Frank Nopper wirbt für Kooperation

Warum Stuttgarts OB Chinas Premier treffen darf – und der Außenminister nicht

Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper hat sich mit Chinas Premierminister Li Qiang unterhalten. Er erklärt, warum Städte hier Vorteile haben – und warnt vor Wohlstandsverlusten.

Warum Stuttgarts OB Chinas Premier treffen darf – und der Außenminister nicht

Stuttgarts OB Frank Nopper übergibt dem chinesischen Premierminister Li Qiang beim Treffen ein Trikot des VfB. Die Landeshauptstadt ist in der Volksrepublik bekannt für den Fußballbundesligisten sowie für Mercedes und Porsche.

Von Veronika Kanzler

Was dem deutschen Außenminister Johann Wadephul Ende Oktober verwehrt blieb, gelingt Frank Nopper: Der Stuttgarter Oberbürgermeister (CDU) hat in Shanghai den chinesischen Premierminister Li Qiang getroffen. Auf der China International Import Expo (CIIE) sprach Nopper mit dem zweithöchsten Politiker der Volksrepublik – direkt hinter Staatschef Xi Jinping. Stuttgart ist als einzige deutsche Stadt mit einem Stand auf der Messe vertreten.

Am Mittwoch kam es zu dem kurzen, aber symbolträchtigen Zusammentreffen. Für Nopper ein Höhepunkt der Reise. Er überreichte dem Ministerpräsidenten Li ein Trikot des VfB Stuttgart. Tatsächlich ist die baden-württembergische Landeshauptstadt in der Volksrepublik nach Angaben von Nopper nämlich für drei Dinge bekannt: Mercedes, Porsche und eben dem Pokalsieger von 2025.

Bei dem geplanten Treffen seien die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Stuttgart und China, insbesondere in den Bereichen Technologie, Automobilindustrie und Nachhaltigkeit, thematisiert worden. Nopper betont die Bedeutung des Dialogs: „Der direkte Kontakt zu den chinesischen Entscheidungsträgern ist für die Landeshauptstadt Stuttgart ein wichtiges Signal. Er zeigt, dass unser Engagement wahrgenommen und geschätzt wird.“

Warum es dem Stuttgarter Oberbürgermeister gelang, ein fünfminütiges Gespräch mit Li zu führen? „Nationale und internationale politische Fragen waren nicht Gegenstand des Gespräches mit Premierminister Li“, sagte Nopper. Auf der Ebene von Städten seien persönlichere direktere Verbindungen möglich, als auf der hohen Flughöhe von Nationalstaaten.

Stuttgart und Nanjing verbindet 30-jährige Städtefreundschaft

Die Wirtschaftsreise ist nach Angaben der Stadt Teil der strategischen Außenwirtschaftsaktivitäten. Ziel sei es Investitionen zu sichern, bestehende Partnerschaften zu stärken und Stuttgart als verlässlichen, kooperationsbereiten Akteur im internationalen Umfeld zu positionieren. Vor dem Messebesuch war Nopper von Montag an in Nanjing unterwegs. Die Stadt pflegt seit 30 Jahren eine Freundschaft mit Stuttgart. Nanjing zählt rund zehn Millionen Einwohner und liegt in der ostchinesischen Provinz Jiangsu, etwa 300 Kilometer von Shanghai entfernt.

Bosch hat ein Werk in Nanjing

Dort besuchte Nopper das seit 1996 bestehende Werk von Bosch, wo er einen Eindruck von der dortigen Arbeitsrealität bekam: Die Beschäftigten arbeiten 48 Stunden pro Woche – deutlich mehr als die in Deutschland üblichen 35 Stunden. Für Nopper ist das ein Weckruf: „Wenn unsere Wettbewerber auf den internationalen Märkten mehr arbeiten und wir weniger, werden wir zumindest auf Dauer Wohlstandsverluste hinnehmen müssen.“ Was können die Deutschen aus seiner Sicht von den Chinesen lernen? Nach Noppers Einschätzung braucht das Land eine neue Aufbruchstimmung und müsse schneller werden, ohne Qualität einzubüßen.

Als Beispiel für die Dynamik nennt er ein Gespräch mit einem Start-up-Gründer. Zwölf Stunden am Tag seien zu viel, habe dieser gesagt – er arbeite elf Stunden, sieben Tage die Woche. Diese Haltung habe Nopper beeindruckt.

Für den OB ist die Reise mehr als ein symbolischer Akt. Sie soll zeigen, dass Stuttgart wirtschaftliche Brücken schlagen will. „Der rasante wirtschaftliche Aufstieg Chinas ist ein lauter Weckruf für uns Europäer und gerade auch für uns Deutsche“, sagt Nopper gegenüber unserer Zeitung. Und weiter: „Wir brauchen die Chinesen: als Abnehmer, als Kooperationspartner und auch als Investoren in Stuttgart.“

OB Nopper gibt ein Interview im chinesischen Staatsfernsehen

„Stuttgart muss international agieren“

Er warnt vor Selbstzufriedenheit: Deutschland dürfe nicht als „Good old Germany“ in einen Tiefschlaf versinken. Auch Kommunen müssten international agieren, so Nopper. Und gerade Stuttgart als starker Wirtschafts-, Forschungs- und Wissenschaftsstandort. Der Asien-Pazifik-Raum stehe dabei im Fokus. „Wir wollen Wege für Kooperationen ebnen – für Automobilhersteller sowie für Automobilzulieferer, aber auch für Unternehmen anderer Branchen.“

Seine feste Überzeugung sei, sagte Nopper bei einem TV-Auftritt im chinesischen Staatsfernsehen, dass innovative und umweltfreundliche Autos auch in Zukunft eine große Rolle spielen werden und ein zentraler Wirtschaftsfaktor seien. Dabei stehen „wir einerseits im Wettbewerb miteinander, andererseits wollen wir auch kooperieren und voneinander lernen.“

Gewinne von Mercedes, Porsche und Bosch sinken

Die Stadt Stuttgart ist aufgrund der Gewerbesteuern meist in einer sehr privilegierten Lage. In diesem Jahr muss sie sich aber mit sinkenden Gewerbesteuereinnahmen auseinandersetzen. Etwa eine viertel Million Arbeitsplätze in der Region hängen direkt an der Automobilindustrie. Die großen Unternehmen wie etwa Mercedes-Benz, Bosch oder Porsche verzeichnen aufgrund eines starken Absatzrückgangs deutliche Gewinneinbrüche. Außerdem haben alle drei Konzerne angekündigt, Arbeitsplätze in der Region zu streichen. In den allermeisten Fällen geschieht dies sozialverträglich über Abfindungen und Fluktuation.