Weniger Essen für die Tonne an Backnangs Schulen

Lebensmittelverschwendung ist nicht nur, aber auch an Schulen ein Problem. Damit zukünftig nicht mehr große Mengen weggeworfen werden müssen, bemüht sich die Mörikeschule um nachhaltige Lösungen. Die Ergebnisse der zweiten Wiegewoche zeigen nun: Es ist ein weiter Weg.

Weniger Essen für die Tonne an Backnangs Schulen

Per Tischtennisball und Kärtchen konnten die Schülerinnen und Schüler ihr Feedback zur Essensqualität abgeben. Foto: Alexander Becher

Von Kai Wieland

Backnang. Etwa elf Millionen Tonnen Lebensmittel wurden laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2020 in Deutschland weggeworfen. Rund 17 Prozent davon fielen außerhalb von Privathaushalten an, also in Restaurants und Betriebskantinen, aber auch an Schulen und Kitas – viel Spielraum für Verbesserung, findet Karin Moll, Leiterin der Mörikeschule in Backnang.

Im Rahmen des Modellprojekts „Gutes Schulessen mit kommunalem Konzept – nachhaltig und biozertifiziert“, an welchem sich im vergangenen Jahr neben der Mörikeschule auch die Plaisirschule und die Sportkita Plaisir beteiligten, war Lebensmittelverschwendung eines der Themenfelder, für die nachhaltige Lösungen erarbeitet werden sollten. Um den Stand der Dinge und damit auch mögliche Verbesserungen zu dokumentieren, werden an der Schule auch weiterhin sogenannte Wiegewochen durchgeführt.

Die Resultate der zweiten Messung liegen vor

„Wir hatten schon im Vorfeld wahrgenommen, dass wir zu viel wegwerfen müssen“, sagt Karin Moll und wurde darin durch die erste Wiegewoche im November letzten Jahres bestätigt. In der vergangenen Woche wurde nun zum zweiten Mal gemessen, die Resultate liegen mittlerweile vor. Das Fazit der Schulleiterin ist eindeutig: „Wir haben noch einen weiten Weg vor uns.“

Im Wesentlichen entstehen die Abfälle in der Mensa an zwei Punkten: an der Essensausgabe, wenn etwa zu viel bestellt und produziert wird oder weniger Schülerinnen und Schüler in die Mensa kommen als erwartet, und auf den Tellern in Form von Essensresten. Letzteren versucht die Schule bereits beizukommen, indem zunächst kleinere Portionen ausgegeben werden, aber immer mit dem Angebot, sich gegebenenfalls Nachschlag zu holen. „Da muss man bloß aufpassen, dass es dann nicht der dritte Teller ist, der halb voll zurückgeht“, sagt Karin Moll. „Wir versuchen, unsere Schüler dahingehend zu sensibilisieren und unser sehr nettes Ausgabepersonal spricht das auch bei den Kindern an.“

Die größte Stellschraube sind bestellte und nicht abgeholte Essen

Als wesentliche Stellschraube sieht die Schulleiterin aber bestellte Essen, die von den jeweiligen Kindern gar nicht erst abgeholt werden. „Das kann einerseits daran liegen, dass sie es einfach vergessen und sich stattdessen anderweitig versorgen. Oft ist aber der Grund, dass Eltern ihre Kinder zwar im Sekretariat krankmelden, aber nicht das Essen abbestellen.“

Der Effekt kann so erheblich sein, dass die Tellerreste dagegen kaum noch ins Gewicht fallen. „Am Montag der Wiegewoche hatten wir 89 Bestellungen, aber nur 69 Gerichte wurden abgeholt. Dagegen sind die 600 Gramm Äpfel, die wir übrig hatten, zu vernachlässigen“, erklärt Moll. Gegenüber der ersten Wiegewoche habe sich hier leider bislang wenig geändert, aber man müsse sich bei der Arbeit mit Schülern immer bewusst sein, dass Lernprozesse lange dauerten und die wichtigen Punkte stetig wiederholt, vor allem aber vor Ort gelebt und umgesetzt werden müssen. So versucht Karin Moll, auch selbst regelmäßig in der Mensa zu essen, um gemeinsam mit anderen Lehrern ein Vorbild zu sein. „Solche Ziele kann man nur in der Praxis erreichen“, ist sich die Schulleiterin sicher.

Aufschlussreiche Feedbackwochen ermöglichen Kritik und Verbesserung

An der Qualität des Essens gebe es hingegen nichts auszusetzen: „Wir haben mit Michael Schmitt aus Kernen einen sehr guten Caterer, der überwiegend selbst vor Ort frisch kocht und auch an den Coachings im Rahmen des Projekts teilgenommen und sich eingebracht hat.“ Mit diesem sei man auch in ständigem Austausch, um etwa die Portionsgrößen und Gerichte anzupassen.

Als wichtig erwies sich in diesem Zusammenhang die Feedbackwoche, welche zeitgleich mit der Wiegewoche durchgeführt wurde. Die Schüler konnten abstimmen, ob ihnen das Essen sehr gut, in Ordnung oder gar nicht geschmeckt hat, indem sie einen Tischtennisball in einen entsprechend bezeichneten Korb warfen. Durch zusätzliche Anmerkungen auf Kärtchen hatten sie außerdem die Möglichkeit, konkrete Kritikpunkte anzubringen. Dabei wurden die Schwankungen zwischen den einzelnen Tagen deutlich, was auch der Grund ist, wieso über einen längeren Zeitraum täglich gewogen werden muss, um aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten.

Dönerteller und Ravioli kommen gut an

„Der Mittwoch war ein Traumtag. Bei der Ausgabe war kein Essen mehr übrig und es wurde auch auf den Tellern alles aufgegessen. Die wenigen nicht abgeholten Gerichte fielen da kaum ins Gewicht.“ Auch qualitativ bewerteten außergewöhnlich viele Schüler den Dönerteller mit Krautsalat, gebackenen Kartoffelecken und Quarkdip mit sehr gut, genauso wie die Ravioli mit Gemüsefüllung und Tomatensoße als vegetarische Variante. „Das Essen war sehr lecker“, stand auf einigen Kärtchen, während ein anderer Schüler die zu großen und schwer zu schneidenden Fleischstücke auf dem Teller monierte. „Das ist konstruktive Kritik, die wir dem Caterer zurückspielen können“, freut sich Karin Moll. Der Kartoffeleintopf mit Fladenbrot und die Pennenudeln mit Erbsen-Möhren-Carbonara am Freitag stießen hingegen auf weniger Gegenliebe bei den Schülerinnen und Schülern. „Das Essen war zu wenig gewürzt“, beanstandeten viele Kinder – auch das eine Rückmeldung, mit der man beim Caterer arbeiten kann.

Auch die Eltern sollen sensibilisiert werden

Um zukünftig weniger bestellte, aber nicht abgeholte Gerichte zu haben, müsse man an verschiedenen Stellen ansetzen, findet Karin Moll. „Wir wollen prüfen, ob wir die internen Abläufe so einrichten können, dass die Mensa gleich mitinformiert wird, wenn Eltern ihr Kind bei uns krankmelden.“ Auch die Eltern sollen aber bei Elternabenden und durch Elternbriefe noch einmal für die Thematik sensibilisiert werden.

Der wichtigste Ansatz betrifft natürlich die Schülerinnen und Schüler. Zum Beispiel im Fach Alltagskultur, Ernährung, Soziales (AES) soll bei den Kindern ein Bewusstsein für den Wert von Lebensmitteln und die Problematik von Nahrungsverschwendung geschaffen werden. Außerdem muss das Thema über die SMV verstärkt in die Klassenzimmer getragen werden. Vor allem sollen die Schüler in die Ideenfindung aktiv einbezogen werden. „Mit Plakaten allein ist es nicht getan“, betont Karin Moll.

Die nächste Wiegewoche peilt die Schulleiterin vermutlich zwischen Ostern und Pfingsten an, erneut kombiniert mit einer Feedbackwoche.