Das war laut Ermittlern „filmreif“: Nach der Festnahme eines bis nach Kolumbien geflohenen Straftäters beginnt die Aufarbeitung mit der Frage: Wer hat dem 34-Jährigen geholfen?
Der Ansbach-Attentäter bei seiner Abschiebung aus Südamerika.
Von Michael Maier
Ein offizielles Video der kolumbianischen Migrationsbehörde zeigt, wie der Ansbach-Attentäter leicht hinkend durch ein Airport-Terminal geführt und anschließend in einem Rollstuhl zum Flieger gebracht wird. Deutsche Beamte nahmen den Mann vor Ort in Empfang, um ihn zurück in die Psychiatrie zu bringen.
Nach der Festnahme ermittelt nun die Staatsanwaltschaft zur Flucht und zu möglichen Helfern. Er gehe davon aus, dass der 34-Jährige Unterstützung bei seiner Flucht bekommen habe, sagte Friedrich Weitner, Leitender Oberstaatsanwalt in Ansbach. Ob dabei auch gefälschte Papiere im Spiel waren oder bei der Ausreise aus der EU einfach kein Interpol-Alarm anschlug, blieb zunächst offen.
Staatsversagen bei Flucht aus Psychiatrie?
Die Ermittler gehen nun Hinweisen zu konkreten Personen nach. Nähere Angaben wollte Weitner aus ermittlungstaktischen Gründen nicht machen. Infrage kämen etwa die Straftatbestände Gefangenenbefreiung und Strafvereitelung.
Die Flucht an sich ist für den 34-Jährigen straffrei. Bislang gebe es auch keine Hinweise, dass er sich während der Flucht strafbar gemacht habe, sagte Weitner. Dies werde aber genau geprüft.
Amokläufer aus Erlangen geflohen
Der verurteilte Straftäter war am 16. August von einem genehmigten Ausgang aus der Forensischen Psychiatrie in Erlangen nicht zurückgekehrt. Die Klinik gab damals die Einschätzung ab, dass von ihm keine Gefahr ausgehe. Noch nicht einmal eine öffentliche Fahndung war von den Behörden als nötig erachtet worden.
Ermittlern vom Landes- und Bundeskriminalamt gelang es nun trotzdem, den Mann in Kolumbien ausfindig zu machen. Am Sonntag wurde er zurück in die Psychiatrie in Erlangen gebracht.
Ansbach-Amoklauf im Jahr 2009
2009 war der damals 18-Jährige in einer Ansbacher Schule Amok gelaufen und hatte neun Mitschüler und einen Lehrer verletzt. Wegen versuchten Mordes in 47 Fällen wurde er zu neun Jahren Jugendhaft verurteilt. Zudem ordnete das Gericht die unbefristete Unterbringung in einer Psychiatrie an. In Erlangen befand sich der 34-Jährige in Therapie.
Nach bisherigen Erkenntnissen der Ermittler hatte sich der Mann noch während seines rund zehn- bis zwölfstündigen Ausgangs ins Ausland abgesetzt. Die Flucht sei detailliert geplant, die Route gut durchdacht und das Zeitfenster des Ausgangs bewusst ausgenutzt worden, sagte Oberstaatsanwalt Weitner.
Der 34-Jährige hatte demnach einen gültigen Reisepass sowie Gepäck bei sich und gelangte von einem Flughafen außerhalb der Europäischen Union in Richtung Kolumbien. Er gehe davon aus, dass der Mann finanzielle Hilfe bekommen habe, sagte Weitner. Mit dem ihm während der Unterbringung zur Verfügung stehenden Geld wäre die Flucht nicht möglich gewesen.
Mit dpa-Material