Grün-Schwarz will Wahlrecht bis Oktober ändern

dpa/lsw Stuttgart. Mehr Frauen und mehr jüngere Wähler: Grüne und CDU wollen bis Herbst im Paket das Wahlrecht ändern. Frauenverbänden geht das zu langsam.

Grün-Schwarz will Wahlrecht bis Oktober ändern

Ein Wahlzettel wird in eine Wahlurne gesteckt. Foto: Bernd Weissbrod/dpa/Illustration

Die grün-schwarze Koalition will bis Mitte Oktober das Wahlrecht ändern und damit den Landtag für Frauen und jüngere Wähler attraktiver machen. Die Fraktionsvorsitzenden Andreas Schwarz (Grüne) und Manuel Hagel (CDU) unterbreiteten der Opposition von SPD und FDP am Mittwoch einen Vorschlag für eine Reform. Nach den Eckpunkten soll es im Land ähnlich wie im Bund ein Zwei-Stimmen-Wahlrecht geben. Zudem sollen Jüngere wie schon bei Kommunalwahlen ab 16 Jahren wählen dürfen. Da die Reform eine Änderung der Landesverfassung nötig macht, braucht die Koalition eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag. Nach dem Zeitplan von Schwarz und Hagel soll das Vorhaben am 20. Oktober verabschiedet werden.

Künftig sollen Wählerinnen und Wähler mit der Erststimme ihren Direktkandidaten im Wahlkreis in den Landtag wählen können. Die Zweitstimme soll wie bei der Bundestagswahl an eine Partei gehen. 70 Wahlkreise sollen über die Direktmandate vergeben werden, mindestens 50 über die Listen der Parteien. Ziel der Reform ist unter anderem, mehr Frauen ins Parlament zu bekommen. Die Parteien könnten auf ihren Listen Frauen weit vorne platzieren. Bei Kommunalwahlen sollen junge Leute ab 16 Jahren auch schon für den Gemeinderat kandidieren dürfen. Dafür soll in einem zweiten Schritt auch die Gemeindeordnung geändert werden. Damit stellte die CDU ihre rechtlichen Bedenken zurück, dass 16-Jährige noch nicht voll geschäftsfähig seien.

Schwarz und Hagel schrieben an die Fraktionsvorsitzenden von SPD und FDP, Andreas Stoch und Hans-Ulrich Rülke, den Gesetzentwurf in vier Wochen vorlegen zu wollen. Noch während der Sommerpause wolle man sich mit ihnen darüber verständigen. Im Landtag versuchte die SPD erneut per Gesetzentwurf, das Wählen mit 16 im Land vorzuziehen, um ein schnelles Signal an die jungen Leute zu senden. Auch die FDP war dafür. „Schnell könnten wir die Absenkung des Wahlalters hinbekommen“, sagte die Abgeordnete Julia Goll. Grüne und CDU lehnten das aber mit Verweis auf das Reformpaket ab. Die AfD ist gegen die Absenkung des Wahlalters, bei der Europa- und Bundestagswahl dürfe man auch erst ab 18 wählen. „Der einzige Grund für diesen Wettlauf nach unten ist der billige Stimmenfang“, sagte der AfD-Mann Anton Baron.

Der Landesfrauenrat und die Frauenverbände zahlreicher Parteien forderten indes mehr Tempo. „Leider sehen wir im Moment noch wenig Bewegung bei den Verhandlungen zur Gesetzesänderung“, hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung. „Es darf nicht passieren, dass die Wahlrechtsreform erneut scheitert.“ Eigentlich müsse die Reform innerhalb der ersten 100 Tage bis Mitte August umgesetzt werden. Die Vorsitzende des Landesfrauenrats, Anja Reinalter, sagte, die Reform des Wahlrechts stehe nun zum dritten Mal in einem Koalitionsvertrag. In der vergangenen Wahlperiode hatte die CDU-Fraktion das Projekt blockiert. Bei der Landtagswahl im März wurden 45 Frauen und 109 Männer in den Landtag gewählt. Das entspricht einem Frauenanteil von 29,2 Prozent.

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