Bürgerentscheid - Das Votum für ein neues Wohnviertel in Freiburg wirdvon allen Seiten gelassen aufgenommen.
Freiburg Nach dem gescheiterten Versuch, den Bau eines neuen Stadtteils auf der grünen Wiese im Freiburger Westen per Bürgerentscheid zu verhindern, üben sich Gewinner wie Verlierer in Zurückhaltung. Schon vor Bekanntgabe des Ergebnisses – 60 Prozent für und 40 Prozent gegen die Bebauung des Dietenbachgeländes – bekannte Oberbürgermeister Martin Horn (34): „Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen.“ Triumphierende Gesten der Sieger gab es keine, dafür ausgestreckte Hände an die unterlegenen Kritiker. Diese empfinden den Neubau als Umweltsünde in der gefühlten Ökohauptstadt des Landes. Das Ergebnis der Abstimmung, so der erst im Mai 2018 ins Amt gewählte Oberbürgermeister, sei ein klares Votum für eine urbane, attraktive sowie soziale Stadt und für bezahlbares Wohnen. Wie er und die Stadtverwaltung hatten sich 43 von 48 Gemeinderäten, die Handwerks- und die Industrie- und Handelskammer sowie Gewerkschaften für den neuen Stadtteil eingesetzt.
Die OB-Wahl hatte Martin Horn auch mit dem Versprechen gewonnen, das in der Universitätsstadt besonders brennende Wohnungsproblem anzugehen. Horn hat durchgesetzt, dass die stadteigene Wohnbaugesellschaft ein Jahr lang ihre Mieten nicht erhöhen darf. Seine Zweifel an einem neuen Stadtteil überwand er rasch. „Mir ist der Dialog mit den Kritikern wichtig“, erklärte Horn am Montag. „Ich werde die betroffenen Landwirte zu einem Gespräch einladen und mich um einen guten Dialog bemühen.“ Horn braucht noch 8,5 Hektar auf dem 110 Hektar großen Baugebiet. Sollten sich die Eigentümer weigern, käme das äußerst schwierige Thema der Enteignung auf die Tagesordnung.
Enttäuscht zeigten sich die Gegner. Für die Wählerliste Freiburg Lebenswert (FL), die mit vier Räten im Stadtrat vertreten ist und als einzige Fraktion aufseiten der Dietenbach-Gegner steht, erklärte die Vorsitzende Gerlinde Schrempp, es gebe eine gewisse Diskrepanz zwischen der Stadtverwaltung sowie einer großen Mehrheit im Gemeinderat auf der einen und einem relativ großen Teil der Bürgerschaft auf der anderen Seite. Sie ist gleichwohl davon überzeugt, „dass der Bürgerentscheid ein Gewinn für die Demokratie war“. So sehen es auch betroffene Landwirte wie Monika Falkner, Sprecherin der Initiative Pro Landwirtschaft und Wald. Man habe ganz Freiburg aufgemischt und das Thema Flächenversiegelung unübersehbar auf die Tagesordnung gesetzt. Die Unterlegenen betonten, man werde darauf achten, dass die Versprechungen der Stadtteilbefürworter auch umgesetzt würden. Dies gelte für die Finanzierung, die ökologische Ausrichtung und die Realisierung der 50-Prozent-Quote für sozialen Wohnungsbau.