Wenn der Christbaum zu Strom wird

Zu Beginn des neuen Jahres purzeln die ausgedienten Christbäume aus den Fenstern. In Backnang werden sie von der Entsorgungsfirma Schäf eingesammelt. Doch ausgedient haben die Bäume nur als Weihnachtsdeko – schon bald sind sie Strom, Kompost , Dünger und Wärme.

Wenn der Christbaum zu Strom wird

Die ausgedienten Weihnachtsbäume aus dem Backnanger Raum werden auf dem Gelände der Mülldeponie Backnang-Steinbach auf einem Haufen aufgeschichtet, gehäckselt und anschließend zur Biovergärungsanlage in Backnang-Neuschöntal gebracht. Foto: A. Becher

Von Anja La Roche

Backnang. Es ist wieder soweit: Der Nachklang des Weihnachtsfests wird schwächer und die weihnachtliche Deko in den eigenen vier Wänden erscheint von Tag zu Tag unpassender. Der Christbaum wird überflüssig und nimmt unnötig Platz weg im Wohnzimmer. Also schnell weg damit. In Backnang verwandeln sich dieses Jahr wieder jede Menge Christbäume in Bioabfall, sobald die Weihnachtsstimmung versiegt.

Im Rems-Murr-Kreis sind zwei Firmen im Einsatz, die Bäume einzusammeln

Und da treten auch schon die in orange gekleideten Entsorgungsexperten der Firma Schäf Städtereinung auf den Plan. Sie sorgen in Backnang und Umgebung dafür, dass die vielen kleinen und großen Tannenbäume, die ihre dekorative Bestimmung verloren haben, ihren Weg zu den Mülldeponien finden und schließlich auf der Biovergärungsanlage in Backnang-Neuschöntal landen. Die Murrhardter Firma Schäf ist schon lange von der Abfallwirtschaft Rems-Murr (AWRM) für die Christbaumentsorgung beauftragt. „Unsere Firma ist dafür eigentlich schon immer zuständig“, so formuliert es Roland March, Prokurist bei Schäf. Wenn die Einsammelaktion der ausgedienten Bäume im Januar startet, schickt das Unternehmen dafür bis zu zehn Mitarbeiter täglich raus. Im Kreis wird die Abholung der Christbäume auch zusätzlich von der Firma Kurz übernommen, die unter anderem in Waiblingen und Fellbach sammelt.

Dieses Jahr begann das Einsammeln der ausgedienten Christbäume am 10. Januar in Aspach und Kirchberg und wird am 21. Januar in Großerlach enden. In Backnang direkt ist Mittwoch der 19. Januar als Termin angesetzt. Die Entsorgungskräfte laden die ausgedienten Bäume allerdings nur in ihr Sammelfahrzeug, wenn sie rechtzeitig zum Abholtermin neben die Mülltonnen gelegt wurden. Das bedeutet: Am besten die Bäume am Vorabend bereitlegen, denn um sechs Uhr morgens starten die Sammelfahrzeuge ihre Tour. Zudem müssen die Bäume vollständig entschmückt sein und mit einer Naturfaserschnur gebündelt. Sollte jemand den Abholtermin verpassen oder sich noch weiterhin an seinem geschmückten Baum erfreuen wollen, dann kann er seinen Baum auch selbst zu den Anlagen bringen. Dies ist bei Häckselplätzen der AWRM möglich oder auf den Grüngutsammelplätzen der Deponien. Die Öffnungszeiten und die Standorte dieser Anlagen sind unter www.abfallwirtschaft-rems-murr.de zu finden.

„Die AWRM sagt uns, wo die Bäume hinkommen sollen“, erklärt Roland March von der Firma Schäf. Der Betriebsleiter Kurt Kraus von der Mülldeponie Backnang-Steinbach sagt: „In der Vergangenheit sind die Bäume direkt zur Biovergärungsanlage gekommen. Dieses Jahr kommen sie zunächst hier her.“ Am Montag seien bereits sechs Lkw-Ladungen mit Nadelbäumen auf der Deponie angekommen. Die Bäumen seien zufriedenstellend entmüllt, so Kraus. „Das war soweit okay. Dass es Schwierigkeiten mit Lamettaresten an den Bäumen gab, liegt lange Zeit zurück.“

Bei Bedarf kommen die Bäume von der Deponie zur Biovergärungsanlage

Die Backnanger Deponie dient nur als Zwischenlager. Wenn die Biovergärungsanlage in Neuschöntal Bedarf meldet, werden die Christbäume bereits etwas zerkleinert dorthin transportiert. „Zu der Biovergärungsanlage kommen die Bäume, wenn sie dort als Strukturmaterial benötigt werden“, sagt Stefanie Baudy, Pressesprecherin der AWRM. „Normalerweise ist der Bioabfall sehr feucht“, erklärt Baudy. Die gehäckselten Bäume lockern diese feuchte und kompakte Masse auf. „Das ist wie bei der eigenen Biotonne. Da packt man dann Zeitungen zum Biomüll dazu.“ Monochargen seien hingegen schwierig. Deshalb werden die Bäume nach und nach dem Material beigemischt. Somit füttern die ausgedienten Christbäume die Biovergärungsanlage und unterstützen den Gärungsprozess des alltäglich anfallenden Bioabfalls (siehe Infokasten). Und der Christbaum, der vor kurzer Zeit noch fröhlich im Wohnzimmer vor sich hin leuchtete und glitzerte, wirkt ein paar Wochen später als Kompost, Flüssigdünger, Strom oder Wärme im Energiekreislauf weiter. Wer in Backnang seinen Christbaum regelkonform entsorgt, kann daher davon ausgehen, dass es sich um eine vergleichsweise nachhaltige Variante handelt.

Um die Christbäume auf andere Weise nachhaltig zu entsorgen, sind auch andere Strategien denkbar. Da wäre zum Beispiel der Baum im Topf, der nach der Verwendung wieder eingepflanzt werden kann. Entweder man verwendet jedes Jahr einen neuen Baum oder man gräbt immer wieder denselben Baum für Weihnachten aus, um ihn danach wieder einzubuddeln. Möglich wäre auch, seinen ausgedienten Christbaum selber mit einem Häcksler zu zerkleinern, um die Holzschnipsel für den eigenen Kompost oder als Mulch zu verwerten. Die Tannenzweige können übrigens auch als Frostschutz auf den Beeten dienen. Roland March hat eine eigene Lösung gefunden: „Wir verwenden den Christbaum als Bohnenstecken.“ So findet der Baumstamm eine neue Bestimmung im Garten, bis er dort verrottet.

In der Biovergärungsanlage

Zerkleinern Wenn die ausgedienten Bäume auf der Biovergärungsanlage in Neuschöntal landen, werden sie dort mit dem Bioabfall verwertet. Ein Schredder zerkleinert die Bäume, dann werden zu große Stücke ausgesiebt. Ein Magnetabschneider fischt metallische Störstoffe wie zum Beispiel Weihnachtsschmuck heraus, welcher fälschlicherweise nicht entfernt wurde.

Gärung Das gehäckselte Material kommt dann in geschlossene Gärreaktoren, sogenannte Fermenter. Dort vergären Bakterien den Bioabfall unter Luftabschluss und bei etwa 55 Grad Celsius. Dabei entsteht CO2-neutral Biogas. Das dauert etwa 14 Tage.

Endprodukte Aus den festen und flüssigen Gärresten wird Kompost und biologischer Flüssigdünger für den Markt produziert. In zwei Blockheizkraftwerken mit einer Leistung von je 800 Kilowatt pro Stunde wird das beim Gärprozess entstandene Biogas zur Produktion von Strom und Wärme genutzt. Der Strom wird dann in das öffentliche Stromnetz gespeist, die Wärme wird größtenteils an die benachbarten Klärschlammtrocknungsanlage geliefert.