Weissach löst seinen Gutachterausschuss auf

Aufgaben sollen künftig in Backnang wahrgenommen werden – Breitere Basis für Ermittlung von Immobilienwerten

Weissach löst seinen Gutachterausschuss auf

Von Armin Fechter

WEISSACH IM TAL. Die Gemeinde löst ihren Gutachterausschuss zur Jahresmitte auf und übergibt dessen Aufgaben an die Stadt Backnang. Das hat der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung bei drei Gegenstimmen und drei Enthaltungen beschlossen. Bürgermeister Ian Schölzel hatte zuvor das Dilemma geschildert, vor dem Weissach aus seiner Sicht steht: „Wir haben keinen Anlass, den Ausschuss aufzulösen, wir arbeiten gut zusammen. Aber es ist fraglich, ob wir die Anforderungen langfristig noch abdecken können.“

Die jüngsten Entwicklungen fordern die Gemeinde zum Handeln heraus. Es gibt zwar bislang keine gesetzliche Notwendigkeit, die Zäsur vorzunehmen. Die Diskussionen um die Reform der Grundsteuer schreiten jedoch voran. In diesem Kontext geht es auch um die Ermittlung der Bodenrichtwerte und anderer Faktoren. Um hier eine fundierte Grundlage zu bekommen, wird eine Richtgröße von etwa 1000 Kauffällen pro Jahr gefordert. Weissach im Tal hingegen bringt es im Schnitt nur auf etwa 125. „Wir sind weit von dem entfernt, was als Standard gilt“, sagte auch Reinhard Knüdeler, der Vorsitzende des Gutachterausschusses. Es seien in Anbetracht der aktuellen Diskussionen größere Einheiten notwendig, ein eigener Ausschuss für Weissach lasse sich nicht aufrechterhalten. „Leider Gottes“, fügte Schölzel an und empfahl dem Gemeinderat „nüchterne Abwägung“.

So viele Gutachterausschüsse wie im Land gibt es sonst nirgends

Zwar verlangt das Baugesetzbuch in Baden-Württemberg von den Gemeinden, Gutachterausschüsse zu bestellen. Doch ist diese Maßgabe auch aus Sicht der Landespolitik durchaus reformbedürftig. Denn im Südweststaat gibt es so viele Gutachterausschüsse wie in allen anderen Bundesländern zusammen.

Deshalb hat die Landesregierung bereits 2017 die Möglichkeit eingerichtet, interkommunale Zusammenschlüsse zu bilden. Möglich ist aber auch, überörtliche Verwaltungsstrukturen zu nutzen, beispielsweise die vereinbarte Verwaltungsgemeinschaft Backnang (VVG). Die dadurch zustande kommende höhere Anzahl von Gutachten sorgt, so der Gedanke dahinter, auch dafür, dass die jeweils getroffenen Aussagen eine höhere Zuverlässigkeit haben.

Davon Gebrauch gemacht haben viele Gemeinden im Bereich der Verwaltungsgemeinschaft von Anfang an: Allmersbach im Tal, Aspach, Auenwald, Burgstetten, Kirchberg an der Murr und Oppenweiler. Althütte und Weissach bildeten dagegen eigene Gutachterausschüsse, Auenwald zwischenzeitlich ebenfalls. Inzwischen sind aber Auenwald und Althütte wieder auf die VVG-Lösung eingeschwenkt, die auch für Weissach ab 1. Juli Gültigkeit haben soll.

Irmgard Hestler (SPD) befürchtet dabei zwar, dass die lokalen Verhältnisse künftig weniger stark in die Gutachten einfließen. Andererseits soll, wie Schölzel sagte, die Gemeinde auch künftig mit einem Mitglied im Gremium vertreten sein. Aus der Sicht von Carl Höfer droht der Gemeinde, wenn sie am eigenen Ausschuss festhalten wollte, ein rechtliches Risiko. Sie könnte angreifbar werden und müsste unter Umständen enormen Schaden tragen – „das wäre ein Fiasko“.

Info
Unabhängiges Gremium

Gutachterausschüsse sind selbstständige, unabhängige und ehrenamtlich tätige Sachverständigengremien mit jeweils einem Vorsitzenden (hier: Reinhard Knüdeler) und weiteren Gutachtern (Stephan Ocker, Matthias Bauer, Klaus Kipf, Jochen Schaal, Jürgen Siegel und Klaus Weller).

Die Mitglieder werden von den Städten und Gemeinden auf vier Jahre bestellt. Sie besitzen nähere Kenntnisse im Bau- und Grundstückswesen und sind in der Wertermittlung von bebauten und unbebauten Grundstücken erfahren.

Ihre Aufgaben: Ausstellung von Gutachten über den Verkehrswert von bebauten und unbebauten Grundstücken im Auftrag von Eigentümern oder diesen gleichstehend Berechtigten sowie Gerichten und Behörden, ferner die Ermittlung und Bekanntgabe von Bodenrichtwerten vor allem für Gewerbe- und Wohnbauflächen.