Obst pflücken in freier Natur

Was ist erlaubt und was verboten?

Beim Spaziergang im Park mal eben einen Apfel pflücken: Was harmlos klingt, kann schnell rechtliche Folgen nach sich ziehen. Was beim Sammeln von Obst in freier Natur und auf Streuobstwiesen erlaubt ist und was nicht.

Was ist erlaubt und was verboten?

Großangelegter Obstdiebstahl ist zwar eher die Ausnahme, doch für die Betriebe ist der Schaden immens.

Von Markus Brauer/KNA

Wenn es nach Schätzungen des Naturschutzbundes Deutschland geht, ist die Bundesrepublik Europas Streuobstland Nummer eins. Über mehr als 250.000 Hektar erstrecken sich demnach die Streuobstwiesen hierzulande, gerade jetzt in der Erntezeit von Äpfeln, Birnen und Himbeeren sind sie beliebt.

 Doch darf man Früchte dort einfach pflücken? Und wie verhält es sich mit einzelnen Bäumen und Sträuchern am Straßenrand?

Dreistes Stibitzen?

Einen Apfel im Vorbeigehen schnell vom Baum stibitzt, weil er einfach zum Anbeißen ausschaut: Für Obstbauern vor allem in touristischen Regionen ein Ärgernis, das regelmäßig vorkommt. Doch es gebe auch Fälle, wo dreiste Diebe ganze Kisten an Äpfeln von den Bäumen holen und mit dem Auto wegfahren, berichtet Thomas Riehl vom Verein Fränkische Obstbauern in Kitzingen.

Großangelegter Obstdiebstahl ist zwar eher die Ausnahme, doch für die Betriebe ist der Schaden immens. Wie groß das Problem Obstdiebstahl ist, können die Erzeugerverbände nur schätzen. Denn erst bei größeren Fällen erstatten die Betriebe tatsächlich Anzeige.

Bei der Polizei werde das aber statistisch nicht einzeln erfasst, sondern generell unter Diebstahl oder Einbruch, erläutert ein Sprecher des Polizeipräsidiums Mittelfranken, das mit dem Knoblauchsland zwischen Nürnberg und Erlangen eines der größten bayerischen Gemüseanbaugebiete in seiner Zuständigkeit hat.

Welche Regionen sind besonders betroffen?

Obstbauern in Baden-Württemberg berichten immer häufiger davon, dass sich Menschen einfach an ihren Bäumen, Erdbeerfeldern oder Weinbergen bedienen. Betroffen seien vor allem Flächen an Radwegen. In Bayern gilt das zum Beispiel für die Mainschleife zwischen Kitzingen und Schweinfurt. Dort sind die Obstanlagen sehr klein parzelliert und nicht eingezäunt.

Ähnlich ist es in der Urlaubsregion am Bodensee, wo sich mit 9000 Hektar eines der größten Anbaugebiete für Kernobst in Deutschland befindet. „Entlang des Sees mit vielen Rad- und Spazierwegen und entsprechend vielen Passanten ist es stärker ausgeprägt als im Hinterland“, sagt Manuela Heinrich, Geschäftsführerin der Obst vom Bodensee Marketing GmbH in Friedrichshafen. „Oft ist das ein spontaner Impuls, weil ein Apfel so lecker aussieht.“ Es komme aber auch vor, dass Leute tütenweise Obst mitnehmen.

Wo darf Obst kostenlos geerntet werden?

Grundsätzlich dürfen in der freien Natur – also auch im Wald – Früchte gepflückt werden, wenn es sich bei den betreffenden Bäumen nicht um einen bewussten Anbau handelt. Das geht aus Paragraf 39 des Bundesnaturschutzgesetzes hervor.

Entscheidend ist dabei, dass nur geringe Mengen gesammelt werden. Die sogenannte Handstraußregelung gilt als Faustregel: Mitgenommen werden darf, was in eine Hand oder einen kleinen Korb passt. Wer allerdings gewerblich ernten will, braucht eine Genehmigung.

Wie sind die Regelungen auf Streuobstwiesen?

Hier ist die Lage nicht ganz so klar. Zwar sind viele Streuobstwiesen für die Allgemeinheit gedacht, einige dieser Flächen sind jedoch von der Stadt verpachtet oder in Privatbesitz, auch, wenn sie nicht eingezäunt sind. Oft klären Schilder über die jeweilige Regelung auf. Im Zweifel sollte bei der zuständigen Behörde nachgefragt werden.

Wie verhält es sich mit Bäumen in Parks oder am Wegesrand?

Ähnlich gestaltet sich der Fall bei Sträuchern oder Bäumen am Straßenrand. Diese gehören oft der Kommune, dem Land oder dem Bund, können aber auch verpachtet sein. In der Praxis ist es nicht immer leicht zu erkennen, wem ein Baum gehört. Zudem können die jeweiligen Gemeinden mit dem Pflücken verschieden umgehen. Daher gilt wie bei den Streuobstwiesen: Im Zweifel nachfragen.

Was bedeuten gelbe Bänder am Obstbaum?

Tragen Obstbäume allerdings ein gelbes Band um den Stamm, dann dürfen sie ohne Rücksprache geerntet werden. Die Ernteaktion, an der einige Städte und Gemeinden sowie private Besitzer der Bäume teilnehmen, geht auf eine Initiative des Bundesministeriums für Landwirtschaft zurück. Sie soll einen Beitrag gegen die Verschwendung von Lebensmitteln leisten.

Wann ist das Pflücken verboten und welche Strafen drohen?

Das Ernten von Privatgrundstücken ist untersagt, auch dann, wenn das Obst über den Zaun des Grundstücks ragt. Letztlich ist das „unerlaubte Mitnehmen fremderzeugter Früchte“ Diebstahl, wie das Bundeszentrum für Ernährung erklärt.

Dabei ist es schon eine Straftat, wenn man nur einen Apfel ohne Erlaubnis pflückt. In der Bevölkerung hält sich jedoch hartnäckig die Ansicht, dass Mundraub ein Kavaliersdelikt ist. Mundraub bezeichnet den Diebstahl oder die Unterschlagung von Nahrungs- oder Genussmitteln oder von anderen Gegenständen des hauswirtschaftlichen Gebrauchs in geringer Menge oder von unbedeutendem Wert.

Im deutschen Strafrecht ist der Begriff seit dem 1. Januar 1975 abgeschafft – und damit ein Diebstahl wie jeder andere, sodass heute die höheren Strafen für Diebstahl oder Unterschlagung verhängt werden können. Nach heute geltendem Recht werden Diebstahl und Unterschlagung geringwertiger Sachen gemäß Paragraf 248a StGB grundsätzlich nur noch auf Strafantrag verfolgt.

Wo sind Streuobstwiesen und Obstbäume zu finden?

Auf der digitalen und interaktiven Karte mundraub.org sind die Fundorte von zahlreichen Obstbäumen und -sträuchern, Kräutern und Nüssen verzeichnet. Nach eigenen Angaben ist es die „größte deutschsprachige Plattform für die Entdeckung essbarer Landschaften“. An den eingetragenen Orten ist die Ernte für gewöhnlich legal und kostenlos, dennoch ist eine kurze Prüfung auch dort empfohlen.

Was ist beim Pflücken selbst noch zu beachten?

Bei einer Obsternte sollten einige Regeln eingehalten werden. Die Bäume und Sträucher sowie die umliegende Natur sollten nicht beschädigt werden. Es sollten lediglich Früchte gepflückt werden, die ohne eine Leiter erreichbar sind. Auf die eigene Gesundheit ist dabei zu achten. Außerdem ist es ratsam, das Obst auf faule Stellen oder Maden zu überprüfen und zu reinigen.