Stuttgart Noch ist es zu früh, um vorherzusagen, mit welcherStrafe der 20-jährige Mannzu rechnen hat, der in der Nacht zum Donnerstag einen Unfall verursacht hat, bei demzwei Menschen ums Leben kamen. Das wird vom Ergebnis der Ermittlungen und den in diesem Rahmen erhobenen Gutachten abhängen. Von einer Geldstrafe bis hin zu lebenslanger Haft ist alles möglich.
Die Staatsanwaltschaft hat zunächst Anklage wegen fahrlässiger Tötung erhoben. Der Strafrahmen reicht hier von einer Geldstrafe bis hin zu einer Haftstrafe von fünf Jahren. Fahrlässige Tötung liegt vor, wenn ein Mensch aufgrund der Missachtung seiner Sorgfaltspflicht den Tod eines anderen provoziert. Der Tatbestand findet besonders oft im Straßenverkehr Anwendung. Oft bei Verkehrsunfällen, die ihre Ursache im Nichtbeachten von Verkehrsregeln haben. Der Tatbestand dürfte im vorliegenden Fall gegeben sein.
Der Paragraf 315d des Strafgesetzbuchs ist vergleichsweise neu. Er ist im Sommer 2017 verabschiedet worden, nachdem es in Deutschland zu mehreren tödlichen Unfällen durch Raser kam. Entgegen seiner Überschrift sind nicht nur Wettrennen sanktioniert. Bestraft werden auch Autofahrer, die „mit nicht angepasster Geschwindigkeit“ unterwegs sind und sich dabei „grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegen, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen“. Sollten die Untersuchungen zu dem Schluss kommen, dass dies in Stuttgart der Fall gewesen ist, könnte eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren verhängt werden, ein Jahr Haft wäre die Mindeststrafe.
Erst vor einer Woche hat der Bundesgerichtshof (BGH) ein Urteil des Landgerichts Hamburgbestätigt, das einen Raser wegen Mordes lebenslang hinter Gitter gesteckt hat. Raser können also auch wegen Mordes verurteilt werden. Entscheidend ist dabei der konkrete Einzelfall. Gelingt es der Staatsanwaltschaft, den Vorsatz für die Tötung nachzuweisen, ist eine Verurteilung wegen Mordes denkbar. Vorsatz ist in diesem Zusammenhang nicht so zu verstehen, dass der Raser jemanden Bestimmten umbringen wollte. Juristen sprechen hier von einem „bedingten Vorsatz“. Das bedeutet, dass es der junge Mann für möglich gehalten haben muss, dass ein tödlicher Unfall geschieht – sich aber mit dem Risiko abgefunden hat. Dies zu begründen ist nicht einfach. Der BGH hat Mord-Urteile gegen Raser wegen eines Begründungsfehlers in diesem Bereich aufgehoben. Im Falle eines Mordes wäre eine lebenslange Freiheitsstrafe zwingend.
Die Staatsanwaltschaft hat Untersuchungshaft beantragt. Das ist keine Strafe, sondern eine Ermittlungsmaßnahme. Neben einem dringenden Tatverdacht braucht es zusätzlich einen Haftgrund, zum Beispiel Fluchtgefahr. Ist diese nicht gegeben, kann der Raser auch nach seiner Tat bis zu einem möglichen Prozess in Freiheit bleiben.