Wenn Tanzen die Menschen verbindet

Am Samstag hat die Lebenshilfe Kreisvereinigung Rems-Murr zum ersten Mal einen Diversity Dancefloor in Backnang veranstaltet. Auf dem Willy-Brandt-Platz vor dem „Wohnzimmer“ waren Menschen mit und ohne Beeinträchtigung eingeladen, zusammen zu Musik zu tanzen.

Wenn Tanzen die Menschen verbindet

Ist die Tanzfläche auf dem Willy-Brandt-Platz zu Beginn des Abends noch überschaubar, füllt sie sich im Lauf des milden Sommerabends. Foto: Alexander Becher

Von Simone Schneider-Seebeck

Backnang. Lebenshilfe-Geschäftsstellenleiterin Sabine Nicke blickt recht zufrieden um sich. An diesem wundervoll mildem Samstagabend findet eine Premiere statt: der Diversity Dancefloor, eine Veranstaltung der Lebenshilfe Kreisvereinigung Rems-Murr, in der Musikbar „Das Wohnzimmer“ auf dem Willy-Brandt-Platz. Und obwohl es erst halb acht Uhr abends und noch hell ist, herrscht dort schon gute Stimmung. DJ Mia legt auf, zu den rhythmischen Beats bewegen sich vor der Bar schon einige Besucherinnen und Besucher. Andere haben es sich auf den Sitzmöbeln außen gemütlich gemacht, genießen den lauen Sommerabend, unterhalten sich oder beobachten die Tanzenden.

„Es ist bemerkenswert, wie die Leute im Ehrenamt sich einsetzen“, findet Alexander Lisson, der das „Wohnzimmer“ seit mittlerweile 23 Jahren betreibt. Konkret meint er damit DJ Mia, die schon seit Jahren immer wieder Besucherin im „Wohnzimmer“ ist und an diesem Abend zum ersten Mal in dieser Location auflegt. Und sich zudem seit diesem Jahr ehrenamtlich in der Lebenshilfe engagiert.

Da die Bar immer wieder gern von einer Gruppe der Lebenshilfe besucht wird und DJ Mia zudem das Patenkind der Künstlerin und Lebenshilfe-Geschäftsstellenleiterin Sabine Nicke ist, war es wohl auch nur eine Frage der Zeit, bis sich hier ein Kreis geschlossen hat und diese Veranstaltung zum ersten Mal stattfinden konnte. Ein inklusiver Abend, an dem Menschen mit und ohne Einschränkungen einfach gemeinsam Spaß haben, Musik hören und tanzen können.

Dementsprechend lautet das Motto „Inklusions-Rave: Alle tanzen mit“. Der Szenebegriff „Rave“ dürfte Fans der elektronischen Musik bekannt sein und leitet sich vom Englischen „to rave“ ab, was so viel bedeutet wie „toben“, „schwärmen“ oder „rasen“. Er beschreibt eine besonders energiegeladene, ekstatische Atmosphäre auf Partys, bei denen ebenjene elektronische Musik gespielt wird. Diese Raves zeichnen sich zudem durch sehr lange Tanzzeiten aus.

Die Musik soll alle Menschen miteinander verbinden

Erfahrung mit Auflegen hat die junge Architekturstudentin aus Backnang schon seit zwei Jahren, ist aber sonst in Stuttgarter Clubs unterwegs. Durch ihren Freund Vincent, der ebenfalls als DJ auflegt, kam sie zu ihrem musikalischen Hobby. Der arbeitet im sozialen Bereich und nun ist auch sie mittlerweile ehrenamtlich in der Lebenshilfe aktiv dabei: „Es ist sehr erfüllend“, findet sie. Der Abend macht ihr sichtlich Spaß. Später wird sie sich mit ihrem Freund bei der Musikgestaltung abwechseln.

Der hatte während der Coronazeit angefangen, sich mit Musik zu beschäftigen: „Ich war viel zu Hause, das Nachtleben ist weggebrochen.“ Kurzerhand entschied er sich, sich das Nachtleben gewissermaßen nach Hause zu holen. Die Beschäftigung mit dem DJ-Pult hat ihm viel Spaß gemacht. Mittlerweile legt auch er in Stuttgarter Locations auf. Hauptberuflich macht er gerade seinen Abschluss zum Jugend- und Heimerzieher. „Das erfüllt mich mega“, sagt er über seine Arbeit in der offenen Kinder- und Jugendarbeit auf einer Jugendfarm. Die Kinder können hier ihre Interesse mit einbringen, man schlage Brücken, das gefällt ihm.

Die meisten Besucher haben eine körperliche Einschränkung

Einige Beats später sind wieder mehr Besucherinnen und Besucher eingetroffen. Manch einer und eine bewegt sich sitzend im Takt der Musik, ein Tanzpaar dreht sich gemeinsam, ein junger Mann im Rollstuhl ist ebenfalls ausgesprochen aktiv. Mitglieder der Band The Cool Chickpeas sind auch gekommen. Ein bisschen dauert es, doch dann sieht man auch einige Mitglieder dieser Gruppe tanzen. Durch die Freizeitangebote der Lebenshilfe kennen sich einige der Anwesenden schon ganz gut, Neuankömmlinge werden freudig begrüßt. Die Stimmung ist locker und gelöst, es wird viel gelacht. Es könnten noch ein paar mehr Besucher ohne Einschränkungen da sein, findet Sabine Nicke, denn für sie ist echte Inklusion das Ziel.

Denn Menschen zuzuschauen, die einfach Spaß haben, macht selbst Spaß. Egal, ob sie (sichtbare) Einschränkungen haben oder nicht. Und die gute Laune steckt an. Somit lässt sich dieser erste Diversity Dancefloor als Erfolg verbuchen.

Die Veranstalter und die Location

Veranstalter Die Lebenshilfe Kreisvereinigung Rems-Murr sucht immer Menschen, die Interesse an einer ehrenamtlichen Tätigkeit mit Menschen mit geistiger Beeinträchtigung haben. Weitere Informationen auf www.lebenshilfe-rems-murr.de.

„Das Wohnzimmer“ „Das Wohnzimmer“ feiert in diesem Juli sein 23-jähriges Bestehen. Mit dabei ist auch Dani Suara, der in diesem Jahr an der RTL-Show „Das Supertalent“ teilgenommen hat.