Welt- und Europameister glänzen im Täle

Bewegende Sportmomente (13 und Schluss) Tischtennis-Galas des TTC Lippoldsweiler sorgten stets für proppenvolle Hallen

Mal eine aus allen Nähten platzende Turnhalle in Hohnweiler, dann eine proppenvolle Auenwaldhalle oder 600 Zuschauer in Oberbrüden. Wenn der TTC Lippoldsweiler rief, dann strömten die Fans. Dabei gilt Tischtennis nicht als Publikumsmagnet. In Auenwald schon. Auch weil dort nicht irgendwer zu bestaunen war, sondern Weltmeister wie Chen Xinhua und Jörg Roßkopf oder Europameister wie Jindrich Pansky und Vladimir Samsonov.

Welt- und Europameister glänzen im Täle

Begeisterte 1997 die Fans in der Auenwaldhalle: Der deutsche Tischtennis-Weltmeister und heutige Bundestrainer Jörg Roßkopf. Foto: B. Strohmaier

Von Uwe Flegel

Wenn Markus Feyerabend wählen müsste, welche der insgesamt vier Großveranstaltung der Höhepunkt schlechthin war, dann wäre es „unsere erste Tischtennis-Gala, die wir 1993 einen Tag vor Heilig Abend in der Turnhalle Hohnweiler veranstaltet haben.“ Auf dem Boden oder der Platte sitzend machten der chinesische Weltmeister Chen Xinhua und der tschechische Europameister Jindrich Pansky mit dem kleinen Ball und ihren Schlägern Dinge, bei denen die Fans zwischen Begeisterung und Ungläubigkeit hin- und hergerissen war. Hinzu kam, dass mit Jörg Letzgus ein Spieler aus dem eigenen Klub an der Platte stand. Die Stimmung beim Duell Vereinsmeister Letzgus gegen Weltmeister Xinhua hätte einem WM-Finale zur Ehre gereicht. Jede gelungene Aktion des Lokalmatadors wurde gefeiert. „Ein Hexenkessel“, erinnert sich Feyerabend und beantwortet die Frage nach der Zuschauerzahl so: „Geschrieben haben wir 250.“ Gewesen sein dürften es einige mehr. Wer die kleine Halle in Hohnweiler kannte, kann sich das nicht vorstellen. Dicht gedrängt ist jedenfalls sehr diplomatisch ausgedrückt für das, was los war.

Vorzeitiges Weihnachtspräsent macht in Auenwald Lust auf mehr Tischtennisstars

Mit der ersten Großveranstaltung hatten sich Lippoldsweilers Tischtenniscracks kurz vor Weihnachten selbst das größte Geschenk gemacht. Die damals noch unter dem Dach des TSV beheimatete Abteilung hatte Lust auf mehr. 1997 kam deshalb mit Borussia Düsseldorf der erfolgreichste Tischtennisverein Europas ins Täle. Als „FC Bayern München im Tischtennis“ wurden der deutsche Weltmeister Jörg Roßkopf, der weißrussische Europameister Vladimir Samsonov, der belgische Vizeweltmeister Philipp Saive und ihre Mitstreiter bezeichnet. Wieder war es richtig voll, diesmal die deutlich größere Auenwaldhalle in Unterbrüden. Ein besonderes Erlebnis war die Mischung aus Show und Sport für drei junge TTC-Talente. Die damals 13-jährige Raffaela Kurz sowie die beiden 12-jährigen Tim Ottenbacher und Mike Behringer durften gegen die Stars ran. Kurz, die später für Böblingen in der Bundesliga spielte, und die Jungs, die es in die zweite Liga brachten, schlugen sich gut. Jedenfalls deutlich besser als Auenwalds Bürgermeister Peter E. Friedrich und Feyerabend, nun Vorsitzender eines mittlerweile selbstständigen TTC Lippoldsweiler.

Wie der Verein solche Veranstaltung gestemmt bekam? „Weil wir als Team wunderbar zusammengearbeitet haben“, sagt Feyerabend und erklärt: „Ich hatte mit den Familien Jeck, Krauß, Letzgus und vielen anderen klasse Helfer. Das war die Stärke unseres Vereins. Wir waren breit aufgestellt, nicht nur im Sport.“

Leute, die auch zur Hand gingen, als 1999 in Oberbrüden die süddeutsche Meisterschaft oder 2004 der Deutschland-Grand-Prix für U-21-Spieler statt fand. Unter den Augen von Bundestrainer Istvan Korba zeigten heutige Nationalspieler wie Dimitrij Ovtcharov, Patrick Baum, Ruwen Filus, Zenqi Sun (später Bartels) und Irene Ivancan ihr Talent. Ebenfalls an der Platte: die Backnangerin Fulya Özler, später türkische Nationalspielerin, und Raffaela Kurz, die wie Irene Ivancan als Jugendliche für Lippoldsweiler spielte. Etwas, das Feyerabend und sein Mit-Vordenker mit Veranstaltungen stets im Blick hatten: Werbung für ihren Sport, ihren Verein und dessen Nachwuchsarbeit. Deshalb wurden nicht nur die Großevents ausgerichtet, sondern auch Jugend-Bezirksmeisterschaften mit 400 bis 500 Startern.

Dabei wusste der Verein mit Peter E. Friedrich den Bürgermeister immer hinter sich. Wobei dessen Unterstützung und Hilfe das eine, eigene Kontakte das andere waren. „Heute würde man es Networking nennen“, sagt der damalige Vorsitzende und schmunzelt, wenn er daran denkt, wie er und seine Mitstreiter zu Meisterschaften, zu wichtigen Bundesliga-Spielen, zu Turnieren gefahren waren, um mit den Stars und den Verantwortlichen der Vereine oder Verbände zu sprechen, damit sie nach Auenwald kommen.

Mittlerweile sind solche Tischtennisfeste ebenso Geschichte wie der TTC Lippoldsweiler. Nach dem Rückzug von Feyerabend und einigen anderen wechselte der Verein vor elf Jahren fast komplett in die Tischtennisabteilung des TSV Oberbrüden. Der frühere Vorsitzende blickt ohne Wehmut zurück und sagt: „Ich glaube nicht, dass solche Veranstaltungen heute noch machbar wären.“ Auch weil es für die Vereine immer schwieriger wird, aus den eigenen Reihen genügend Helfer zu bekommen und alle Vorgaben zu erfüllen. Sein Vergleich: „Für das, was bei uns sieben oder acht Köpfe gemacht haben, brauchst du heute 30 oder 40 Leute.“ Zudem ist fraglich, ob auch heute noch wegen des Auftritts eines chinesischen Tischtennis-Weltmeisters in Auenwald eine kleine Halle fast aus allen Nähten platzt.

Mit den Tischtennis-Großveranstaltungen in Auenwald endet die Serie über Sportereignisse, die im Murrtal und über die Region hinaus bedeutend waren. Über Wettkämpfe, zu denen die Zuschauer in Massen strömten.