War es Vergewaltigung oder der harte Sex zu brutal?

32-Jähriger aus Weinstadt ist vor dem Landgericht angeklagt. Er will lediglich der Dominante bei seiner „Schlampe“ gewesen sein.

War es Vergewaltigung oder der harte Sex zu brutal?

Das Gericht muss nun im weiteren Verlauf der Beweisaufnahme prüfen, ob der Angeklagte gewusst hat, dass die 22-Jährige mit seinen sexuellen Handlungen nicht einverstanden war. Symbolfoto: Sang Hyun Cho auf Pixabay

Von Heike Rommel

Weinstadt/Stuttgart. Wegen Vergewaltigung und Körperverletzung muss sich ein 32-Jähriger aus Weinstadt vor dem Stuttgarter Landgericht verantworten. Er soll eine 22-Jährige aus Waiblingen, die er über ein Dating-Portal kennengelernt hat, in seiner Wohnung geschlagen und mit Gewalt zu erniedrigendem Sex gezwungen haben.

Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, bei einem Treffen am 14. Dezember 2019 gegen 13 Uhr in seiner damaligen Wohnung in Weinstadt-Beutelsbach kurz verschwunden und dann nackt aus dem Badezimmer gekommen zu sein. Als die 22-Jährige gesagt habe, dass sie keinen Sex mit ihm wolle, habe der Beschuldigte sie ins Gesicht geschlagen und auf die Couch gestoßen. Dort habe er von der 22-Jährigen aus Waiblingen-Hegnach verlangt, dass sie sich auszieht.

Dann habe der Angeklagte die Frau an den Haaren ins Schlafzimmer gezerrt und sie auf dem Bett vergewaltigt. Die 22-Jährige habe sich mit Händen und Füßen gewehrt und schließlich die Wohnung verlassen können, heißt es in der Anklageschrift weiter. Ihre Brille, die sie vergessen hatte, legte ihr der Angeklagte hinterher auf den Briefkasten.

Vom zeitlichen Verlauf her sei alles so gewesen, aber Vergewaltigung habe es keine gegeben. Vielmehr berief sich der 32-Jährige darauf, dass er beim Sex stets den „dominanten Part“ innegehabt habe. „Sie hätte jederzeit gehen können“, meinte er gegenüber dem Vorsitzenden Richter, Rainer Skujat. Die 22-Jährige hätte ebenfalls „auf etwas härteren Sex gestanden“ und er habe auch schon davor mit ihr geschlechtlich verkehrt. Konkret auf der Rückbank seines Autos auf einem Cannstatter Parkplatz.

Der Angeklagte hat eingefordert und sein Opfer hat angeblich alles gemacht

Die richterliche Frage, ob dabei Unterwürfigkeit der Frau eine Rolle gespielt habe, bejahte der Angeklagte. Er habe eingefordert und die Frau habe gemacht, beschrieb er seine sexuellen Vorlieben. „Hey Schlampe“ war die Anrede, die der Weinstädter im Chat mit der Waiblingerin benutzte. Am Tattag habe er wie immer in einem „leicht befehlenden Ton gesprochen“ und auch Spaß an Klatschgeräuschen durch Schläge auf den Po gehabt, fuhr der Beschuldigte fort, so etwas hätte eben dazugehört. Im Chat hatte er auch von „Züchtigung“ gesprochen.

Die 22-Jährige bestätigte im Zeugenstand, dass der Geschlechtsverkehr im Auto, wie vom Angeklagten geschildert, einvernehmlich stattgefunden habe. In der Wohnung jedoch habe der Angeklagte nur mit ihr sprechen wollen. Auf Nachfrage von Richter Skujat und aus den Chatverläufen ergab sich, dass die beiden gar kein anderes Thema hatten als Sex und von den Vorlieben her einigermaßen auf der gleichen Linie lagen. Dennoch habe sie an diesem Tag nicht gewollt und das dem Angeklagten auch gesagt, beteuerte die Zeugin.

Bevor sie zur Polizei ging, vertraute sich die 22-Jährige ihrem besten Freund und ihrer Mutter an. Die Chats hatte sie zu diesem Zeitpunkt alle schon gelöscht. Die Verletzungen an ihrem Gesäß, berichtete die Geschädigte, seien nach ein paar Tagen vollständig abgeheilt und weitere Verletzungen habe sie keine gehabt. Psychologische Hilfe habe sie auch keine in Anspruch nehmen müssen.

„Haben Sie sich widerspruchslos als Schlampe bezeichnen lassen?“ Diese richterliche Frage bejahte die Waiblingerin. Im Chat habe sie die Dominanz des Weinstädters angetörnt. „Vieles hab ich auch geschrieben, weil es mir gut getan hat, dass er mich begehrt hat“, gab die Zeugin und Geschädigte zu. Dass er keine Beziehung möchte, habe ihr der Angeklagte gesagt und schon nach den ersten Begegnungen gemeint, auf einer Parkbank sitzen sei ja okay, aber beim nächsten Mal müsse mehr passieren.

Hat der Angeklagte gewusst, dass die Frau nicht einverstanden war?

War es eine Vergewaltigung oder war der harte Sex zu brutal? Das Gericht muss nun im weiteren Verlauf der Beweisaufnahme prüfen, ob der Angeklagte gewusst hat, dass die 22-Jährige mit seinen sexuellen Handlungen nicht einverstanden war. Außer Weinen und Zusammenpressen habe sie keine Gegenwehr geleistet und die Tür war nicht abgeschlossen, sagte die Frau aus.