Wechsel zum Digitalfunk schon greifbar

In zwei Jahren soll die neue Technik das analoge Verfahren bei den Feuerwehren im Rems-Murr-Kreis komplett abgelöst haben, so die Planung im Landratsamt. Beim THW ist der Analogfunk längst Geschichte.

Wechsel zum Digitalfunk schon greifbar

Für Steffen Hoffmann, den Zugführer des Technischen Hilfswerks in Backnang, ist der Digitalfunk längst nichts Neues mehr. Für die meisten Feuerwehren im Kreisgebiet, so auch für die Backnanger Wehr, steht der Wechsel vom Analogfunk zur neuen Technik noch an. Foto: A. Becher

Von Bernhard Romanowski

BACKNANG/ALLMERSBACH IM TAL. Die Digitalisierung hat vieles verändert, aber wenn es brennt, lässt sich das Feuer auch weiterhin nicht einfach per Mausklick und via Internet löschen. Dann muss die Feuerwehr ran. Doch in der Abstimmung, wer mit welchen Fahrzeugen und wie vielen Leuten zu einem Einsatzort fährt, kommt sehr wohl digitale Technik zum Tragen – und das auch im Rems-Murr-Kreis immer mehr. Zukünftig löst auch hier die digitale Funktechnik den bisherigen Analogfunk ab.

Zeit wird’s, sollte man meinen. Denn ursprünglich war vorgesehen, dass der Digitalfunk schon 2006 zur damaligen Fußballweltmeisterschaft in ganz Deutschland eingeführt werden sollte. Seitdem ist viel Wasser die Murr und die Rems hinabgeflossen. In der Integrierten Leitstelle Rems-Murr in Waiblingen, wo die Notfallalarmierungen für das Kreisgebiet koordiniert werden, ist die Nutzung des Digitalfunks für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) immerhin bereits seit November 2019 vollständig nutzbar. Jetzt beginnt die sogenannte Migrationsphase für die Feuerwehren, wie die Kreisverwaltung mitteilt: „Das Landratsamt unterstützt die Kommunen und Feuerwehren im Rems-Murr-Kreis bei diesem Wechsel auf die digitale Kommunikation.“ Bereits im Sommer vergangenen Jahres habe die Stabsstelle Brand und Katastrophenschutz des Landratsamts zwei Informationsveranstaltungen via Internet für alle Feuerwehren durchgeführt und alle wichtigen Punkte rund um die Technik und die Beschaffung der BOS-Digitalfunkgeräte erklärt. „Die Städte und Gemeinden können sich bei ihrer Beschaffung aus sogenannten Warenkörben bedienen, die von den infrage kommenden Anbietern für die Feuerwehren zusammengestellt wurden“, heißt es weiter aus dem Landratsamt. Seit Sommer 2020 beschaffen die ersten Kommunen des Rems-Murr-Kreises für ihre Feuerwehren BOS-Digitalfunkgeräte zur Ausrüstung von Fahrzeugen und Feuerwehrhäusern.

Geplant ist, dass die analoge Funktechnik bis 2023 durch die neue Technik ersetzt ist.

Zum Betrieb der neuen digitalen Funktechnik werden spezielle Sicherheitskarten benötigt, die mit SIM-Karten im Mobiltelefon vergleichbar sind. Das Landratsamt hat für die Kommunen die zentrale Antragstellung für die Sicherheitskarten bei der Technischen Betriebsstelle Feuerwehr/Katastrophenschutz des Innenministeriums übernommen und konnte nun rund 500 Karten in Empfang nehmen. Diese können nun durch die Kommunen nach erfolgter Umrüstung der Fahrzeuge und Feuerwehrhäuser abgerufen werden. Durch die Bereitstellung von Ausbildungsmaterial in Form von Präsentationen und die Bereitstellung von Funkgeräten unterstützt das Landratsamt die Feuerwehren auch bei der Ausbildung und Schulung auf die neue Technik. „Erste Feuerwehren im Kreis nutzen bereits seit Mai dieses Jahres die digitale Funktechnik erfolgreich. Geplant ist, dass die analoge Funktechnik bis zum Jahr 2023 komplett durch die neue Technik ersetzt ist“, so das avisierte Ziel der Kreisverwaltung.

Die Akteure des Technischen Hilfswerks (THW) sind da bereits um einiges weiter. „Wir funken schon seit fünf, sechs Jahren digital“, erklärt Steffen Hoffmann, der Zugführer des THW Backnang. Die Umstellung erfolgte zusammen mit der Bundespolizei. Der Grund dafür ist offenbar administrativer Natur. Die Feuerwehren sind in der kommunalen Hierarchie eingegliedert, das THW ist dem Bundesinnenministerium angegliedert, wie Hoffmann ausführt. „Wir warten auf die Feuerwehr, dass die endlich nachzieht.“ Denn die neue Technik bringt einige Vorteile mit sich. Hoffmann nennt eine hervorragende Sprachtonqualität, des Funksystems und die Möglichkeit, eine große Menge an Rufgruppen zu bilden, während beim Analogfunk alles über einen Kanal läuft und man immer die Ohren spitzen muss, ob Mitteilungen dabei sind, die die eigene Gruppe betreffen. Auch und besonders bei überregionalen Einsätzen und im Zusammenspiel von Akteuren wie THW, Feuerwehr und Polizei etwa bei einem Hochwasser weist der Digitalfunk einige Pluspunkte auf, weil man mit wenig Aufwand bestimmte Rufgruppen – also vormals Kanäle – zusammenschalten oder eben voneinander getrennt kommunizieren lassen kann, was im Analogverfahren so wohl nicht geht. Zudem kann der Digitalfunk nicht abgehört werden, wie das beim Analogfunk mit relativ geringem Aufwand möglich ist. Der Aspekt Verschlüsselung und der damit verbundene Datenschutz mag den meisten Leuten kein allzu großes Kopfzerbrechen bereiten. Wenn man aber bedenkt, dass sich auch Akteure mit nicht so lauteren Gedanken – Terroristen oder andere Kriminelle – die über Funk verbreiteten Informationen und die Möglichkeit der digitalen Standortbestimmung etwa von Polizeifahrzeugen zunutze machen können, bekommt das schon ein ganz anderes Gewicht.

Hoffmann verschweigt indessen auch die Nachteile des Digitalfunks nicht. So kann beim Analogfunk die Signalstärke schwanken, wenn man aber beim Digitalfunk keinen Empfang hat und nicht ins Netz gelangt, bestehe auch keine Chance, wenigstens noch Bruchteile der Kommunikation mitzubekommen. „Aber da sehe ich im Rems-Murr-Kreis eigentlich keine Probleme“, gibt Hoffmann Entwarnung. Eher nachteilig sei auch der Umstand, dass sich einzelne Funkteilnehmer wie etwa eine Polizeistreife auf der Autobahn oder ein Baggerfahrer bei einer Bergung nicht mehr direkt etwa von einem THW-Fahrzeug anfunken lassen. Das muss jetzt alles von einer zentralen Stelle an die Untergruppen disponiert werden und bedeutet, dass mitunter Informationen verzögert werden oder verloren gehen. Man könnte also sagen, die Digitaltechnik macht den BOS-Funk effizienter, aber eben auch bürokratischer. „Dennoch überwiegen die Vorteile auf jeden Fall“, so Hoffmann.

Letztlich alternativlos: Ratsbeschluss für neue Technik in Allmersbach im Tal

Auch in Allmersbach im Tal steht die Umrüstung auf Digitalfunk bei der Feuerwehr an. Die Floriansjünger hatten hierfür zwei Angebote für Fahrzeug und Funkzentrale der Firma KTF-Feuchter in Höhe von insgesamt 30741,42 Euro vorgelegt. Da bereits vor einigen Jahren im Zuge eines Pilotprojekts zwei Funkgeräte beschafft worden waren, wird eine Gutschrift in Höhe von 4104,54 Euro gewährt. Für die Einführung des Digitalfunks wurde außerdem ein Landeszuschuss in Höhe von 1800 Euro beantragt und auch bereits bewilligt. Somit belaufen sich die Gesamtkosten auf insgesamt 24836,88 Euro.

Da die Firma KTF-Feuchter in diesem Bereich als Generalunternehmen tätig ist, konnte kein weiteres Vergleichsangebot eingeholt werden, wie im Gemeinderat zu hören war. Auf Rückfrage aus der Mitte des Gremiums führte Bürgermeisterin Patrizia Rall aus, dass sich die freiwilligen Feuerwehren des Weissacher Tals bei der Beschaffung auf einen Anbieter geeinigt hätten, auch um eine bessere Bedienbarkeit und Flexibilität bei der interkommunalen Zusammenarbeit zu erreichen.

„Wir wollen ein gemeinsames Level“, bestätigte der Allmersbacher Kommandant Felix Fischer und fügte an, dass das beauftragte Unternehmen als einziger Anbieter im süddeutschen Raum zur Verfügung stehe. Aufgrund der Pilotphase seit 2014 seien auch bei Ersatzbeschaffungen von Fahrzeugen schon die technischen Voraussetzungen für den Einbau der technischen Einrichtungen hergestellt worden. Auf Rückfrage erklärten Rall und Fischer, dass es sich grundsätzlich um einmalig anfallende Kosten handle. Im laufenden Betrieb fielen allenfalls für notwendige Updates der Anlagen noch Kosten an.

Seitens der NLAH-Fraktion wurde Unmut laut, weil der Entscheidungsspielraum des Gemeinderats in dieser Situation „ein Stück weit eingeschränkt“ sei und man sich etwas überfahren fühle. Jörg Adolph (UWV) sagte: „Das ist in der Tat unschön, aber wir kommen nicht drum herum.“ Der Gemeinderat beschloss letztlich mehrheitlich bei einer Enthaltung die Vergabe der Umrüstung auf Digitalfunk an die genannte Firma in Höhe von 24836,88 Euro.