Wenn sich der Schreibtisch anfühlt wie eine Gefahrenzone, kann daraus ein ernsthaftes Problem werden. Sogenannte Arbeitsangst bleibt in vielen Fällen unerkannt, warnt eine Expertin. Dabei ist frühes Handeln entscheidend.
Das war’s: Lässt sich das Verhalten am Arbeitsplatz etwa als Arbeitsverweigerung interpretieren, müssen Beschäftigte mit einer Kündigung rechnen.
Von KNA/Markus Brauer
Schweißausbrüche und Herzrasen beim Gedanken an die Arbeit: Das erleben hierzulande laut einer Forscherin rund vier Millionen Menschen. Sie sorgten sich darum, „was sie bei der Arbeit erwartet“, erklärt Beate Muschalla in der Fachzeitschrift „Psychologie Heute“ (Juni-Ausgabe). Die Verhaltenstherapeutin befasst sich seit 20 Jahren mit arbeitsplatzbezogenen Ängsten.
Unwillkommen, überfordert, ausgebrannt
Typisch sei die Sorge, während einer Abwesenheit den Anschluss verpasst zu haben, nicht mehr willkommen zu sein oder angesammelte Aufgaben nicht bewältigen zu können.
Von einer Krankschreibung sei jedoch in den meisten dieser Fälle abzuraten. „Ängste können sich dadurch verhärten und auf andere Bereiche ausweiten“, warnt Muschalla. Sie beträfen schließlich „auch den Smalltalk in der Kaffeeküche, Gespräche mit der Chefin oder das neue Software-Programm“.
Niemand bemerkt die wahre Ursache
Häufig werde diese Dynamik nicht erkannt, erläutert die Sozialmedizinerin. Anhaltende Anspannung könne zu Kopf- und Rückenschmerzen oder Magenbeschwerden führen. Betroffene würden mitunter immer wieder krankgeschrieben, ohne die arbeitsbezogene Angst zu bekämpfen.
„Ohne gezielte Maßnahmen führt diese Angst häufig zu einer langzeitigen Arbeitsunfähigkeit. Betroffene verlieren ihren Job und haben dann als arbeitslose Person Angst, sich auf dem Arbeitsmarkt zu zeigen.“
Keine Entscheidungen in Krisensituationen treffen
Etwa ein Drittel der Betroffenen hätten andere Grunderkrankungen wie Depressionen. In einer Krankheitsphase fehle ihnen der Antrieb. Sie entwickelten das Gefühl, ungeeignet für ihren Job zu sein, erklärt Muschalla.
In solchen Momenten sei es nicht sinnvoll, weitreichende Entscheidungen zu treffen, etwa für eine Kündigung. Andere Menschen entwickelten Ängste in belastenden Situationen, etwa bei einer Mobbing-Erfahrung.https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.prokrastination-was-hilft-gegen-aufschieberitis.191da598-6726-40b0-937b-04d1c31d6f7e.html
Hierarchie, soziales Gerangel, Klientel-Stress
Neben Hierarchie und „sozialem Gerangel“ spielten auch reale Bedrohungen durch Klienten eine Rolle oder technische Gefahren und Unfallrisiken. Grundsätzlich gelte, auch bei Möglichkeiten zur Home-Office-Arbeit. „Man sollte in der Lage sein, problemlos auch mal zum Arbeitsplatz zu gehen.“
Wer merke, dass dies Überwindung koste, könne sich fragen, woran dies liege und einen Plan mit überschaubaren Zielen für die kommenden Monate erstellen. „Man kann mit vertrauten Personen das Problem besprechen und mit ihnen üben“, rät die Expertin. „Wenn die Ängste zu groß werden, sollte man eine Verhaltenstherapie in Betracht ziehen.“