Superfrucht aus dem Regenwald

Wie gesund sind Paranüsse wirklich?

Paranüsse gelten als wahre „Selen-Bomben“ und werden als natürliche Nahrungsergänzung konsumiert. Doch sie enthalten auch Spuren potenziell problematischer Metalle wie Barium und radioaktives Radium.

Wie gesund sind Paranüsse wirklich?

Superfood: Köstliche, nahrhafte Paranüsse in Keramikschale.

Von Markus Brauer

Paranüsse sind eine besonders nährstoffreiche Nahrungsquelle: Sie enthalten wichtige Mineralstoffe wie Kalzium und Magnesium, essenzielle Aminosäuren sowie ungesättigte Fettsäuren.

Selen macht Paranüsse so essenziell

Besonders hervorzuheben ist ihr hoher Gehalt an Selen, einem essenziellen Spurenelement, welches das Immunsystem unterstützt und Zellen vor oxidativem Stress schützt. Schon eine einzige Paranuss kann den empfohlenen Tagesbedarf von 55 bis 70 Mikrogramm decken.

Forscher des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) und des VKTA – Strahlenschutz, Analytik & Entsorgung Rossendorf e.V. haben nun erstmals systematisch untersucht, wie viel dieser Elemente beim Verdauungsprozess tatsächlich in den Körper gelangen können. Für Liebhaber des Schalenobstes hat das Team gute Neuigkeiten, die im Fachjournal „International Journal of Molecular Sciences“ nachzulesen sind.

Gut vom Körper aufgenommen

„Unsere Studie bestätigt den außergewöhnlich hohen Selengehalt in Paranüssen. Gleichzeitig konnten wir zeigen, dass etwa 85 Prozent des Selens während der Verdauung gelöst werden und dem Körper zur Aufnahme zur Verfügung stehen “, fasst Astrid Barkleit vom Institut für Ressourcenökologie am HZDR eine Kernaussage der Studie zusammen.

Mittels Kernspinresonanz-Spektroskopie (NMR) identifizierten die Forscher die Hauptform des Selens in den Nüssen: Selenomethionin, eine Aminosäure, die besonders gut vom Körper aufgenommen wird. Damit liefern Paranüsse tatsächlich eine für den menschlichen Organismus sehr hochwertige Selenverbindung.

Unerwartete Begleiter

Neben den gesunden Inhaltsstoffen nehmen Paranussbäume aus dem Boden aber auch andere Elemente auf und speichern sie. Da die Böden im südamerikanischen Regenwald – die Heimat der Bäume – vergleichsweise arm an Kalzium sind, ersetzen chemisch ähnliche Elemente wie Barium und Radium teilweise das Kalzium.

Ähnlich wie Kalzium können diese Elemente in Knochen eingebaut werden, was potenziell gesundheitsschädlich sein kann. Radium etwa ist radioaktiv und steht im Verdacht, Knochenschäden oder Krebs zu verursachen.

Die Untersuchung zeigte jedoch, dass beide Stoffe im Verdauungstrakt nur sehr schwer löslich sind: Lediglich etwa zwei Prozent des im Nussmaterial enthaltenen Bariums und Radiums sind bioverfügbar, das heißt werden im Verdauungstrakt freigesetzt.

Strahlendosis ist ungefährlich

„Selbst bei täglichem Verzehr einer Paranuss ergibt sich laut Berechnung durch die sehr geringe Bioverfügbarkeit eine Strahlendosis von nur etwa 2,4 Mikrosievert pro Jahr“, erläutert Diana Walther vom VKTA.

Das sei nur rund ein Tausendstel der natürlichen jährlichen Strahlenbelastung in Deutschland, die vom Bundesamt für Strahlenschutz mit durchschnittlich 2,1 Millisievert pro Jahr angegeben wird. Davon wiederum würden rund zehn Prozent mit der Nahrung aufgenommen. „Damit ist die Strahlenbelastung, die vom Radium in Paranüssen ausgeht, deutlich geringer als bisher angenommen.“

Die Forscher vermuten, dass die geringe Löslichkeit mit pflanzlichen Speicherstoffen zusammenhängt: In den Paranüssen fanden sie Phytinsäure, die Mineralstoffe und Metalle stark bindet und dadurch deren Aufnahme verhindert.

Weitere Spurenelemente entdeckt

Mit Strontium, Lanthan und Europium analysierten sie weitere Spurenelemente:

Strontium verhält sich chemisch ähnlich wie Kalzium und ist zu etwa 50 Prozent bioverfügbar, allerdings in so geringen Mengen, dass keine toxikologische Relevanz besteht.

Lanthan und Europium gehören zu den Seltenen Erden und waren nur in geringsten Mengen nachweisbar. Ihre Bioverfügbarkeit liegt bei rund 25 Prozent. Die Aufnahmemengen bleiben jedoch weit unterhalb der festgelegten Grenzwerte.

Denn nicht jedes Element, das in einem Lebensmittel enthalten ist, wird auch tatsächlich vom Körper aufgenommen. Entscheidend ist, wie viel davon während der Verdauung aus der jeweiligen Nahrung freigesetzt wird. Dieser Anteil gilt als „bioverfügbar“.

Um das zu testen, simulierten die Forschenden den Verdauungsprozess im Labor mit künstlichem Speichel, Magensaft und Verdauungsenzymen bei Körpertemperatur. So konnten sie feststellen, welche Stoffe in Lösung gehen und theoretisch im Dünndarm aufgenommen werden.

Hochmoderne Analytik für ein uraltes Lebensmittel

Zur Bestimmung der Konzentrationen nutzte das Team Massenspektrometrie, Gamma- und Alpha-Spektrometrie für die radioaktiven Isotope sowie NMR- und Laser-Fluoreszenz-Methoden für die Charakterisierung der chemischen Bindungsform der Elemente.

Darüber hinaus interessierten sich die Forscher dafür, ob Bestandteile der Paranuss die Wirksamkeit sogenannter Dekorporationsmittel beeinflussen – das sind Verbindungen, die eingesetzt werden, um radioaktive Stoffe nach einer Kontamination aus dem Körper zu entfernen. Das Ergebnis: Die Zusammensetzung der Paranuss hatte nur minimale Auswirkungen auf die Wirksamkeit dieser Substanzen.

„Unsere Ergebnisse bestätigen, dass Paranüsse ein wertvolles Lebensmittel sind – insbesondere als natürliche Selenquelle“, resümiert Barkleit. „Gleichzeitig zeigen sie, dass die enthaltenen toxischen Elemente aufgrund ihrer geringen Löslichkeit beim Verzehr kaum eine Rolle spielen.“