Welche Energieversorgung bekommt Brühl?

Die Gemeinderäte Burgstetten wurden zu alternativen Energiekonzepten für das neue Baugebiet informiert.

Welche Energieversorgung bekommt Brühl?

Die ersten Pläne für das Baugebiet Brühl sind schon fast zwei Jahre alt. Foto/Montage: F. Muhl

Von Renate Schweizer

BURGSTETTEN. Brühl VI und kein Ende in Sicht – es gibt fast unendlich viel zu bedenken, zu recherchieren und zu planen, wenn eine Gemeinde ein neues Baugebiet ausweist. In der jüngsten Gemeinderatssitzung in Burgstall ging es also um die Möglichkeiten der Energieversorgung für das geplante neue Baugebiet – zentrale Nahwärmeversorgung ist dabei fast schon ein Reflex für einen umweltbewussten Gemeinderat, und umweltbewusst sind ja inzwischen eigentlich alle, auch in Burgstall.

Ist zentrale Nahwärme tatsächlich der alternativlose Stein der Weisen moderner Heiztechnik im Einfamilienhaus? „Nein, ist es nicht – nicht mehr jedenfalls“, erklärt Frank Müller vom Büro Rationplan energisch. Bis vor zehn, 15 Jahren mag das so gewesen sein, behauptet der Ingenieur für Energieplanung und technische Gebäudeausrüstung, und für schlecht gedämmte Altbauten gelte es immer noch – aber bei Neubauten habe die Dämmung inzwischen die Effizienzgrenze erreicht: „Wir dämmen uns zu Tode, um ökologisch immer weniger zu erreichen. Die Verbesserung des Dämmstandards wird immer aufwendiger mit immer geringerem Effekt.“

So kommt es, dass die Wärme nicht im Gebäude verloren geht, sondern auf dem Weg zum Gebäude. „Bei zentralisierter Nahwärme haben wir heute Netzverluste bis 40 Prozent!“ Der Mann ist mit einer Mission unterwegs, er spricht schnell, will überzeugen, es wimmelt von Zahlen, die Präsentation ist schwer verständlich – und doch hängen Bürgermeisterin und Gemeinderäte konzentriert an seinen Lippen. Inzwischen vertraute Denkgewohnheiten kommen ins Wanken – kann etwas, das 30 Jahre lang richtig und irgendwie innovativ war, heute und morgen falsch sein? „Für Mehrfamilienhäuser, Kindergärten, Seniorenwohnen bleibt Nahwärme sinnvoll. Die Bewohner sind Verwaltung gewöhnt und kommen mit zentraler Wärme zurecht“, so Müller. Aber für Einfamilienhäuser empfiehlt er dezentrale Einzellösungen, ganz konkret im besten Fall oberflächennahe Erdkollektoren in 1,5 Meter Tiefe – Wärme direkt aus dem Hausgarten. Dafür genüge eine kleine Fläche, ohnehin sei bei einem gut gedämmten Gebäude, wie es heute Standard ist, nur noch 15 Prozent Heizenergie – der Rest seien andere Stromverbrauche.

Im Anschluss an die Präsentation können Fragen gestellt werden und da gibt es etliche: Funktioniert die Sache auch auf felsigem Erdboden, wie er in Erbstetten gegeben ist? Ja, sogar ganz besonders gut. Kann man damit auch kühlen? Ein bisschen, aber nicht unbegrenzt, sonst trocknet der Boden aus und trockene Böden sind schlechte Wärmeproduzenten. Sind Wasserstofftanks denkbar? Denkbar schon, in Japan gibt es die ersten Gebäude, es funktioniert, ist aber noch teuer. Erzeugen Erdkollektoren Geräusche, brummt womöglich am Ende das Viertel? Nein, keine Geräuschbelästigung.

Es ging „nur“ um Information bei diesem Tagesordnungspunkt – eine Entscheidung musste (noch) nicht getroffen werden. Trotzdem merkwürdig, dass ganze 17 Interessierte die Sitzung online verfolgten – ein paar Wochen vorher, beim leidenschaftlichen Ringen um die verkehrliche Anbindung des neuen Baugebiets waren es fast zehnmal so viele gewesen.