Waiblinger stimmen über Schölzel ab

Am Montagabend soll Ian Schölzel vom Waiblinger Gemeinderat zum neuen Ersten Bürgermeister der Großen Kreisstadt gewählt werden. Dass der amtierende Bürgermeister von Weissach im Tal seiner Gemeinde nun doch den Rücken kehren will, hat viele Gemeinderäte nicht wirklich überrascht.

Waiblinger stimmen über Schölzel ab

Ian Schölzel möchte seine Karriere in Waiblingen fortsetzen. Archivfoto: T. Sellmaier

Von Melanie Maier

Weissach im Tal. Wenn alles wie erwartet läuft, wird Ian Schölzel am Montagabend zum neuen Ersten Bürgermeister in Waiblingen gewählt werden. Um 18 Uhr wird sich der amtierende Bürgermeister von Weissach im Tal in der Waiblinger Gemeinderatssitzung zur Wahl stellen – als einziger Bewerber. Schölzels Chancen stehen dementsprechend gut. Der vom Waiblinger Gemeinderat ermächtigte Ausschuss für Bildung, Soziales und Verwaltung hatte sich bereits am 8.Dezember für Schölzels Kandidatur ausgesprochen (wir berichteten).

In Bietigheim-Bissingen sah Schölzel in letzter Minute von der Kandidatur ab

Dass der 45-Jährige sich dazu entschieden hat, Weissach im Tal den Rücken zu kehren, hat viele Gemeinderäte der Tälesgemeinde nicht groß überrascht – was auch an seiner Bewerbung im Frühjahr auf die Stelle des Ersten Bürgermeisters in Bietigheim-Bissingen liegt, wo er sich sozusagen in letzter Minute doch nicht zur Wahl aufstellen ließ, obwohl er auch dort der einzige Bewerber war (wir berichteten).

„Nach Bietigheim-Bissingen erschien mir Waiblingen naheliegend“, sagt etwa Wilhelm König, Fraktionsvorsitzender der Unabhängigen Bürgerliste Weissach im Tal (UBL). „Ich habe schon bei der Oberbürgermeister-Ausschreibung an ihn gedacht.“ Der amtierende OB Waiblingens, Andreas Hesky, hat bereits im Sommer angekündigt, nicht für eine dritte Amtszeit antreten zu wollen (wir berichteten). Er bedauere, dass Schölzel gehen wolle, führte König aus. „Aber das ist seine Entscheidung und ich möchte ihm da nichts in den Weg legen.“

Bei Schölzels Bewerbung für den Posten in Bietigheim-Bissingen hatten sich viele Gemeinderäte und Akteure im Weissacher Tal noch für Schölzels Verbleib in der Tälesgemeinde ausgesprochen und vermutlich auch dazu beigetragen, dass dieser sich am Ende doch für seine „Herzensgemeinde“, wie er sagte, entschied. Dieses Mal sieht keiner der Sprecher der vier Fraktionen im Weissacher Gemeinderat eine Chance dafür, den Rathauschef nochmals davon zu überzeugen, seine Bewerbung in Waiblingen zurückzuziehen. In der jüngsten Weissacher Gemeinderatssitzung am vergangenen Donnerstag kam das Thema denn auch gar nicht zur Sprache. Schölzel hatte sich bereits vorab mit den Fraktionssprechern in Verbindung gesetzt und die Sachlage erläutert. „Wir sehen keine Chance mehr, da etwas zu machen. Und wir wollen es ihm auch nicht unnötig schwer machen“, so König.

In der Fraktion habe man schon einmal darüber gesprochen, wer als Nachfolger oder Nachfolgerin infrage kommen könnte, aber im Moment könne er noch keine Namen nennen, erklärte König weiter und fügte hinzu: „Wir Gemeinderäte würden uns aber freuen, wenn Interessenten auf uns zukommen würden.“

Jörg Schaal, Fraktionssprecher der CDU/FWV, wurde Schölzels Entscheidung bereits vor Dezember zugetragen. Er war deshalb nicht sonderlich überrascht von der Neuigkeit aus dem Waiblinger Gemeinderat. Er habe sich schon vor 14 Jahren, als Schölzel mit gerade einmal 31 Jahren zum Bürgermeister von Weissach im Tal gewählt wurde, gedacht, dass dieser „nicht ewig bleiben würde“, sagt Schaal. Dass Schölzel beruflich nochmals eine Herausforderung sucht, könne er auch wegen seines eigenen Lebenslaufs gut nachvollziehen, so Schaal. Er findet den Weggang des Rathauschefs „sehr, sehr schade“: „Wir haben immer gut und fair zusammengearbeitet, auch wenn man nicht immer derselben Meinung war.“

„Wirklich schade“ findet auch Luciano Longobucco, dass Schölzel Weissach im Tal beruflich vermutlich verlassen wird. „Es wird ungeheuer schwierig werden, einen adäquaten Ersatz für ihn zu finden“, so der Fraktionssprecher der Liste Weissacher Bürger (LWB). „Er ist wirklich ein guter Mann. Er hat den richtigen Ton getroffen, es geschafft, unterschiedliche Interessen zusammenzubringen und viel zu bewegen.“ Den Wunsch, in einer größeren Stadt etwas zu bewegen, könne er aber nachvollziehen. Dass Schölzel Waiblingen Bietigheim-Bissingen vorzieht, habe wohl privat Gründe, mutmaßt Longobucco: Die Familie möchte in der Gemeinde wohnen bleiben, nach Waiblingen ist die Distanz nicht so groß.

Das vermutet auch Irmgard Hestler, die für die SPD-Fraktion spricht. Sie wollte sich eigentlich mit ihrem 70. Geburtstag im kommenden April aus dem Gemeinderat zurückzuziehen. „Aber wenn jetzt ein neuer Bürgermeister kommt, muss ich das noch einmal überdenken“, erklärt sie. Es sei wichtig, einige Personen im Gemeinderat zu haben, die sich noch an Ereignisse von vor 30 Jahren erinnern und Sachverhalte entsprechend einordnen können. Das Bild, das Schölzel hinterlasse, sei ein sehr positives, sagt Hestler: „Er hat eine gewinnende Art, Dinge zum Laufen zu bringen.“

„Total geschockt“ war Hauptamtsleiterin Madelaine Fischer über die Nachricht ihres Chefs. „Wir haben lang und vertrauensvoll zusammengearbeitet“, sagt sie. Obwohl es ein „herber Schlag“ für die Gemeinde sei, wünschen Fischer und ihre Kollegen Schölzel alles Gute. „Wir wissen noch nicht, wer sich auf seine Nachfolge bewerben wird, freuen uns aber auf spannende Bewerber.“