Ungleichbehandlung

Warum bekommen Beamte keine Aktivrente?

Ab 2026 können Rentner 2.000 Euro im Monat steuerfrei hinzuverdienen. Doch es gibt rechtliche Zweifel, denn Beamte, Selbständige und Freiberufler bleiben außen vor.

Warum bekommen Beamte keine Aktivrente?

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Von mic/red

Es ist ein persönliches Anliegen von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU): Im Januar 2026 tritt die neue Aktivrente in Kraft - ein Steuerfreibetrag von bis zu 2.000 Euro im Monat für Senioren, die freiwillig über das Rentenalter hinaus weiterarbeiten. Doch von dieser Vergünstigung profitiert nicht jeder: Beamte sind vom Anspruch ausgeschlossen.

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Die entscheidende Formulierung im Gesetzentwurf macht den Unterschied: Die Rede ist von „sozialversicherungspflichtig Beschäftigten“ – eine Formulierung, die Beamtinnen und Beamte vom Anspruch ausschließt. Sie sind in der Regel nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert, sondern über das Beamtenversorgungssystem abgesichert.

Beamte von Aktivrente ausgeschlossen

Die Bundesregierung begründet diese Einschränkung mit dem Ziel, sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer ab dem Überschreiten des gesetzlichen Rentenalters zu begünstigen, während die Steuerfreiheit auch der Stärkung der Sozialkassen dienen soll. Ruhestandsbeamte zahlen allerdings gar nicht in die Rentenversicherung ein, und bei der privaten Krankenversicherung übernimmt der Dienstherr einen großen Teil der Beiträge.

Rechtliche Zweifel an der Aktivrente

Die Ungleichbehandlung stößt auf erhebliche Kritik. Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Diensts im Bundestag kritisiert eine doppelte Ungleichbehandlung – nach Alter und nach Tätigkeitsart – und sieht das Leistungsfähigkeitsprinzip berührt. Der dbb-Bundesvorsitzende Volker Geyer erklärte unmissverständlich: „Diese Ungleichbehandlung lehnen wir ab. Wenn die Regierungskoalition schon an dem Vorhaben festhält, müsste die Aktiv-Rente wenigstens allen gleichermaßen zugänglich sein, also auch Beamtinnen und Beamten sowie Selbstständigen.“

Verfassungsrechtliche Bedenken zur Aktivrente

Steuerrechtlerin Johanna Hey von der Universität zu Köln sieht im Gespräch mit der FAZ gleich „drei potentielle Diskriminierungstatbestände: alt – jung, Arbeitnehmer – Selbständige, Beamte – Arbeitnehmer“. Auch Steuerrechtler äußern Bedenken.

Klagen nicht begünstigter Gruppen gelten daher als möglich. Allerdings machen Rechtsexperten betroffenen Beamten wenig Hoffnung: Das Bundesverfassungsgericht werde die Entlastung der gesetzlichen Rentenversicherung im Zweifel als Begründung ausreichen lassen. Im Zweifel zog es sich bei Förderungsmaßnahmen wie der Aktivrente bislang immer auf eine reine „Willkürprüfung“ zurück, die sich lediglich an Mindeststandards orientiert.

Beamte und Selbstständige bei Aktivrente außen vor

Mit 45.700 Neupensionierungen von Beamtinnen und Beamten allein im Jahr 2023 betrifft der Ausschluss eine nicht unerhebliche Gruppe. Dennoch wollen sich die zuständigen Ministerien auf Medienanfragen nicht äußern und bleiben stur bei ihrer Linie.

Aktivrente ohnehin wenig attraktiv?

Ob es vielleicht eine Lösung sein könnte, interessierten Beamten im Rahmen der „Aktivrente“ freiwillige Sozialversicherungsbeiträge zu ermöglichen? Und ob das Modell dann überhaupt noch attraktiv für sie wäre?

Solche Beiträge müssen übrigens auch Aktivrentner zahlen, die früher TvÖD-Angestellte waren – lediglich von der Steuer sind sie befreit. Gleichzeitig steigen dadurch aber auch ihre Rentenansprüche leicht. Ausnahmsweise sind Tarifbeschäftigte also einmal im Vorteil gegenüber verbeamteten Kollegen, könnten im Ruhestand zum Beispiel Beratungsleistungen beim früheren Dienstherrn erbringen.

Die Aktivrente mag ein gut gemeinter Ansatz sein, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Doch die Ausgrenzung ganzer Berufsgruppen wirft Fragen nach Gerechtigkeit und Verfassungskonformität auf, die die Politik bald beantworten muss – möglicherweise vor Gericht.