AfD im Landtagswahlkampf vor drei Jahren im Backnanger Bürgerhaus protestierten rund 600 Menschen. Die Polizei hatte alle Hände voll zu tun. Archivfoto: A. Becher

Von Armin Fechter

BACKNANG. Die AfD im Rems-Murr-Kreis hat für Samstagabend eine Großveranstaltung im Backnanger Bürgerhaus angekündigt. Ab 18.30 Uhr (Einlass) soll das „Finale des Europa- und Kommunalwahlkampfs“ eingeläutet werden. Derweil kursieren im Netz bereits Aufrufe zu Gegendemonstrationen. In der aufgeheizten Atmosphäre sehen sich Polizei und Stadtverwaltung vor Herausforderungen, die an die Situation vor drei Jahren erinnern, als rund 600 Menschen protestierten, während die AfD im Bürgerhaus eine Wahlkampfveranstaltung mit ihren beiden Bundesvorsitzenden Jörg Meuthen und Frauke Petry abhielt.

Jetzt sollen bei der Veranstaltung mit Kay Gottschalk, Gottfried Curio und Jürgen Braun drei Bundestagsabgeordnete der Partei auftreten. Gottschalk ist stellvertretender Parteivorsitzender und wird als „ausgewiesener Experte für Finanzpolitik“ angekündigt. Er werde auch erklären, „warum die Bürger in Deutschland immer weniger Netto vom Brutto haben“. In Curio sieht die AfD „einen unserer profiliertesten Innenpolitiker und hervorragendsten Redner“. Der Waiblinger Abgeordnete Braun wiederum will, wie die Partei mitteilt, „unter anderem zum Thema Meinungsfreiheit in Deutschland und Europa sprechen“.

In diesem Zusammenhang verweist die AfD auf die jüngsten Auseinandersetzungen an mehreren Wahlkampfständen im Kreis. So ist es am 27. April in Backnang an der Sulzbacher Brücke zu Reibereien am AfD-Stand gekommen, als eine sechs- bis siebenköpfige Gruppe von der Marktstraße her kam, Flyer und anderes Werbematerial zu Boden warf und die Wahlkämpfer bedrängte. Der Kreisvorsitzende Daniel Lindenschmid, der selbst am Stand war, sprach später von „linksextremen Gewalttätern“, die „ein grundlegendes Problem mit Demokratie und Meinungsfreiheit“ hätten.

Handfeste Auseinandersetzungen an den Wahlkampfständen

Weitere ähnlich gelagerte Vorfälle gab es eine Woche später in Fellbach und Korb. Im Falle von Fellbach beschuldigten sich AfD und Linke später gegenseitig der Lüge. Seitens der Gegner wurden Vorwürfe erhoben, die Wahlkämpfer hätten ihren Infostand selbst zerstört und würden sich nun als Opfer stilisieren. Es wurde sogar ein Video veröffentlicht, das diese Sichtweise beweisen sollte. Das wurde von der Gegenseite als „völlig absurd“ zurückgewiesen. Die Polizei erklärte, es gebe keine Hinweise, dass die gegen die AfD gerichteten Vorgänge vorgetäuscht gewesen wären. Nach wie vor bestehe der Verdacht, dass Leute aus dem linken Spektrum für Beschädigungen verantwortlich sein könnten.

Wegen der bevorstehenden Veranstaltung im Backnanger Bürgerhaus hat das Bündnis Zusammen gegen Rechts Rems-Murr bereits Gegenproteste angekündigt. Die Verantwortlichen des Bündnisses schreiben auf ihrer Facebookseite: „Rassismus & rechte Hetze haben im Rems-Murr-Kreis nichts verloren.“ Auch ein Offenes Antifaschistisches Treffen Rems-Murr ruft auf: „Stören – Blockieren – Protestieren.“

Die Polizei beobachtet die aktuelle Entwicklung rund um die AfD-Veranstaltung. „Das haben wir auf dem Schirm“, wie Pressesprecher Holger Bienert erklärt. Klar ist bereits: „Wir werden einen Polizeieinsatz haben.“ Man gehe zunächst einmal davon aus, dass die Versammlung friedlich und störungsfrei verläuft – falls jedoch nicht, „sind wir vorbereitet“. Die Planungen im Polizeipräsidium Aalen laufen laut Bienert noch. Es sei schwer, vorherzusagen, wie viele Demonstranten zu erwarten sind. Aber Bienert ist überzeugt, dass das Polizeipräsidium mögliche Zwischenfälle mit eigenen Kräften bewältigen kann.

Das Bürgerhaus wurde, wie die städtische Pressesprecherin Christine Wolff erklärt, der AfD gemäß den geltenden Regularien überlassen. Danach kann jede zur Wahl zugelassene Gruppierung in den letzten drei Monaten vor dem Wahltag für jeweils eine Veranstaltung in den Stadtteilen und in der Kernstadt städtische Räumlichkeiten gebühren- und nebenkostenfrei belegen. Beim Bürgerhaus gilt allerdings, so Wolff weiter, die Sonderregelung, dass 50 Prozent der Nebenkosten in Rechnung gestellt werden. Von der AfD, die zur Gemeinderatswahl zugelassen ist, sei eine kommunalpolitische Veranstaltung angemeldet worden.

Zudem wird laut Wolff generell darauf geachtet, dass Veranstaltungen im gesetzlichen Rahmen verlaufen. Unter anderem werden die Veranstalter darauf hingewiesen, dass keine verfassungsfeindlichen Symbole verwendet werden dürfen. Das Ordnungsamt setzt auch die weiteren Rahmenbedingungen fest, was beispielsweise Versammlungsleiter, Ordnungskräfte und Teilnehmerzahl betrifft.

Gegner melden Demonstration auf dem Schillerplatz an

Bei der Stadtverwaltung bereits ordnungsgemäß angemeldet ist auch eine Protestaktion auf dem Schillerplatz. Polizei und Rechts- und Ordnungsamt sind darüber informiert und werden auch vor Ort zugegen sein. Der Schauplatz der Gegendemo ist zwar auf den Schillerplatz beschränkt. Sollte es aber spontan noch zu einem Umzug kommen, so kann dies, wie Wolff erläutert, nicht von vornherein unterbunden werden. Vielmehr werde von der Polizei und der Ordnungsbehörde vor Ort entschieden, inwieweit dieser zugelassen wird.